Prozess
Frau attackierte Psychiater mit Glasflasche
01.06.2016
Schizophrene Frau glaubte, ihr Psychiater hätte sich mit Kardinal Schönborn gegen sie verschworen.
Mit einer psychisch kranken Frau, die überzeugt ist, ihr ehemaliger Therapeut hätte sich gemeinsam mit Kardinal Christoph Schönborn gegen sie verschworen, hat sich am Mittwoch ein Schöffensenat im Wiener Straflandesgericht auseinandergesetzt. Am 29. Februar 2016 attackierte die 61-Jährige den Psychiater in seiner Ordination, indem sie ihm eine Glasflasche gegen den Kopf schlug.
Der Mann erlitt eine stark blutende, klaffende Wunde an der Stirn, die von einem Gerichtsmediziner als schwere Verletzung eingestuft wurde. Es handelte sich nicht um den ersten Angriff der Frau auf den Psychiater. 2005 brach er die Behandlung der gelernten Köchin ab, nachdem sie ihn mit einer Bierflasche geprügelt hatte. Wie der Psychiater nun dem Gericht darlegte, leiden er und seine Angestellten seither unter der 61-Jährigen. 40 Polizeieinsätze hat es in den vergangenen elf Jahren in der Ordination gegeben, weil die ehemalige Patientin bis zu fünf Mal täglich auftaucht und für Unruhe sorgt. Mehr als 100 Vorfälle waren insgesamt dokumentiert, ehe es zu dem blutigen Zwischenfall kam, der mit der Festnahme der 61-Jährigen endete.
In psychiatrischer Klinik untergebracht
Rasch stellte sich heraus, dass die Frau nicht zurechnungsfähig war, weil sie an einer höhergradigen geistigen Abnormität leidet. Die Frau landete daher nicht in U-Haft, sondern wurde bis zur Verhandlung in einer psychiatrischen Klinik untergebracht, wo sie auch medikamentös behandelt wurde. Ungeachtet dessen erklärte sie jetzt dem Schöffensenat (Vorsitz: Christoph Bauer), Kardinal Schönborn und ihr früherer Therapeut hätten sich "zusammengetan", um ihr zu schaden. Sie werde von den beiden verfolgt. Diese würden sie auch "abhören" und ihr weiter nach dem Leben trachten. Der Psychiater habe zu ihr schon früher "grausliche Sachen gesagt. Dass er mich als Kind schon umgebracht hätte, wenn er mich gekannt hätte. Sagen Sie jetzt nicht, dass ich verrückt bin". Mit dem Kardinal habe sie inzwischen allerdings Frieden geschlossen: "Mit dem Schönborn habe ich zu Weihnachten in der Stefanskirche geredet. Er wird mich in Ruhe lassen und mir nix mehr tun."
Frau sieht Krankheit ein
Sie sei schizophren, sah die 61-Jährige ein. Die Krankheit sei zuletzt "immer stärker geworden", nachdem sie diese mit viel Schlaf, wenig Essen und Ruhe im Griff gehabt hätte. Nun brauche sie Medikamente, "die das Gehirn beruhigen".
Wie Gerichtspsychiater Wolfgang Soukop ausführte, dürfte ein viele Jahre zurückliegendes traumatisches Erlebnis mit einem Kirchenvertreter mit dem wahnhaften Erleben der Frau in Verbindung stehen. Sie sei von dem Mann missbraucht worden und fühle sich nach einer Abtreibung nun offenbar von Kardinal Schönborn als ranghohem Kleriker verfolgt, legte der Gutachter sinngemäß dar. Soukop sprach sich für die Unterbringung der Frau in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher aus, weil diese dringend therapiebedürftig sei und ein stationäres Setting brauche. Ansonsten sei zu befürchten, dass sie unter dem Einfluss ihrer Krankheit neuerlich Straftaten mit schweren Folgen begehen könnte.
Nach kurzer Beratung leistete der Senat dem Unterbringungsantrag der Staatsanwaltschaft Folge. Die 61-Jährige kann damit so lange im Maßnahmenvollzug angehalten werden, bis Experten überzeugt sind, dass von ihr keine Gefahr für ihre Umgebung - im Speziellen für ihren früheren Therapeuten - mehr ausgeht.