Fridays-for-Future-Demo legt Ring lahm
Klima-Streik sorgt für Verkehrs-Chaos in Wien
23.09.2022
20.000 Teilnehmende sind am Freitag in sieben Landeshauptstädten in ganz Österreich den Aufruf von Fridays For Future (FFF) gefolgt und haben am elften globalen Klimastreik teilgenommen – mit starker Beeinträchtigung für den Straßenverkehr.
"In Wien sind 12.000 Menschen auf die Straße gegangen, um lautstark eine Energiewende für Alle zu fordern. Es braucht jetzt endlich einen sozial- und ökologisch-gerechten Plan, um diese fossile Krisen-Spirale zu stoppen", hieß es von Klara König, der Pressesprecherin von FFF Austria.
Um 14.00 Uhr setzte sich der Demozug in Wien Mitte nach einer rund einstündigen Aufwärmphase in Bewegung. Der Bereich vor dem Bahnhof war da bereits dicht gefüllt mit Teilnehmern, die dazu aufgerufen wurden "Wir brauchen jetzt ein Klimaschutzgesetz" zu skandieren, eine von drei Hauptforderungen, zu denen noch die Energiewende und angesichts der steigenden Preise eine Energiegrundsicherung dazu kamen.
Verzögerungen und Staus in Wien
Im Wiener Straßenverkehr sind die erwarteten Verzögerungen und Staus durch die Demo bereits am frühen Nachmittag eingetreten, hieß es beim ÖAMTC gegenüber der APA. Betroffen war demnach vor allem der Innenstadtbereich auf beiden Seiten des Donaukanals, die sogenannte Zweier-Linie zwischen Stadtpark und Karlsplatz sowie die nicht ohnehin für die Demo gesperrten Abschnitte des Rings.
Aber auch am Rennweg und am Gürtel kam es zu Verzögerungen. Der ÖAMTC empfahl, der Innenstadt großräumig auszuweichen, beispielsweise über den vorerst nicht betroffenen Handelskai. Laut Wiener Linien konnten mehrere Straßenbahn- und Buslinien im Bereich der City nicht oder nur eingeschränkt fahren.
Den Demonstrierenden wurde während ihrer Runde um den Ring eine bunte Mischung an musikalischer Motivation geboten, so gab es auch klimabewusste Techno-Rhythmen zur Stimmungsmache, die mit dem altbekannten Motto "What do we want? Climate justice!" garniert wurden. Auf ihrem mehr als zweistündigen Marsch Richtung Heldenplatz wurden auch so gut wie alle Forderungen der Klimaschutzbewegung in eingängigen Parolen präsentiert, wie etwa "Ist doch klar: Die Zukunft ist solar!". "Das fossile System ist zerstörerisch. Spätestens jetzt sollte das allen klar sein, sei es im Hinblick auf unsere Menschenrechte oder unsere Umwelt", wurde die FFF-Aktivistin Paula Dorten aus Mödling in einer Aussendung zitiert.
In Wien wurde der Streik von dem Klimabündnis "Klimaprotest" getragen, hieß es weiter. Dieses bestehe aus über 100 Organisationen, "die auf die klimapolitischen Versäumnisse der österreichischen Regierung hinweisen und klare Forderungen stellen".
Aktivisten kleben sich auch bei Demo fest
Während des Zustroms der Demo auf den Heldenplatz klebten sich einige Umweltaktivisten der "Letzten Generation" vor dem Heldentor auf der Ringstraße fest. Mit ähnlichen Aktionen war die Gruppe zuletzt regelmäßig an frequentierten Straßen im Wiener Frühverkehr aufgefallen. Es gehe nicht darum jemandem beim Klimastreik "die Show zu stehlen", sondern um Menschen Mut zu machen, "sich dem zivilen Widerstand anzuschließen", wurde anschließend seitens der "Letzten Generation" in einer Aussendung betont.
SPÖ-Umweltsprecherin Julia Herr forderte nach ihrer Teilnahme am Wiener Demozug eine Fachkräfte-Offensive im Kampf gegen die Klimakrise. "In vielen Bereichen, die für Klima- und Energiewende notwendig sind, zeichnet sich ein enormer Mangel an Fachkräften ab. Das müssen wir jetzt angehen", betonte sie in einer Aussendung und übte auch Kritik an Umweltschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne), die es seit mehr als 630 Tagen nicht schaffe, "Klimaziele für Österreich zu formulieren".
