Corona-Alarm in Österreich

Die totale Corona-Panik

26.02.2020

Erstmals wurde eine Wiener Schule wegen eines Coronavirus-Verdachtsfalles geschlossen – Wiener Gesundheitsstadtrat Hacker übt heftige Kritik an der „überzogenen Maßnahme“.

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Wien. Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe: Die Polizei riegelt das Gymnasium Albertgasse 18–22 im 8. Wiener Bezirk und die nähere Umgebung hermetisch ab.
Niemand darf das Gebäude betreten, niemand wird herausgelassen. Eltern, die vor der Schule auf Kinder warten, werden nervös. Bei einer Lehrerin der Schule besteht der Verdacht auf eine Infektion mit dem Coronavirus. Die Frau war vor Kurzem auf Urlaub in Norditalien und bekam Fieber. Sie wurde unter Quarantäne gestellt und auf das Virus hin untersucht.
 

++++ Am Ende des Artikels finden Sie einen Live-Ticker mit allen aktuellen Infos zum Coronavirus ++++

 
© TZOE/Artner
 
Der Test fiel zum Glück negativ aus. Die Lehrerin wurde aus dem Spital entlassen.
 
 

Wiener Gesundheitsstadtrat: "Panikmache!"

Trotzdem wurden die 600 Schüler der insgesamt 25 Klassen des Gymnasiums und die restlichen 70 Lehrer zuvor in der Schule festgesetzt. Jeder Einzelne wurde auf die Krankheit getestet. Auch hier nur negative Ergebnisse. Die Kinder und ­Jugendlichen mussten stundenlang in dem Schulgebäude ausharren. Eltern hatten keinerlei Chance, ihre Kinder vorzeitig von der Schule abzuholen.
 
© TZOE/Artner
 
Angeordnet wurden diese drastischen Maßnahmen vom Gesundheitsministerium.
 
Kritik. Der Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker übt daran heftige Kritik: „Es ist übertrieben, nur auf Verdacht eine Schule zu sperren. Das darf nur auf Basis von Testergebnissen geschehen.“ Hacker spricht von ­„Panikmache“ des Generalsekretärs des Gesundheitsministeriums.
 
© TZOE/Artner
 

Panik: Corona-Alarm in UNO-City Wien und Niederösterreich

Der nächste Verdachtsfall, der gestern für Aufregung sorgte: Die Wiener UNO-City in Wien 22 gab via Twitter bekannt, dass ein Mitarbeiter mit Verdacht auf COVID-19 in „ein spezialisiertes Krankenhaus“ eingeliefert wurde. Am Abend kam auch in diesem Fall die Entwarnung.
 
Auch aus Niederösterreich wird ein Verdachtsfall gemeldet. Eine Frau aus Gablitz, die gerade aus Italien zurückkehrte, wurde in die Uniklinik St. Pölten eingeliefert. Skurril: Eine andere postete ein Selfie aus dem Wiener SMZ Süd – der Test war bei ihr aber negativ.
 

Tirol: Noch 12 Menschen in Quarantäne

 
Die beiden 24-jährigen Angestellten des Grand Hotel Europa sind weiter unter Quarantäne.
 
Innsbruck. Universitätsklinik Innsbruck, Pavillon 9: Der Eingang zum Gebäude wird von Securitys gesichert. Sie weisen sogar darauf hin, sich „von den Fenstern fernzuhalten“, um sich nicht dem Risiko einer etwaigen Ansteckung mit dem COVID-19-Virus auszusetzen. Die Angst ist spürbar, auch wenn die Situation äußerlich unter Kontrolle scheint.
 
Das Paar aus Italien, das in Tirol positiv auf das Coronavirus getestet worden war, befindet sich in der Innsbrucker Klinik weiter in einem guten Zustand. „Sie sind ­beide nach wie vor fieberfrei und stabil“, sagte eine Kliniksprecherin. Die Entscheidung über eine Entlassung soll am Freitag fallen.
 
