Schock bei Eltern, Mitschülern, Polizisten: Fabians Tod am Zebrastreifen sorgt für Fassungslosigkeit in Döbling – und für erste Kritik.
Erschütterung, Trauer, bleiche Gesichter. Mittwoch, 7.30 Uhr, vor dem Maria-Regina-Schulzentrum in Wien-Döbling : Eltern mit Tränen in den Augen bringen ihre Kinder zum Unterricht, die Hände ihrer Kleinen halten sie fester als sonst.
Viele müssen genau über jenen Zebrastreifen, an dem Tags zuvor der kleine Fabian (8)sein Leben verloren hatte, nachdem er von einem Mercedes am Schutzweg niedergestoßen worden war.
Die meisten bleiben an der Ecke vor der Bäckerei stehen, legen Blumen, Karten und Kerzen ab, sprechen ein kurzes Gebet. Sie alle stehen noch immer unter Schock, können nicht fassen, dass der lebenslustige Fabian nicht mehr da ist. Verkehrspolizist Stefan K. regelt den Verkehr. Die Autos auf der Döblinger Hauptstraße fahren langsamer als sonst. „Es gibt Schöneres, als heute hier sein zu müssen“, sagt der junge Beamte leise.
Unfall-Lenker: „Habe die Augen kurz zugemacht“
Einen Steinwurf entfernt, in der Maria Regina Schule, ist die Betroffenheit noch größer.
„Es sind zwei Psychologen hier, die sich um die Schüler kümmern. Besonders um jene, die den Unfall direkt gesehen haben“, erzählt Direktorin Christina Huber. In der 3c, der Klasse von Fabian, ist es still. „Viele seiner Mitschüler sind heute zu Hause geblieben“, erklärt Huber.
Mutter Maya R. (43) hat einen Sohn in Fabians Alter. „Es ist schrecklich, ich musste lange mit ihm darüber sprechen. Er hat nur gesagt: ‚Der Fabian kann doch nicht tot sein, ich habe ihn doch gerade vorhin noch gesehen.‘ “
Die ersten Einvernahmen mit Unglückslenker Yona K. (51) haben ergeben: Der Mann dürfte am Steuer kurz die Augen zugemacht haben. Alkohol oder Übermüdung wurden nicht festgestellt. Doch in einem Punkt sind sich Direktorin, Eltern und Augenzeugen einig: Eine Ampel hätte die Tragödie vielleicht verhindern können, die meisten rasen viel zu schnell hier.
„Es ist Wahnsinn, dass der Verkehr hier nur mit einem Lotsen geregelt wird“, schimpft Vater Max W. (39). Isabella Capellman (26) arbeitet in der Bäckerei direkt am Unfallort. Sie sagt: „Es ist so schrecklich. Ich habe die Schreie gehört. Der Schülerlotse hat oft bei uns Kaffee getrunken. Er hat erzählt, dass er schon vor dem Unfall zweimal von einem Auto gestreift wurde.“ Auch Direktorin Huber pflichtet bei: „Auch ich würde mir hier eine Ampel wünschen.“
Rania Elkholi legt mit ihrer Tochter Blumen ab. Auch sie sagt: „Es hat schon vor einem Jahr eine Elterninitiative gegeben, die eine Ampel für diese Kreuzung gefordert hat.“ Passiert ist nichts.
ÖSTERREICH: Herr W., mein Beileid. Wie geht es Ihnen und Ihrer Familie nach diesem schrecklichen Unfall?
ÖSTERREICH: Wie alt sind die Geschwister?
ÖSTERREICH: An diesem Fußgängerübergang in Döbling ist schon einmal ein Unfall passiert, wobei zwei Kinder schwer verletzt wurden. Hätte eine Verkehrsampel diesen Unfall verhindert?
ÖSTERREICH: Wie war Ihr Sohn Fabian? |
Lenker: ,Ich fühle mich wie ein Mörder‘
Wie geht ein Mensch mit dem Bewusstsein um, schuld am Tod eines Achtjährigen zu sein? Wie wird man damit fertig? Der 51-jährige Wiener Yona K. ist in dieser Situation: Am Dienstag, gegen 13 Uhr, hielt er vor dem Schutzweg bei der Regina-Maria-Privatschule in Wien-Döbling nicht an. Es gab einen Rumpler, Reifen quietschten, Passanten schrien. Kurz später war Schüler Fabian W. (8) tot.
„Blackout“
ÖSTERREICH sprach mit der Familie des Lenkers, die anonym bleiben möchte. Der 51-Jährige, der den schwarzen Mercedes fuhr, ist Gemüsehändler auf einem Markt und hat selbst fünf Kinder und mehrere Enkelkinder. Am Dienstag war er auf dem Weg zu einem Bekannten, bei dem er etwas abholen wollte. „Er hat gesagt, dass er einen kurzen Blackout hatte. Plötzlich hat er etwas vor sich auf der Straße gesehen, dann spürte er einen Rumpler“, sagt eine Angehörige.
Bei der Polizei gab Yona K. nach dem Unfall an, kurz seine Augen geschlossen zu haben – an den genauen Unfallhergang könne er sich nicht erinnern.
Scham
Fest steht, dass er weder alkoholisiert noch übermüdet war. Er sei erholt gewesen, so die Familie, erst vorige Woche sei K. vom Urlaub zurückgekommen. Eine Angehörige weiter: „Er traut sich nicht mehr raus, er schämt sich so sehr. Er hat das Gefühl, ein Mörder zu sein.“ Es gebe keine Worte, das Geschehene zu entschuldigen: „So etwas kann man nicht verzeihen, das wissen wir.“ Yona K. wird übrigens psychologisch betreut, er wird angezeigt und kommt wohl vor Gericht.