Der erste einer Reihe von Zivilprozessen nach dem Seibahnunglück in Sölden, bei dem im September vergangenen Jahres neun Deutsche starben, ist am Mittwoch am Innsbrucker Landesgericht abgeschlossen worden.
Beklagte Partei waren die Ötztaler Gletscherbahnen. Die Frau eines bei dem Unglück Verstorbenen und vier Kinder aus Mittenwald in Bayern hatten 75.000 Euro Schadenersatz gefordert. Das Urteil ergeht schriftlich.
Verpflichtung durch Betreiber verletzt
Bei der Verhandlung sagte
unter anderen der Polier der Firma, die die Bauarbeiten an der
"Schwarzen-Schneid-Bahn" durchgeführt hatten, aus. "Ich habe vom
Betriebsleiter der Ötztaler Gletscherbahnen die klare Erlaubnis erhalten,
dass mit dem Hubschrauber über die Seilbahn geflogen werden darf," gab er
vor Gericht an. Genau diese "ausdrückliche Erlaubnis" sei laut dem Vertreter
der klagenden Witwe, Andreas Ruetz, notwendig, um die Gletscherbahnen
haftbar zu machen. Für die Betreiber der Bahnen hätte eigentlich die
Verpflichtung bestanden, für die sichere Beförderung von Personen Sorge zu
tragen. Wenn es eine solche Anweisung gegeben habe, wäre diese Verpflichtung
eindeutig verletzt worden.
Schwere Außenlasten sind Regel
Weitere geladene Zeugen waren
der Geschäftsführer der St. Johanner Gletscherbahnen und ein mittlerweile
pensionierter Beamter der Seilbahnbehörde. Der Geschäftsführer der
Gletscherbahnen in St. Johann gab an, dass das Überfliegen von in Betrieb
befindlichen Bahnen mit schweren Außenlasten "die Regel" sei.
"Großveranstaltungen wie Weltcuprennen sind ohne solche Flüge gar nicht
denkbar," sagte er. Der Betrieb der Bahnen werde auf Grund von Lastenflügen
üblicherweise nicht eingestellt. Der Beamte der Seilbahnbehörde meinte, er
habe nichts davon gewusst, dass mit dem Hubschrauber über die in Betrieb
befindliche Bahnen geflogen werde. Aber auch wenn er davon gewusst hätte,
hätte er nicht "unbedingt" auf die Einstellung bestanden.
Neun Deutsche verunglückt
Zu der Tragödie war es am 5.
September 2005 im Skigebiet Sölden im Tiroler Ötztal gekommen. Ein
Hubschrauber verlor einen etwa 700 Kilo schweren Betonkübel. Dieser riss
eine Gondel der "Schwarzen-Schneid-Bahn" in die Tiefe. Aus einer zweiten
Kabine wurden durch die Schwingungen des Seils sechs Skifahrer
hinausgeschleudert. Für neun Deutsche, darunter sechs Kinder im Alter
zwischen zwölf und 14 Jahren, endete das Unglück tödlich. Der Pilot wurde im
Strafverfahren im Juni nicht rechtskräftig wegen fahrlässigen
Gemeingefährdung schuldig gesprochen und zu einer bedingten Freiheitsstrafe
von 15 Monaten verurteilt.
Ein weiteres Zivilverfahren, bei dem es um die Unterhaltsforderungen gegen die Hubschrauberfirma und die Ötztaler Gletscherbahnen geht, sollte am Mittwochnachmittag am Innsbrucker Landesgericht stattfinden.