Simmering
Mord auf offener Straße: Lebenslange Haft
28.10.2013
Ehefrau vor Augen des Sohns (2) erstochen. Urteil nicht rechtskräftig.
An seinem 54. Geburtstag ist am Dienstag jener Mann im Wiener Straflandesgericht zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden, der am Morgen des 20. Juni 2013 in Wien-Simmering auf offener Straße und vor den Augen zahlreicher Passanten seine Ehefrau Amina (35) mit einem Fleischermesser erstochen hatte. Der zweijährige Sohn der beiden musste die Bluttat mitansehen - ein Zeuge schilderte dem Gericht (Vorsitz: Eva Brandstetter), wie der Kleine am Gehsteig "Mama, Mama" rief.
Er habe seine Frau "erschrecken" wollen. Daher habe er ein Fleischermesser mit einer Klingenlänge von 24 Zentimetern in ein Plastiksackerl gegeben und mitgenommen, als er sich gegen 7.00 Uhr Richtung Simmeringer Hauptstraße aufmachte, hatte Fazli M. in seiner Einvernahme erklärt.
Frau erwirkte einstweilige Verfügung gegen gewalttäigen Ehemann
Der Mann, der zuletzt als Abwäscher in einem Gasthaus beschäftigt war, hatte die um 19 Jahre jüngere Amina im Jahr 2010 bei einem Heimaturlaub in Mazedonien kennengelernt. 2011 wurde geheiratet. Er holte sie nach Österreich, im Juni 2011 schenkte sie ihm einen Sohn. Keine drei Monate später erwirkte die Ehefrau eine Einstweilige Verfügung und ein Betretungsverbot gegen ihren gewalttätigen Ehemann. "Er hat sie oft misshandelt. Er hat sie und auch das Kind verprügelt", berichtete nun eine ihrer Freundinnen als Zeugin dem Gericht.
Ein Streitpunkt dürfte der Wunsch der 35-Jährigen gewesen sein, ihre halbwüchsigen Söhne aus einer vorangegangen Beziehung nach Wien zu holen. Fazli M. war strikt dagegen. Nach seinem Dafürhalten reichten seine finanziellen Mittel dafür nicht aus.
Flucht ins Frauenhaus
Das Paar versöhnte sich zunächst wieder. Amina M. bat um Aufhebung der Einstweiligen Verfügung, ihr Mann kehrte in die gemeinsame Wohnung in Wien-Favoriten zurück. Doch alsbald eskalierte die Situation. Die Frau floh schließlich mit ihrem zweijährigen Sohn ins Frauenhaus und betrieb die Scheidung, weil sie infolge der regelmäßigen Prügel um ihrer beiden Leben fürchtete.
Fazli M. wollte ihre Trennungsabsichten nicht zur Kenntnis nehmen. Er wusste, dass die Frau am 20. Juni vom Magistrat ihr Visum abholen wollte. "Ich habe die ganze Nacht nicht geschlafen. Ich habe die ganze Zeit darüber nachgedacht, wie ich sie dazu überreden kann, dass wir wieder zusammenleben. Ich war verloren", erklärte er nun den Geschworenen.
Gemeinsam mit einer Freundin und ihrem Buben im Kinderwagen machte sich Amina M. auf den Weg zur Behörde, als sie ihr Mann plötzlich und unerwartet von hinten an der Schulter erfasste und zurück riss. Er verlangte, die Frau möge mit ihm in einen nahe gelegenen Park gehen und reden. Sie lehnte das ab. Er wurde aggressiv. Ihre Freundin schob den Kinderwagen auf die Seite, nahm den Zweijährigen heraus und rief um Hilfe. Zu diesem Zeitpunkt hatte Fazli M. seine Frau, die aus Angst davonlaufen wollte, schon zu Boden geworfen und das Fleischermesser gezückt. Sie versuchte noch aufzukommen, doch der Mann drückte sie zu Boden und kniete sich mit dem Messer neben sie.
Mindestens neun Mal stach er laut Gerichtsmediziner Wolfgang Denk auf die 1,57 große und 60 Kilogramm schwere Frau ein. Ein einziger Hieb durchtrennte den Oberarm der Frau, drang ihr in die Brust und eröffnete einen 13 Zentimeter langen Stichkanal. Obwohl ein beherzter Augenzeuge aus seinem Auto sprang und der mitten auf der Fahrbahn liegenden Frau zu Hilfe eilte, indem er dem Angreifer in den Rücken trat, ihm das Messer entwand und den Mann mithilfe eines couragierten Schülers, der am Weg zum Unterricht war, fixierte, hatte die 35-Jährige keine Überlebenschance. Sie verblutete noch am Tatort. Ihr zweijähriger Sohn musste das mitansehen - ein Zeuge schilderte, wie der Kleine am Gehsteig stand und "Mama, Mama" rief.
"Ich hatte keine Absicht, meine Frau zu töten. Ich wollte sie überreden, nach Hause zurückzukommen", sagte der Angeklagte. Er habe die Frau geliebt. Sein Sohn wächst nun als Halbwaise bei Pflegeeltern auf.