Nach Infektion

Drama um Arm: Schock nach Amputation

25.05.2013

Kampf verloren: Verletzter Arm amputiert - Tibor A. kann nie mehr arbeiten.

Zur Vollversion des Artikels
© TZ ÖSTERREICH/Kernmayer
Zur Vollversion des Artikels

Er hat den Kampf verloren – den Kampf um seinen rechten Arm. Tibor A. (37) weiß das mittlerweile und steht unter Schock. Seine Familie ist in großer Sorge. „Wir stehen alle hinter ihm, aber ich habe Angst, dass er das psychisch nicht verkraften wird“, sagt sein Vater Ludwig A. zu ÖSTERREICH.

Denn seit Freitag steht fest, der ungarische Familienvater wird nie mehr arbeiten können. Sein Papa ist verzweifelt: „Wie soll er denn mit nur einer Hand einen Job finden? Wie soll er die Familie versorgen?“

Bei der fünften Operation am Freitagmorgen amputierten die Ärzte am AKH den rechten Arm direkt am Ellbogen.

Bereits seit einer Woche hatte Tibor A. über Schmerzen geklagt. Wie sich herausstellte, hatte sich ein Hämatom gebildet. Das verstopfte die Venen, durch die das Blut zum Herzen fließt. „Unter solchen Umständen kann der Arm nicht gehalten werden“, sagt Chirurg Oskar Aszmann.

Der Unfall: Maschine riss ihm den Arm ab
Die Tragödie um Tibor A. begann am 11. Mai. Der Ungar war auf einer Bauschuttdeponie in Purbach (Bezirk Eisenstadt-Umgebung) mit dem Arm in ein laufendes Rüttelsieb geraten. Die Maschine riss den Arm ab.

Statt einen Krankenwagen zu alarmieren, nahm er den abgetrennten Arm und fuhr selbst mit dem Auto knapp 20 Kilometer bis ins Spital. Nach der ersten, sechstündigen OP, hoffte er auf ein gutes Ende – doch er wurde enttäuscht.
 

Chirurg Aszmann: "Es war eine Infektion"

ÖSTERREICH-Interview mit Professor Oskar Aszmann, plastischer Chirurg im AKH. Er hat nach dem Unfall Tibor A. den Arm wieder angenäht. Jetzt musste dem Arbeiter der Arm wieder abgenommen werden.

ÖSTERREICH: Wie konnte diese dramatische Verschlechterung geschehen?
Oskar Aszmann: Durch eine Infektion. Am Montag und Dienstag waren seine Finger noch rosa und warm. Am Dienstag zeichnete sich schon ab, dass etwas nicht in Ordnung ist, der Patient hat aber über Schmerzen geklagt. die Blutwerte haben sich verschlechtert, auch die Finger verfärbten sich.

ÖSTERREICH: Was ist danach geschehen?
Aszmann: Mittwochmittag war klar, dass der Patient eine schwere Infektion ausbrütet. Wir haben ihn deshalb abermals in den OP gebracht und die Wunde aufgemacht. Die Infektion hatte sich ausgebreitet. Dadurch ist eine der beiden Venen, durch die das Blut zurück zum Herzen fließen kann, thrombosiert (ein Blutpfropf verstopfte sie, Anm). Wir haben die Wunden deshalb weit geöffnet, behandelt, erneut verbunden. Es bestand zu diesem zeitpunkt noch große Hoffnung, dass die Infektion dadurch gestoppt sei.

ÖSTERREICH: Es ist anders gekommen…
Aszmann: Ja, leider. In den vergangenen 48 Stunden ist auch die zweite Vene zugegangen, es bildete sich ein Hämatom, der Arm schwoll an, die Entzündungswerte gingen weiter rauf. Unter solchen Umständen kann ein Arm einfach nicht mehr gehalten werden.

ÖSTERREICH: Waren Sie bei der neuerlichen Operation dabei?
Aszmann: Nein, die hat Professor Thomas Rath durchgeführt, ich bin derzeit bei einem Kongress in der Schweiz.

ÖSTERREICH: Was ist bei der zweiten OP gemacht worden?
Aszmann: Der Arm ist am Ellenbogen abgenommen worden. Der Stumpf ist sauber, die Wunde ist verschlossen, ich denke, die Infektion wird jetzt rasch zurückgehen.

ÖSTERREICH: Was bedeutet das für den Patienten?
Aszmann: Er wird mit einer Prothese leben müssen.

ÖSTERREICH: Trifft Sie der Misserfolg?
Aszmann: Es ist natürlich auch für mich furchtbar, wenn das eintritt.  

ÖSTERREICH: Das Annähen eines Spenderarmes wie bei Bombenopfer Theo Kelz – wäre das möglich?
Aszmann: Nein, in seinem Fall müsste ein Arm samt Ellenbogen transplantiert werden. Das hat weltweit bisher erst 1. Mal funktioniert.

ÖSTERREICH: Warum ist die Infektion aufgetreten?
Aszmann: Der abgetrennte Arm ist in einer Sandgrube gelegen, da sind natürlich Keime, die wir nicht kennen. Ein paar Keimchen reichen aus und eine Infektion zerstört alles. Das hat ihm den Arm gekostet.

Interview: Karl Wendl

 


 
Zur Vollversion des Artikels
Weitere Artikel