Indes wurden 12 weitere Hotelangestellte unter Quarantäne gestellt, allerdings nicht im Krankenhaus. Sie sind entweder in häuslicher Quarantäne oder in Hotelzimmern.

12 Hotelmitarbeiter in ­privater Quarantäne

Hotel in Betrieb. Von den insgesamt 62 Hotelgästen ist niemand von den Quarantänemaßnahmen betroffen. Die Touristen und Geschäftsreisenden können sich frei bewegen. Die Hotelsperre wurde bereits gestern früh aufgehoben. Von panikartigem Auschecken ist nichts zu merken. Der Hotelbetrieb läuft ganz normal.
 
© APA/EXPA/JOHANN GRODER
 
Bekannt wurde gestern, dass das erkranke Italo-Paar am vergangenen Samstag noch mit Dutzenden anderen Menschen auf engstem Raum mit der Innsbrucker Nordketten- sowie der Hungerburgbahn berg- sowie talwärts ­gefahren ist. Die Landessanitätsdirektion beruhigt aber: Eine Ansteckung wäre „höchst unwahrscheinlich“.
 

Kärnten: Virus-Panik um tote Urlauberin

 
ÖSTERREICH-Lokalaugenschein: Reporter Daniel Raunig erlebte die bangen Stunden.
 
Bad Kleinkirchheim. Einen Tag lang Zittern im malerischen Skigebiet Bad Kleinkirchheim in Kärnten. Grund war ein Corona-Alarm um eine verstorbene italienische Touristin aus der Nähe von Udine.
 
© Getty Images
 
Notfallplan. Nach der Untersuchung der Frau (56) durch den Notarzt konnte dieser zunächst eine Corona-Infektion nicht ausschließen.
 
 
Sofort wurde der Notfallplan in Kraft gesetzt. Das betroffene Apartmentgebäude wurde gesperrt. Die 13 Bewohner durften nicht mehr hinaus, keiner durfte hinein. Zwei Polizisten wachten bei starkem Schneefall vor der Tür. Die behördlichen Auflagen waren nicht einfach, beklagt sich FP-Bürgermeister Matthias Krenn ÖSTERREICH gegenüber. Sogar die Verpflegung der Eingeschlossenen erwies sich als kompliziert.

Gäste hatten Angst vor ­einer Sperre des Ortes

Verunsicherung. Im Ort selbst herrschte „massive Verunsicherung“, erzählt der Bürgermeister. Manche Gäste flohen aus dem Ort. Sie hatten Angst vor einer Sperre, bei der sie im schlimmsten Fall tagelang in Bad Kleinkirchheim gefangen wären.
 
Entwarnung. Um 13.33 Uhr am Mittwoch kam die Entwarnung der Kärntner Landessanitätsdirektion. Die Italienerin hatte keine Infektion. Das Wohnhaus wurde sofort freigegeben.
 
Aufatmen. Großes Aufatmen erlebte der ÖSTERREICH-Reporter danach im italienischen Restaurant. Der Lokalbesitzer befürchtete schon massive Einbußen nach einer bestätigten Infektion.
 

Im Notfall Sperre für ganze Orte

Wieder wurden die Maßnahmen zur Eindämmung der Virusausbreitung verschärft.
 
Wien. Corona-Stress auch für die Regierung. Mittwochfrüh um 7.30 Uhr tagte der Einsatzstab mit VP-Kanzler Sebastian Kurz, VP-Innenminister Karl Nehammer, dem grünen Gesundheitsminister Rudolf Anschober und Experten.
 
Sperre. Hier wurden konkrete Krisenszenarien besprochen, falls sich die Ansteckungsfälle drastisch erhöhen. Im Extremfall könnten die Behörden ganze Ortschaften abriegeln. In größeren Städten könnte man Bezirke sperren.
 
