St. Pölten trauert
Hunderte trauerten um die fünf Gas-Opfer
06.06.2010
Drei Tage nach der Gas-Explosion erinnerte sich eine ganze Stadt der Verstorbenen. Bischof Klaus Küng hielt den Gedenkgottesdienst.
„Es ist geschehen und es geht uns alle an. Dieses Unglück hätte auch uns passieren können. Nur Gott weiß, warum.“ Dem St. Pöltner Bischof Klaus Küng steht bei diesen Worten die Fassungslosigkeit ins Gesicht geschrieben.
Bischof Klaus Küng fand würdige Worte zu Unglück
Sonntag, 9 Uhr: Drei Tage nach der verheerenden Gas-Explosion mit fünf Toten finden mehr als 200 Menschen den Weg in die Pfarrkirche St. Josef zur Gedenkmesse für die Opfer – nur wenige Meter vom Unglücksort entfernt. Es sind Angehörige um die sichtlich gezeichnete Teresa W., die ihre Familie verlor (Story rechts). Freunde, Bekannte, Weggefährten der Opfer, und Vertreter der Stadt um Bürgermeister Matthias Stadler. Sie alle sind betroffen, die meisten starren eisern in Richtung Altar, einige weinen. Der erste Schock ist nicht vergangen. Der Altar ist mit Blumensträußen geschmückt, davor werden fünf Kerzen mit lila Schleifen zum Gedenken an die fünf Verstorbenen angezündet.
„Es ist unfassbar, dass ein Haus in sich zusammenstürzt. Wir können beten, dass Gott diese Menschen in die ewige Heimat aufnimmt“, sagt Küng. Er erinnert sich bei der Messe an jedes einzelne Opfer, beschreibt ihren Charakter, den Lebensweg. Jede Fürbitte gilt einem Toten. Ein Bub sagt: „Für Alexandra W., unsere Jungscharleiterin. Sie hat uns plötzlich verlassen ...“ Da stockt vielen Zuhörern der Atem.
Spontanes Lichtermeer am Abend am Rathausplatz
„Es macht uns alle nachdenklich. Der Schock ist viel größer, wenn so ein Unglück direkt in der Nähe passiert. Es hätte jeden treffen können“, sagt eine St. Pöltnerin nach der Messe.
Auch am Abend erinnert sich die ganze Stadt an die fünf Verstorbenen: Mehrere Hundert Menschen entzünden am Rathausplatz Kerzen, Fackeln und Grablichter und sorgen für ein würdiges Lichtermeer. „Wir wollen damit ein Zeichen der Solidarität setzen“, sagt Initiatorin Yvonne Krenn.
Auch drei Tage nach der Explosion ist noch immer nicht geklärt, was die Unfallursache war. Laut Staatsanwalt Karl Fischer werden deshalb ein elektrotechnisches und geologisches Gutachten erstellt. Zwei Gutachten. Der Geologe soll die Durchlässigkeit des Materials prüfen und herausfinden, wie das Gas aus dem Leck in das Gebäude gelangt ist. Der Elektrotechniker prüft, warum es bei der Starkstromleitung am Mittwochabend zu dem Kurzschluss kam, der via Lichterbogen das Gasleck verursacht hat. Beide Gutachter dürften dafür mehrere Monate benötigen. Zudem prüft der Energieversorger EVN mit einer internen Untersuchungskommission, welche Subfirmen und Mitarbeiter vor 20 Jahren die Strom- und Gasleitungen verlegt haben. Wie berichtet, entspricht der Abstand zwischen den Kabeln nicht den gesetzlich vorgeschriebenen 50 Zentimetern. Wahrscheinlich ist, dass die Subfirmen sich nicht an die Vorschriften gehalten haben. Ein Bau-Pfusch könnte also schuld an der Tragödie sein. Unklar ist auch, warum nach dem Stromausfall das defekte Kabel nicht sofort inspiziert wurde, sondern die betroffenen Stadtteile über eine provisorische Schleife versorgt wurden. Nachbarn verunsichert. Indes steigt die Angst der Nachbarn vor einer möglichen zweiten Explosion. Balci Zeynep sagt zu ÖSTERREICH: „Wir haben das Gas selbst abgedreht, werden jetzt via Solar versorgt. Wir haben keine Sicherheit, dass nicht auch unsere Leitungen vor 20 Jahren und nicht vorschriftsmäßig verlegt worden sind.“ Bereits Sonntagnachmittag hatte sie Besuch der EVN. |