Im Amtshaus in Wien-Hietzing ist am Dienstagabend der neue Bezirksvorsteher Friedrich Nikolaus Ebert gewählt und angelobt worden.
Er hatte zuvor eine Mehrheit im türkisen Klub der Bezirksvorstehung hinter sich versammelt - und den Beschluss der Bezirkspartei damit ignoriert. Diese hatte für Johanna Sperker als Nachfolgerin für die scheidende Bezirksvorsteherin Silke Kobald votiert.
Kobald hatte - offenbar für viele überraschend - vor einigen Wochen ihren Rücktritt erklärt. Hietzings ÖVP-Obfrau Johanna Sperker galt als die logische Nachfolgerin. Der Vorstand der Bezirkspartei hat sie für das Amt auch nominiert. Im ÖVP-Klub wurden aber Unterschriften für Ebert gesammelt, und das offenbar mit Erfolg. In der Fraktion, die über 19 Sitze verfügt, dürfte eine Mehrheit für ihn votiert haben.
Ebert erhielt 14 von 34 Stimmen
Und das reicht prinzipiell, denn der stärkste Klub - über diesen verfügt in Hietzing die ÖVP als stimmenstärkste Partei - darf über die Besetzung des Vorsteher-Postens entscheiden. Letztendlich erhielt Ebert heute 14 von 34 Stimmen. Von wem, ist nicht bekannt, da es sich um eine geheime Wahl gehandelt hat. Der Neo-Bezirkschef wurde von Stadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) anschließend sogleich angelobt.
Ebert zeigte sich über seine "endlich" erfolgte Kür erfreut, wobei er auf 36 Jahre Erfahrung, die er in der Kommunalpolitik gesammelt habe, verwies. Er bedankte sich auch bei Johanna Sperker, die nicht nur VP-Obfrau im Bezirk ist, sondern der Fraktion auch weiter als Klubchefin vorsteht. "Ich bin mir sicher, wir werden gut zusammenarbeiten", ließ er wissen. Er strecke auch allen anderen Fraktionen die Hand entgegen, betonte Ebert in seiner Dankesrede.
Sperker: Auftrag für die Bürger zu arbeiten
Die von der Partei auserwählte, vom Klub aber demontierte Kandidatin verzichtete heute auf direkte Kritik an dem Geschehen. "Mit Blick auf die aktuelle Situation bleibt mir nur zu sagen, dass es um ein Miteinander geht", meinte Sperker in einer Wortmeldung. Der Auftrag sei, für die Bürgerinnen und Bürger zu arbeiten. Unmittelbar nach dem Coup hatte sie sich noch beklagt, dass der Konsens, wonach Beschlüsse einzuhalten seien, ignoriert worden sei.
Häme und Kritik kam von anderen Parteien. Marcel Höckner, der stellvertretende SPÖ-Bezirksvorsteher, warnte davor, dass derartige Aktionen das Vertrauen in die Politik weiter verringern würden. "Wenn der neue Stil so ausschaut, wird es schwierig", zeigte er sich skeptisch gegenüber einer Zusammenarbeit mit dem neuen Bezirkschef.
Hetfleisch: "Ganz schlimm, was da passiert ist"
"Ich finde es ganz, ganz schlimm, was da passiert ist", empörte sich der grüne Bezirksrat Christopher Hetfleisch. Die Politikverdrossenheit werde dadurch nur "befeuert". "Wir sind Zeugen eines unwürdigen Schauspiels", meinte auch NEOS-Bezirksrätin Katharina Kainz. Die ÖVP sei in diesem Zustand aktuell nicht arbeitsfähig, befand sie.
Der FPÖ-Vertreter im Hietzinger Bezirksparlament, Georg Heinreichsberger, äußerte sich nicht ausführlicher zu den ÖVP-Querelen - und lobte stattdessen Ex-Vorsteherin Kobald. Zu hören bekam diese die Worte aber nicht mehr. Kobald hatte sich nach einer kurzen Rede von der Sitzung verabschiedet, und zwar noch bevor ihr Nachfolger gekürt wurde. Sie hat sich in den vergangenen Tagen dem Vernehmen nach sogar für einen Parteiausschluss Eberts ausgesprochen.
Heftiger Streit in der Wiener ÖVP
Die Causa Hietzing hat zuletzt für heftigen Streit in der Wiener ÖVP gesorgt. Rückendeckung erhielt Sperker etwa von der Wiener ÖVP-Frauenorganisation, die auch Konsequenzen für jene vier Frauen der ÖVP-Bezirksfraktion, die den "Putsch gegen Johanna Sperker" unterstützen, ankündigt hatte.
Eine Entscheidung über einen möglichen Ausschluss aus der Teilorganisation dürfte am Dienstag gefallen sein. Die Frauenvorsitzende der Wiener ÖVP, Sabine Keri (vormals Schwarz, Anm.), betonte im Gespräch mit der APA jedoch, dass man diese den Betroffenen direkt kommuniziert habe. An die Öffentlichkeit wolle man damit selbst nicht gehen.