Gewalteskalation
Großeinsatz gegen brutale Banden-Kämpfe in Wien
11.07.2024Auf die bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Gruppen von jungen Männern in Wien folgten Schwerpunktaktionen an Hotspots entlang der U6 in der ganzen Stadt. Tenor: Man werde nicht zulassen, dass es Plätze gibt, wo sich die Bevölkerung nicht mehr hintraut.
Wien. Endlich spricht auch die Polizei Klartext: Dass "Leute auf der Straße übereinander herfallen, ist auch für uns nicht alltäglich." Man werde aber den Frieden sicherstellen, betonte Chefermittler Dietmar Berger vom Landeskriminalamt vor Kamerateams im Rahmen einer Aktion bei der U6-Station Jägerstraße in der Brigittenau.
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Scharfe Waffen in Händen von jungen Männern
Der stellvertretende Leiter des Ermittlungsdienstes im LKA weiter: "Wir hatten an aufeinanderfolgenden Tagen zwei Zwischenfälle, die in einem Zusammenhang stehen dürften. In der Brigittenau sind Schüsse gefallen, am Meidlinger Bahnhof ist es zu einer Messerattacke mit vier Verletzten, darunter ein Schädelbruch, gekommen." Und: Man habe 9mm-Hülsen gefunden, es waren also neben Messern, Pfefferspray und Schreckschusspistolen auch scharfe Waffen im Einsatz - "das macht die Situation nicht ungefährlicher."
Frage der Ehre - Fronten klar umrissen
Berger sprach in Bezug auf die Struktur der Gruppen, die derzeit um die "Lufthoheit" im öffentlichen Raum kämpfen, von losen, organisierten Verbindungen, die keinen Bezug zur organisierten Kriminalität aufweisen würden. Die Mitglieder - großteils junge Männer - seien mitunter auch in Familienclans eingebettet, "aber so etwas wie einen Capo gibt es nicht". Die Fronten sind oe24-Recherchen zufolge klar umrissen: Tschetschenen und (Austro-)Türken gegen Syrer der Gruppierung "505/515" , die sich mit Afghanen zusammengeschlossen haben dürften.
In diesem Bereich geht es um Ethnien, die Konflikte haben, es geht unter anderem um gekränkte Ehre. Revierkämpfe innerhalb der Drogenszene schließt die Exekutive nach "derzeitigem Stand" als Wurzeln für die Auseinandersetzungen aus.
Im Zuge der Aktionen am Mittwoch standen unter anderem das Einsatzkommando Cobra, die Diensthundeeinheit, Zivilermittler sowie ein Großaufgebot von uniformierten Kräften im Einsatz. Es kam zu Sicherstellungen von Waffen, Anzeigen und Personenkontrollen sowie -durchsuchungen. Im Hinblick auf die Ermittlungen rechnet die Polizei mit weiteren Ausforschungen und Festnahmen.
Neuerliche Messerattacke - auf eine Tschetschenin
Unterdessen sorgt ein angeblicher Messerüberfall vom Dienstag auf eine verschleierte Tschetschenin in Favoriten für weiteren Zündstoff. Demnach soll ein mutmaßlicher Angreifer die junge Frau vom 1. bis in den 10. Bezirk verfolgt haben. In einer Gasse, wo sie sich verstecken wollte, zückte der Kontrahent ein Taschenmesser und stach ihr in Arm, Bauch und Gesicht: "Ab da wusste ich, dass er einer von den 505ern ist. Es kamen dann Männer wegen meinem Geschrei (es waren zwei Tschetschenen und ein Araber), sie halfen mir, aber sie konnten denn Täter nicht festhalten."
Ob Fake oder Wahrheit - gewisse Kreise schwören bereits bittere Rache.