Der Angeklagte, der sich als MMA-Kämpfer einen Namen gemacht hat, bekannte sich "nicht schuldig".
Wien. Am Wiener Landesgericht hat am Mittwoch ein Prozess wegen Schutzgeld-Erpressungen gegen einen 38-Jährigen begonnen, den der Staatsanwalt als "Chef der Tschetschenen" in Wien bezeichnete. "Er ist ein bekannter Kampfsportler. Die Zeugen fürchten sich vor ihm. Wundern Sie sich nicht, falls die ihre polizeilichen Angaben hier widerrufen werden", kündigte der Staatsanwalt an. Der Angeklagte, der sich als MMA-Kämpfer einen Namen gemacht hat, bekannte sich "nicht schuldig".
"Er soll der Chef der Tschetschenen sein, sagt der Staatsanwalt. Was soll das heißen? Auf der Baustelle sagt man Chef, zum Taxler sagt man Chef, zu Leuten, die einem nichts zu sagen haben, sagt man Chef. Er ist weder Chef noch in der obersten Riege einer Bevölkerungsgruppe angesiedelt", stellte Verteidiger Marcus Januschke fest. Sein Mandant sei der erste Tschetschene in Wien gewesen, der in Mixed-Martial-Arts (MMA) reüssiert habe: "Er hat als Amateur, dann als Profi gekämpft und viel gewonnen. Daher ist er bekannt und wird respektiert. Aber Schutzgeld-Erpressungen in welcher Form auch immer hat es nicht gegeben."
Einschlägige Vorstrafe
Der 38-Jährige weist allerdings eine einschlägige Vorstrafe auf. Ende 2018 wurde er aus einer zweieinhalbjährigen Haftstrafe entlassen, die er wegen schwerer Erpressung und krimineller Vereinigung verbüßt hatte. Er soll laut Anklage praktisch nahtlos seine vorangegangenen Tätigkeiten wieder aufgenommen haben, indem er Lokale in den Bezirken Ottakring und Rudolfsheim-Fünfhaus aufsuchte und von den Betreibern verlangt haben soll, dass diese illegale Glückspiel-Automaten aufstellen. Aus der ursprünglichen Zusicherung, man werde sich die Gewinne teilen, wurde nichts. Der 38-Jährige soll die gesamten Erlöse eingestreift haben.
Darüber hinaus verlangte er laut Anklage, dass bestimmte Türsteher eingestellt wurden. Ansonsten werde er dafür sorgen, dass es in den Lokalen zu Streitereien und tätlichen Auseinandersetzungen komme und das Mobiliar dabei zerstört wird. Monatlich soll der 38-Jährige zunächst 1.000, später 1.300 Euro verlangt haben, damit es in den Lokalen friedlich bleibt. Seine Forderungen soll er mit bedrohlichen Äußerungen wie "Dein Gesicht wird bluten", "Du kommst direkt ins Krankenhaus" oder "Ich schlage dich deppert" untermauert haben, was die gewünschte Wirkung nicht verfehlte.
Der 38-Jährige machte vor einem Schöffensenat (Vorsitz: Andrea Philipp) von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch. Er beantwortete weder Fragen des Gerichts noch des Staatsanwalts. Zu seinen Personalien gab er an, er sei "Gelegenheitsarbeiter", habe fünf Kinder und eine Frau. Zwecks Einvernahme etlicher Zeugen wurde die Verhandlung ins kommende Frühjahr vertagt.