Zitter-Anfälle
Die Maske der Eis-Lady zerbricht
20.11.2012
Bei Prozess mit Drogen zugedröhnt - „Ich bin Hare-Krishna-Anhängerin“.
Psycho-Vorstellung der Eis-Lady am Dienstag, dem 2. Prozesstag. Ihre Maske ist zerbrochen: Mit zehn Minuten Verspätung betrat Estibaliz C. (34) um 9.10 Uhr den Großen Schwurgerichtssaal.
Unsicheren Schrittes wankte sie, umringt von gleich neun Justizwachebeamten, auf die Anklagebank zu. Sie nahm Platz, starrte ins Leere, nahm das Blitzlichtgewitter der Pressefotografen gar nicht wahr.
Ihr rechter Fuß hörte nicht auf zu wippen, ihr linker Arm zuckte alle zehn Sekunden. Der Blick zu Boden. Sie trug wieder das graue Mini-Kleid und dieselben Stöckelschuhe wie am Vortag.
Video: Auftritt der Eis-Lady am zweiten Prozess-Tag:
Am rechten Handgelenk ein rotes Freundschaftsband, links eine silberne Uhr. Ihre Haut wirkte noch blasser als am ersten Tag. Medien-Coach Daniela Zeller analysiert für ÖSTERREICH: „Sie will damit sagen: ‚Ich bin ganz anders als ihr glaubt.‘“.
Später sagte sie mit zittriger Stimme: „Ich höre mein Herz schlagen, habe Angstzustände und bin voll mit Medikamenten.“
Die 34-Jährige war vollgepumpt mit „Drogen“: Sie hatte 20 mg Cipralex (starkes Antidepressivum), 25 mg Trittico (Beruhigungsmittel) und 150 mg Seroquel (gegen Schizophrenie) intus. Dann beschwerte sie sich: „Ich wünsche mir mehr Therapiemöglichkeiten im Gefängnis.“
Drei Ex-Lover traten als Zeugen auf – Esti zeigte keine Reaktion. Als ihr Ehemann Roland R. kam, suchte sie seinen Blick – vergeblich. Um 14.54 Uhr verkündete sie: „Ich habe mich meinem Mann zuliebe bei Hare Krishna taufen lassen.“
Psychiater Reinhard Haller über Estibaliz C.
ÖSTERREICH: Wie ist Ihr Eindruck von der Angeklagten?
Reinhard Haller: Sie hat auf mich emotional kühl gewirkt und normal intelligent. Ich sage bewusst kühl und nicht kalt, weil sie auch Gefühlsreaktionen zeigte. Ich gehe davon aus, dass sie sehr wohl unter Stimmungsschwankungen gelitten hat.
ÖSTERREICH: Estibaliz C. hat ein enges Kleid an, trägt Schmuck. Wie deuten Sie Ihr Auftreten beim Prozess?
Haller: Jeder Beschuldigte will vor dem Gericht den besten Eindruck hinterlassen. Ihr Auftreten ist authentisch. Es kommt zum Vorschein, dass zwischen Außenwelt und Innenwelt eine Diskrepanz besteht. Es scheint, als sei es der Verteidigung nicht unrecht, dass sie sich so gibt. Wenn Männer zu Mördern werden, hat das auf Frauen oft eine Anziehung. Hier könnte es umgekehrt sein, Frau C. ist „die schöne Mörderin mit den zwei Gesichtern“.