Unterstützung von Van der Bellen
Via Twitter nahm auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen Stellung zum Klimastreik: Zu einem Foto, das ihn mit der Klimastreik-Begründerin Greta Thunberg in der Hofburg zeigt, postet er: "Vor vier Jahren startete Greta Thunberg weltweite Klimaproteste. Heute gehen beim #Klimastreik wieder Tausende für eine lebenswerte Zukunft auf die Straße. Ihr unermüdliches Engagement gibt mir & vielen anderen Hoffnung, dass wir gemeinsam die #Klimakrise überwinden können."
Startschuss fiel in Graz
Den Anfang des Demo-Reigens in Österreich machte Graz bereits um 9.00 Uhr. Hunderte Teilnehmerinnen und Teilnehmer setzten zunächst am Mariahilferplatz ein Zeichen. Zum Auftakt sprach u. a. die Klimaaktivistin und Organisatorin Julia Čas und monierte, dass man seit 631 Tagen ein Klimaschutzgesetz fordere, das diesen Namen auch verdiene. Gegen Mittag setzte sich ein Marsch der inzwischen auf rund 1.500 Teilnehmer angewachsenen Demonstration zur Oper in Bewegung.
Rund 600 Demoteilnehmer zogen auch vom Innsbrucker Marktplatz über die Innenstadt zum Landestheater-Vorplatz. Unter die Protestierenden mischten sich auch NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger und NEOS-Tirol Spitzenkandidat Dominik Oberhofer.
In Linz gingen rund 500 Menschen auf die Straße.
Prominente Gesichter bei Demos
In Niederösterreich streikten die Fridays-For-Future-Bewegungen zum dritten Mal gemeinsam in St. Pölten. 400 bis 500 Teilnehmer waren Polizeiangaben zufolge beim Demozug dabei. An die Landespolitik erging die Aufforderung, aus Öl und Gas auszusteigen und einen "Wind-Solar-Turbo" im Bundesland zu starten. Eine kleinere Gruppe fand sich auch in Klagenfurt zum Fridays-For-Future-Protest ein. Laut Polizei nahmen 60 bis 70 Personen teil. Prominent vertreten waren die Kärntner Grünen mit Landessprecherin Olga Voglauer und Stellvertreter Christoph Gräfling. Weitere Demos starteten in Innsbruck, Linz und Salzburg.
Forderung nach Energiegrundsicherung
Neu ist die Forderung der Umweltschützer nach einer Energiegrundsicherung. Diese solle den Österreichern einen Anteil an Energie kostenfrei zur Verfügung stellen, der darüberliegende Verbrauch soll dann zunächst moderat und im weiteren Verlauf immer stärker steigen. Auf diese Weise würden die Menschen auch zum Energiesparen motiviert, hieß es bei einer Pressekonferenz am vergangenen Dienstag.
Naturschutz-NGOs abseits der Fridays-For-Future-Bewegung schlossen sich den Demos an und forderten in Aussendungen am Freitag ebenso soziale Gerechtigkeit in der Klima- und Energiekrise. "Energie muss für alle leistbar, sicher und nachhaltig sein. Fossile Energieträger machen uns abhängig von autoritären Staaten und belasten unseren Planeten. Sie haben einfach keine Zukunft", betonte Lisa Reggentin vom WWF-Jugendnetzwerk Generation Earth. Greenpeace forderte die Bundesregierung auf, "endlich die unmoralisch hohen Übergewinne der Öl- und Gaskonzerne zu besteuern". Klimakrise, Energiekrise und Teuerungswelle lassen sich am besten mit erneuerbaren Energien und einer Senkung des Energieverbrauchs bekämpfen, empfahl Global 2000.
Die Demonstranten in Österreich folgten dem weltweiten Aufruf der Bewegung Fridays For Future. Rund um den Globus fanden am Freitag Kundgebungen statt, in Deutschland waren in mehr als 250 Städten Proteste geplant, berichtete die Nachrichtenagentur dpa. Auch international unterstützten viele Umweltschutzverbände die Anliegen.