Der Europäische Gerichtshof sah keine ethnische Diskriminierung durch höhere Preise für Studenten ohne Hauptwohnsitz in Wien. Von dieser Entscheidung sind zahlreiche laufende Verfahren anhängig.
Im Rechtsstreit um die einst höheren Preise der Semestertickets für Studenten ohne Hauptwohnsitz in Wien haben die Wiener Linien nach eigenen Angaben einen großen Fortschritt erzielt. Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien (LGfZRS) wies die Klage einer in der Bundeshauptstadt geborenen Studentin mit Hauptwohnsitz in Niederösterreich zurück, die für den höheren Preis des Tickets ethnische Diskriminierung geltend gemacht hatte. Deren Schadenersatzforderung sei vom Tisch.
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Die Vorgeschichte
Mit dem Sommersemester 2023 glichen die Wiener Linien den Preis für die Semesterkarte für alle Studierenden unabhängig vom Wohnort an. Davor hatte das Ticket für Studentinnen und Studenten mit Wiener Hauptwohnsitz 75 Euro gekostet, ohne Hauptwohnsitz in der Bundeshauptstadt waren es 150 Euro. Dagegen hatten zwei Prozessfinanzierungsplattformen zahlreiche Verfahren angestrengt. Sie machten geltend, dass die Tarifgestaltung ethnisch diskriminierend sei, und forderten die Erstattung der Differenz sowie 300 Euro Schadenersatz pro Ticket.
In einem ersten Urteil vom September 2022 bekamen drei Studierende auch vom Landesgericht für Zivilrechtssachen recht, die zweite Instanz bestätigte das Urteil. Eine Revision war nicht mehr möglich. Die Wiener Linien sahen aber bereits damals die juristische Bewertung dieser Thematik nicht eindeutig und kündigten eine eingehende rechtliche Prüfung der weiteren Vorgangsweise an.
Keine Diskriminierung
"Das Resultat dieser Prüfung war, dass wir die Befassung des EuGH mit diesen Verfahren betreiben mussten", erläuterte Wiener Linien-Sprecher Elias Natmessnig am Freitag im Gespräch mit der APA. Offenbar mit Erfolg: Dieser teilte in einem Vorabentscheidungsverfahren mit, dass er nicht erkennen könne, warum eine Person aus einem anderen Bundesland als Wien ethnisch diskriminiert sein soll. Allein der Hauptwohnsitz könne keine Ethnie begründen. Das Landesgericht für Zivilrechtssachen (LGfZRS) entschied daraufhin nun, dass der Studierenden der Schadenersatz von 300 Euro pro Ticket nicht zusteht, wogegen es auch keine Rechtsmittel mehr gebe.
Offen ist noch die Frage der Ticketdifferenz, bei der das Landesgericht für Zivilrechtssachen das Verfahren an die Erste Instanz - das Bezirksgericht Innere Stadt - zurückverwiesen habe, so die Wiener Linien. Dieses solle sich mit anderen Rechtsgrundlagen noch einmal vertieft mit der Causa auseinandersetzen. Auch hier sehen die Wiener Linien den Entscheidungen optimistisch entgegen: Es habe bereits mehrere Urteile im Sinn des Verkehrsanbieters gegeben.
Entscheidung mit Folgen
An der Frage hängt letztlich auch ein ziemlicher Brocken Geld. Die Prozessfinanzierer hatten bereits im September von 3.000 Studierenden gesprochen, die ebenfalls Prozesse gegen die Wiener Linien angestrengt hätten. Damit geht es bei 75 Euro Differenz und 300 Euro Schadenersatz pro Ticket um eine Streitsumme in Millionenhöhe.