Vernunft. „Um Österreich wird Corona keinen Bogen machen“, sagte der Kanzler kurz vor dem anschließenden Ministerrat. Er bittet die Bevölkerung um vernünftiges Verhalten: „Reisewarnungen sind keine Empfehlungen, sondern einzuhalten.“ Auch mahnte Kurz, bei Erkrankungen Events zu meiden und Symptome nicht auf die leichte Schulter zu nehmen.
 
Spitäler. Derzeit stehen in Österreich 59 Krankenhäuser für die Behandlung von Infizierten bereit. In Wien gibt es aktuell Hunderte Betten, im Notfall können zwei ganze Spitäler freigeräumt werden.
 
Aufgrund der Verunsicherung in der Bevölkerung werden auch die Kapazitäten der Corona-Hotline ausgebaut.
 

Storno-Welle in Italien

Touristen bleiben weg, Mailand wird zur Geisterstadt, Zittern um Osterferien im April.
 
Urlaubsbeben. Italiens Tourismus zittert: Über 300 Menschen haben sich angesteckt, zwölf sind bereits gestorben, die Zahl der Infizierten steigt immer weiter, ganze Gemeinden im Norden des Landes wurden abgeriegelt. Mailand ist zur Geisterstadt geworden, Bars machen um 18 Uhr dicht, viele Hotels sind zu 50 % leer.
 
 
Gestern meldete dann auch noch Kroatien den zweiten Infizierten in Zagreb. Die Angst vor dem Coronavirus wird laut Tourismusexperten auch viele Urlauber – gerade zu den kommenden Osterferien – abschrecken. Österreichs Außenministerium hält sich mit einer Reisewarnung zwar zurück. Die Angst ist aber längst in den heimischen Reisebüros angekommen: Laut Wirtschaftskammer (WKÖ) ist das Italiengeschäft der Reisebüros „nahezu zum Erliegen gekommen“, Buchungen seien „dramatisch eingebrochen“.

Einbruch für Tourismus auch in Österreich

In Wien, Hallstatt oder Salzburg bleiben durch das Coronavirus vor allem die Chinesen aus – immerhin 2,2 % aller Österreichurlauber. Mit ein Grund ist, dass etwa die AUA alle Chinaflüge bis März gestrichen hat.
 
Flugchaos droht. Die AUA hat wegen des Stopps bereits zwei Langstreckenjets am Boden stehen, fast 200 Mitarbeiter sollen unbezahlten Urlaub nehmen. Verschärft sich die Lage, könnten noch mehr Flieger am Boden bleiben.
 

Hamsterkäufe jetzt auch in Österreich

 
Haltbare Grundnahrungsmittel, Dosenobst und wichtige Medikamente.
 
© ZOOM.Tirol
 
Panik. Wien, Linz und Innsbruck – überall werden Menschen beobachtet, die hamsterartig in ­Supermärkten einkaufen. Auf ÖSTERREICH-Anfrage bestätigt Rewe einen „leichten Absatzanstieg“.
 
Doch statt wahllos zu shoppen, sollte man diese Produkte einkaufen:
 

Vorräte auffüllen, nicht wahllos alles einkaufen

  • Getränke. Mineralwasser (2 l pro Person), Säfte (am besten Sirup), Tee oder Kaffee, Milchpulver.
  • Grundnahrungsmittel. Lang haltbare Teigwaren, Reis, Mehl, Grieß sowie vakuumverpacktes Brot.
  • Gemüse und Obst. Früchte an besten in Dosen oder ­getrocknet. Dazu Hülsenfrüchte, Nüsse und Erdäpfelpüree-Pulver.
  • Körperpflege. Toilettenpapier, Waschmittel, Müllbeutel sowie Hygieneartikel. Alles, was gerade leer ist, nachkaufen.
  • Gesundheit. Medikamente, die Sie einnehmen müssen, sowie Grippemittel. Desinfektionsmittel sind teilweise schon Mangel­ware. Tipp: Purer Putzalkohol tut’s auch!
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