Einstimmige Entscheidung der Geschworenen, Urteil nicht rechtskräftig.
Der 21-Jährige, der am 4. Mai 2016 am Brunnenmarkt eine 54 Jahre alte Frau auf dem Weg zu ihrer Arbeit mit einer elfeineinhalb Kilogramm schweren Eisenstange erschlagen haben soll, ist am Montag im Wiener Landesgericht für Strafsachen nach kurzer Verhandlung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen worden. Die Entscheidung der Geschworenen fiel einstimmig aus.
Richter Ulrich Nachtlberger verwies in der Urteilsbegründung auf den Wahrspruch der Geschworenen, die auf Basis des Gutachtens des psychiatrischen Sachverständigen Karl Dantendorfer entschieden hatten. Der paranoid schizophrene Mann bedürfe einer dauerhaften engmaschigen Betreuung, sagte Nachtlberger. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig, Verteidiger Richard Soyer bat um Bedenkzeit.
Täter agierte "hemmungslos"
"Der Fall ist dramatisch, für einen Mediziner aber relativ einfach", stellte Gerichtspsychiater Karl Dantendorfer bei der Erörterung seines Gutachtens einleitend fest. Der 21-Jährige habe seit mindestens drei bis vier Jahren an einer schweren paranoiden Schizophrenie gelitten, die nie behandelt wurde, und unter dem Einfluss dieser Krankheit mit der Eisenstange zugeschlagen.
"Die absolute Hemmungslosigkeit bei der Tatausführung spricht dafür, dass jedes Bremsvermögen ausgeschaltet war. Ein gesunder Mensch könnte eine solche Tat nicht begehen", meinte Dantendorfer. Er habe "noch nie so eine verunstaltete Leiche gesehen".
Ärgste Brutalität
Wie der Gerichtsmediziner Nikolaus Klupp darlegte, bekam Maria E. (54) mindestens acht Mal eine teleskopartige Metallstange auf ihren Kopf geschlagen: "Der Schädel war komplett zertrümmert. Die Knochen waren auf einer Fläche von sechs Meter verteilt. Dieser Fall ist nach meiner 23-jährigen Berufserfahrung an Brutalität schwer zu übertreffen." Das Gesicht der Frau, die nach den ersten Schlägen nicht sofort tot gewesen sein dürfte, sei "nicht mehr erkennbar", Schädel und Gehirn "nicht mehr vorhanden" gewesen, so Klopp.
Der mutmaßliche Täter wurde nach seiner Festnahme vier Mal vom von der Justiz beigezogenen Psychiater untersucht. Der 21-Jährige sei "mit Sicherheit" schwer krank, verriet Dantendorfer nun den Geschworenen: "Dieses Erkrankungsbild ist nicht spielbar. Dass mir jemand so etwas vier Mal vorspielen kann, schließe ich nach 30 Jahren Berufserfahrung aus." Der 21-Jährige leide an Wahnvorstellungen, optischen und vermutlich auch akustischen Halluzinationen, und trotz mehrmonatiger Behandlung und Verabreichung der besten und teuersten verfügbaren Medikamente habe sich sein Zustand "nur minimal gebessert. Er befindet sich nach wie vor in einem akut psychotischen Zustand".
Täter extrem gefährlich
Zur Gefährlichkeit des Mannes bemerkte Dantendorfer: "Er ist im Moment genau so gefährlich wie zum Zeitpunkt der Tat war und würde zweifellos genau so schwere Straftaten wieder begehen." Die Tat selbst war laut Gutachter "nicht langfristig geplant", sondern ereignete sich "spontan, aus einer Wahnvorstellung heraus". Ob der gebürtiger Kenianer überhaupt so weit behandelt werden kann, dass sich sein Befinden irgendwann nachhaltig bessern wird, konnte der Experte nicht abschätzen: "Je länger jemand bei dieser Krankheit nicht behandelt wurde, desto schwieriger wird es."
Die Angehörigen der ums Leben gebrachten Frau, die sich dem Verfahren als Privatbeteiligte angeschlossen hatten, wurden von Alfred Boran und Mathias Burger rechtsfreundlich vertreten. "Der Wunsch der Opfer ist, dass er nie mehr auf freien Fuß kommt", stellte Boran mit Blick auf den 21-Jährigen klar. Der Witwer erschien zur Urteilsverkündung im Großen Schwurgerichtssaal und nahm neben seinen Rechtsvertretern Platz, um den Ausgang des Strafverfahrens persönlich miterleben zu können.
Augenzeugin nicht aussagefähig
Die ums Leben gebrachte Maria E. befand sich am 4. Mai um 2.15 Uhr mit einer Arbeitskollegin am Brunnenmarkt, um am frühen Morgen in einem Wettbüro Reinigungsarbeiten zu verrichten. Während der Kenianer mit einer Eisenstange auf die 54-jährige Geschäftsführerin eines Putzunternehmens los ging, gelang ihrer Mitarbeiterin die Flucht. Sie konnte sich hinter einem geparkten Auto verstecken.
© APA/HERBERT P. OCZERET
Der Tatort
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Der Tatort
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Kampfspuren am Tatort
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Tatortermittler bei der Spurensicherung
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Abgedeckte Palette mit Spuren
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Feuerwehr bei der Reinigung des Tatorts
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Feuerwehr bei der Reinigung des Tatorts
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Kriminalbeamte bei der Spurensicherung
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Kriminalbeamte bei der Spurensicherung
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Kriminalbeamte bei der Spurensicherung
Ihrer Zeugenladung konnte die Augenzeugin nicht nachkommen. Sie leidet seit dem Gewaltverbrechen, das sie teilweise mitansehen musste, an Panikattacken und einer posttraumatischen Belastungsstörung. Wie sie in ihrer polizeilichen Einvernahme angegeben hatte, war den beiden Frauen der Schwarzafrikaner aufgefallen, weil dieser mit einer langen und schweren Eisenstange auf der Straße tanzte. "Schon wieder dieser Trottel", soll Maria E. laut der Zeugin darauf gesagt haben - die 54-Jährige kannte den obdachlosen 21-Jährigen offenbar bereits. Um allfälligen Schwierigkeiten mit dem verhaltensauffälligen Mann aus dem Weg zu gehen, wechselten die Frauen die Straßenseite, als einige Meter später der Mann unvermutet zwischen zwei Marktstandln auftauchte und wortlos die ein paar Schritte vor ihrer Mitarbeiterin gehende Maria E. attackierte.
Lehrer von Schlägen geweckt
Von den Schlägen wurde ein 36-jähriger Lehrer wach, der damals direkt am Brunnenmarkt lebte und dessen Schlafzimmerfenster unmittelbar über dem Tatort lag. "Nach dem vierten Pumperer habe ich mir gedacht, ich schau nach", erinnerte sich der Mann nun im Zeugenstand. Er habe "beim zweiten Hinschauen erkannt, dass ein Gewaltakt stattfand" und das Fenster aufgerissen und runtergerufen: "Der Mann hat kurz raufg'schaut. Dann hat er sich umgedreht und weiter gemacht."
Den Täter habe er sofort als "den Francis" erkannt, der jedem am Brunnenmarkt ein Begriff war, gab der Lehrer an: "Er war für alle Leute, die dort leben, ein bekannter Mann." Der Mann sei "aufgefallen", von ihm sei "eine gruselige Atmosphäre" ausgegangen. "Ist Ihnen aufgefallen, dass er nicht ganz normal ist?", wollte Richter Nachtlberger wissen. "Ja", erwiderte der Zeuge, "er hat wie in einem Paralleluniversum gewirkt."