Enttäuschung
Fritzl: Kein Cent für seine Opfer
09.11.2010
Jurist Walter Anzböck hat das Projekt bei der Stadtverwaltung durchgeboxt.
Enttäuschung für die Opfer: Der gesamte Erlös aus Fritzls umstrittenem Millionen-Bauprojekt in Amstetten geht an die Landes-Hypo.
Niederösterreich
Das Mega-Projekt in Amstetten – es wird nur 500 Meter von jener Stelle entfernt errichtet, wo Josef Fritzl seine Opfer jahrelang quälte. Aber: Der Millionen-Erlös aus den geplanten 13 Reihenhäusern samt Bürokomplex und Tiefgarage bringt den Opfern keinen Cent – alles geht an die krisengebeutelte Hypo NÖ Landesbank.
Das erklärte gestern Mittag Fritzls Masseverwalter, Dr. Walter Anzböck, nach der ÖSTERREICH-Enthüllung bei einer Pressekonferenz in Tulln.
Die Bank bekommt alles, die Opfer nichts – wie kann das sein? Die Antwort: Der finanziell ruinierte Fritzl hat bei insgesamt 21 Gläubigern rund 3 Millionen Euro Schulden. 2006, zwei Jahre bevor die Horror-Verbrechen des 74-Jährigen bekannt wurden, kaufte Fritzl das Areal an der Waidhofnerstraße 68 – und musste dafür bei der Hypo einen Kredit aufnehmen. Seither ist der Wert der Liegenschaft enorm gestiegen – und jetzt will die Bank ihr Geld zurück. Denn das skandalumwitterte Geldinstitut geriet in letzter Zeit selbst stark unter Druck – und braucht jeden Cent.
5 Jahre Rechtsstreit? Das dürfte auch der Grund dafür sein, warum das Projekt trotz massiver Widerstände aus der Bevölkerung (Bedenken wegen Hochwasser, künftige Verkehrsprobleme, Veränderung des Stadtbilds) bei der Stadtverwaltung durchgeboxt wurde und der Bescheid am 4. November positiv ausgestellt wurde. „Das ist ein Wahnsinn“, schütteln Anrainer den Kopf. Anzböck hat für die Bedenken Verständnis: „Wir leben in einem Rechtsstaat, die Anwohner können Berufung einlegen.“ Er rechnet sogar damit, dass die Gegner der Fritzl-Häuser bis in die letzte Instanz (Verwaltungsgerichtshof) gehen könnten. Dann würde sich eine Entscheidung bis zu fünf Jahre hinausziehen.
Keller zerstört
Anzböck – der wie jeder Masseverwalter für Erlöse Provision kassiert (je höher, umso mehr) – bestätigte auch, dass das „Horror-Haus“, in dem Fritzl ein Verlies gebaut hatte, niemals gewinnbringend verkauft werden kann. Deshalb soll es noch vor dem Sommer komplett verschwinden: Der Keller wird mit Beton ausgefüllt, das Gebäude geschliffen.
Trost für die Opfer Fritzls: ÖSTERREICH erfuhr, dass zumindest die Republik im Rahmen des „Verbrechensopfergesetzes“ bereits Zahlungen an die Familie geleistet hat.