Tarnfirma Crypto AG

CIA und BND spionierten auch Österreich aus

11.02.2020

Sogar der Vatikan zahlte wie Österreich auch noch dafür, dass die CIA mitlauschte.

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Von der am Dienstagnachmittag bekanntgewordenen Abhöraffäre durch den US-Auslandsgeheimdienst CIA und den deutschen Bundesnachrichtendienst (BND) ist laut einem Medienbericht auch Österreich betroffen. Das geht aus einer von der US-Zeitung "Washington Post" veröffentlichte Darstellung der von den Geheimdiensten ausgespähten Länder hervor.
 
Das Verteidigungsministerium in Wien wollte Mittwochfrüh zunächst auf APA-Anfrage keine Stellungnahme dazu abgeben. Laut Recherchen der "Washington Post", dem Schweizer Fernsehen SRF und dem deutschen TV-Sender ZDF sollen Deutschland und die USA mithilfe der Schweizer Firma Crypto AG für Verschlüsselungstechnik den rund 120 betroffenen Staaten manipulierte Technologie verkauft haben, um dann deren Kommunikation abhören zu können. Die "Operation Rubikon" soll demnach von 1970 bis 1993 gelaufen sein.
 
Die Schweizer Firma Crypto AG war den Medienberichten zufolge seit Ende des Zweiten Weltkriegs bis zum Beginn dieses Jahrhunderts einer der größten Anbieter für abhörsichere Kommunikation und verkaufte diese weltweit. Die größten Abnehmer für die manipulierten Verschlüsselungsgeräte waren Medien zufolge Saudi-Arabien und der Iran, die wichtigsten Gegenspieler des Westens - China und Russland - hätten allerdings nie darauf zurückgegriffen. Die Kunden hatten laut den Berichten nicht gewusst, dass BND und CIA die Technik manipulieren ließen.
 
Die Schweizer Regierung untersagte indes bis auf Weiteres die Generalausfuhrbewilligungen für Verschlüsselungstechnik der Nachfolgeunternehmen der Schweizer Firma. Die Schweizer Regierung ordnete zudem eine Untersuchung an.
 

Operation Rubikon

Die Medien werteten demnach rund 280 Seiten an bisher unveröffentlichten Dokumenten aus, die von führenden BND- und CIA-Mitarbeitern über die von 1970 bis 1993 laufende Operation verfasst wurden. "Diplomatische und militärische Verkehre vieler wichtiger Länder der Dritten Welt, aber auch europäischer Staaten (...) konnten (...) flächendeckend mitgelesen werden", heißt es demnach in den Unterlagen. Die sogenannte Operation Rubikon werde als "eine der erfolgreichsten nachrichtendienstlichen Unternehmungen der Nachkriegszeit" bezeichnet.
 
Dem Bericht zufolge waren BND und CIA ab 1970 jeweils zur Hälfte Eigentümer der Schweizer Firma Crypto AG. Das Unternehmen stellte demnach Verschlüsselungstechnik für abhörsichere Kommunikation her und verkaufte diese weltweit. Die Kunden hätten nicht gewusst, dass der BND und die CIA (Central Intelligence Agency) die Technik manipulieren ließen.
 

Saudi-Arabien und Iran

Die größten Abnehmer für die manipulierten Verschlüsselungsgeräte waren den Medien zufolge Saudi-Arabien und der Iran. Jahrzehntelang seien deutsche und US-Stellen über die geheime Regierungskommunikation der iranischen Führung informiert worden, auch während der Geiselnahme in der US-Botschaft in Teheran im Jahr 1979.
 
Die Dokumente belegten außerdem zum ersten Mal, dass BND und CIA frühzeitig über den Sturz des sozialistischen, chilenischen Präsidenten Salvador Allende 1973 und schwere Menschenrechtsverletzungen durch die argentinische Militär-Junta informiert gewesen seien. Von Deutschland und den USA weitergeleitete entschlüsselte Funksprüche der argentinischen Marine hätten außerdem 1982 entscheidend zum Sieg Großbritanniens im Falklandkrieg gegen Argentinien beigetragen.
 
Der Bundesnachrichtendienst teilte auf ZDF-Anfrage mit, er nehme "zu Angelegenheiten, welche die operative Arbeit betreffen, grundsätzlich nicht öffentlich Stellung." Der BND ist dem Kanzleramtsminister unterstellt. Ein früherer solcher Minister, Bernd Schmidbauer (CDU), bestätigte dem ZDF die Geheimdienstoperation. Der BND habe die Zusammenarbeit mit der CIA demnach aber 1993 beendet. "Die Aktion Rubikon hat sicher dazu beigetragen, dass die Welt ein Stück sicherer geblieben ist", sagte Schmidbauer dem ZDF.
 

Untersuchung veranlasst

Zu der Geheimdienstaffäre hat der Schweizer Bundesrat (Regierung) bereits eine Untersuchung veranlasst. "Die zur Diskussion stehenden Ereignisse nahmen um 1945 ihren Anfang und sind heute schwierig zu rekonstruieren und zu interpretieren", teilte das Schweizer Verteidigungsministerium der Deutschen Presse-Agentur in Wien mit. Der Bundesrat habe daher am 15. Jänner Niklaus Oberholzer, bis Ende 2019 Bundesrichter, damit beauftragt, die Faktenlage zu klären. Oberholzer soll bis Ende des laufenden Jahres Bericht erstatten. Laut Verteidigungsministerium wurde der Bundesrat im "Nachgang der Medienrecherchen" am 5. November 2019 über den Fall informiert.
 
Im Zuge der BND-Affäre war 2015 bekanntgeworden, dass der deutsche Geheimdienst u.a. auch Österreich ausspähte. In Europa gibt es derzeit eine Debatte über die Sicherheit beim Aufbau des neuen Mobilfunk-Standards 5G. Huawei ist einer der weltweit führenden Netzwerkausrüster auf dem Gebiet der 5G-Technologie. In zahlreichen Ländern, auch in Deutschland und anderen europäischen Ländern, gibt es aber Sorgen, dass Huawei-Technik ein Einfallstor für chinesische Spionage oder Sabotage sein könnte. Die USA haben Huawei deshalb vom Aufbau ihrer 5G-Mobilfunknetze ausgeschlossen und üben Druck auf europäische Staaten aus, dies ebenfalls zu tun. Washington droht andernfalls damit, den Austausch von Geheimdienstinformationen zu begrenzen.
 
Huawei selbst weist die Vorwürfe stets zurück und betont, kein staatliches Unternehmen, sondern ein rein privates zu sein und nicht in Abhängigkeit vom chinesischen Sicherheitsapparat zu stehen. Sowohl die EU-Kommission als auch die britische Regierung wollen strenge Regeln für die Mitwirkung am Netzausbau vorgeben, Huawei aber nicht grundsätzlich von der Beteiligung am Aufbau der 5G-Mobilfunknetze ausschließen. In Österreich begrüßte die für Telekomagenden zuständige Landwirtschafts- und Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) die Vorschläge aus Brüssel.
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