Täter schweigen - Familie bangt

Fall Rebasso kurz vor Klärung

15.08.2012


Zwei Russen werden derzeit in Moskau verhört.

Zur Vollversion des Artikels
© Getty Images, Polizei
Zur Vollversion des Artikels

Die Verhaftung war überfällig: Dienstagmittag waren zwei mutmaßliche Entführer des Wiener Anwalts Erich Rebasso in ­Moskau festgenommen worden – ihre Identitäten waren den Ermittlern längst bekannt gewesen. Dass diese Meldung aber gleich von zwei Zeitungen hinausposaunt wurde, war von den Fahndern nicht geplant gewesen – und könnte den weiteren Erfolg der Ermittlungen gefährden.

Die Veröffentlichung der Verhaftung versetzt auch die Familie des Entführungsopfers in große Sorge (siehe Interview). Jetzt steht zu befürchten, dass eventuelle weitere Komplizen der Täter, die ihr Opfer verschleppt haben, sehr nervös werden – und sich zu einer unbedachten Reaktion hinreißen lassen.

Polizeiintern soll diese Panne jetzt aufgeklärt werden. Zwei Anzeigen gegen Beamte, die Informationen weitergegeben haben, laufen bereits.

Fakt ist, dass der spektakuläre Fall kurz vor der Klärung steht. Die von den österreichischen Kriminalbeamten und den ­russischen Ermittlern Dienstag verhafteten Hauptverdächtigen, zwischen 30 und 40 Jahre alt, werden pausenlos einvernommen. Noch hüllen sie sich in Schweigen. ÖSTERREICH-Informationen zufolge sind es keine Profis – sonst hätten sie das Entführungsauto nicht mit ihren regulären russischen Reisepässen gemietet.

Komplizen könnten jetzt sehr nervös werden
Über ihre Pässe wurden die beiden Männer auch ausgeforscht. Sie sollen zu jenem Kreise der Kleinanleger gehören, die sich von Erich Rebasso um ihr Geld betrogen fühlen. Der Anwalt hatte aber betont, damit nichts zu tun zu haben – sein Name sei in dem Betrugsfall missbräuchlich verwendet worden.

Zwei Tage nach der mutmaßlichen Entführung aus einer Garage in Wien flogen die Verdächtigen nach Moskau. Danach tauchte per E-Mail eine Lösegeldforderung über 500.000 Euro auf (ÖSTERREICH berichtete ). Die Ermittler gehen von mehreren Varianten aus – falls der Wiener Jurist, was alle hoffen, noch am Leben ist.
Als eine mögliche Variante gilt, dass es Komplizen gibt, die zwar auf dem Überwachungs­video der Entführung nicht zu sehen, aber an der Tat beteiligt sind. Sie könnten den Anwalt nach wie vor versteckt halten – die Ermittler vermuten in Niederösterreich oder der Slowakei. Durch die verantwortungslose Veröffentlichung der Festnahme ihrer Freunde stehen sie nun besonders unter Druck.

Vater des Anwalts in Sorge: "Veröffentlichung der Verhaftung sehr fragwürdig"

ÖSTERREICH: Herr Ingenieur Rebasso, wie geht es Ihnen jetzt, wo Sie erfahren haben, dass zwei Verdächtige in Haft genommen wurden?
Andreas Erich Rebasso: Jetzt bleibt nur noch eine Information, auf die wir alle warten. Wir hoffen und bangen weiter. Aber in Wirklichkeit ist das Schicksal meines Sohnes in anderen Händen. Wir sind machtlos …

ÖSTERREICH: Eine Tageszeitung wirft ÖSTERREICH vor, fahrlässig gehandelt zu haben, als wir die 500.000-
Euro-Lösegeldforderung publik gemacht haben.
Rebasso: Aus meiner – zugegebenermaßen – laienhaften Sicht der Dinge meine ich, dass die Veröffentlichung der Lösegeldforderung eher dazu geneigt war, hier den Druck aus der ganzen Sache herauszunehmen. Ich fand das nicht störend.

ÖSTERREICH: Wie meinen Sie, dass dadurch Druck aus der Sache genommen wurde?
Rebasso: Ich meine, dass den Entführern dadurch signalisiert wurde, dass wir darauf eingehen, dass wir es ernst nehmen. Sie sollten durch diese Geschichte sehen, dass auf ihre Forderungen eingegangen wird. Man muss sich auf Verbrecher einlassen, es hat mich Hoffnung schöpfen lassen.

ÖSTERREICH: In den Tageszeitungen am Tag danach wurde groß über die Verhaftung der möglichen Entführer berichtet …
Rebasso: Ich halte die Publikation dieser Information für sehr fragwürdig, weil man nicht erahnen kann, was mögliche Mittäter jetzt machen. Sie haben diese Information ja auch gehabt und sie nicht veröffentlicht …

ÖSTERREICH: Wir waren der Meinung, dass diese Information noch zurückgehalten werden sollte, um das Leben Ihres Sohnes nicht unnötig zu gefährden.
Rebasso: Ja, aber jetzt kann man nichts mehr machen und muss die ­Dinge laufen lassen.

ÖSTERREICH: Wie gestaltet sich für Sie die Zusammenarbeit mit der Polizei?
Rebasso: Wir haben einen Weg gefunden. Ich dränge nicht auf Informationen. Wir warten, wie gesagt, nur mehr auf die eine Info, die sowieso bald kommen müsste …

ÖSTERREICH: Das klingt nicht sehr hoffnungsfroh.
Rebasso: Wie schon gesagt, das Schicksal meines Sohnes liegt nicht mehr in unseren Händen.


 
Zur Vollversion des Artikels
Weitere Artikel