Nazi-Prozess in Wien
Gewalttätigkeit wegen "Rassenschande"
06.06.2012
Wegen schwerer Körperverletzung sind zwei Neo-Nazis in Wien angeklagt.
Wegen rassistisch motivierter Gewalttätigkeiten hatten sich am Mittwoch zwei 23-jährige Männer, die sich vor dem Schwurgericht (Vorsitz: Andreas Hautz) offen als "Rechte" deklarierten, im Straflandesgericht zu verantworten. Einer der beiden hatte am 22. Jänner 2011 gemeinsam mit drei abgesondert verfolgten Mittätern grundlos zwei philippinische Männer attackiert und laut Anklage mit seinen Springerstiefeln auf einen am Boden Liegenden eingetreten. Das Opfer wurde dabei schwer verletzt, Ärzte diagnostizierten eine Hirnblutung und Knochenbrüche im Gesicht.
Die Philippinos hätten ihn und seine Freunde "angeschaut", als man in einer Trafik Zigaretten kaufen wollte, erklärte der glatzköpfige, muskulöse Angeklagte zu seinen Beweggründen. "Es war ein provokantes Belächeln", behauptete er. Also habe eine Handgreiflichkeit begonnen: "Im Gerangel bin ich jemandem auf den Kopf gestiegen. Das war keine Absicht."
Seine fremdenfeindliche Gesinnung teilte er offensichtlich mit dem zweiten 23-Jährigen, mit dem er bereits im August 2009 in der U-Bahn-Station am Karlsplatz lautstarke "Sieg heil!"- und "Heil Hitler"-Rufe von sich gegeben hatte. Der Zweitangeklagte nahm wenig später zu einer privaten Party Armbinden mit dem Hakenkreuz und eine SS-Fahne mit und ließ sich bereitwillig damit fotografieren, ehe er in dieser Aufmachung auf die Straße ging und "zwecks Gaudi", wie er den Geschworenen darlegte, nazistische Sprüche brüllte.
Zuletzt hatte der Zweitangeklagte in der U-Bahn einem Serben bzw. einem Tunesier Faustschläge ins Gesicht versetzt, nachdem er sie mit ausländischen Parolen beflegelt hatte. Als er im Stadtpark einen Schwarzafrikaner mit seiner Freundin auf einer Bank sitzen sah, attackierte er das Pärchen verbal und mokierte sich über "diese Rassenschande". Dieser Ausdrucksweise bediente sich der 23-Jährige auch noch, als die Polizei eintraf.
"Ich hab's damals nicht verstanden, dass Schwarze mit Weißen z'samm sind. Wenn man sich den Ausländeranteil anschaut, ist der ziemlich groß. Ich hab mir gedacht, irgendwann gibt's keine Weißen mehr", gab er dazu nun in der Verhandlung wegen absichtlicher schwerer Körperverletzung und nationalsozialistischer Wiederbetätigung zu Protokoll.
Die Anwälte der beiden Angeklagten führten die inkriminierten Verhaltensweisen auf die triste soziale Situation der 23-Jährigen zurück. "Er ist arbeitslos. Mehr oder weniger alkoholabhängig. Er hat keine Perspektive, keine berufliche Aussicht. Er wollte sich einmal wichtig fühlen. Daher die aus der Perspektivlosigkeit der Situation herauskommende Protesthaltung", sagte einer der Verteidiger.
Staatsanwalt Michael Radasticzs bezeichnete die Männer "im Wesentlichen als Rechtsradikale. Sie sind seit 2009 mehrfach im Sinne des Verbotsgesetzes tätig geworden".