Blutige Demos in Brasilien
"Ich floh aus der Rio-Hölle"
23.06.2013
Österreicher lebte 12 Jahre in Brasilien: Mit Familie auf der Flucht.
Die Wut im WM-Land ist ungebremst: Wieder gingen Hunderttausende Brasilianer auf die Straßen, um gegen die Fußball-WM, Korruption und Misswirtschaft zu protestieren. Die Folge waren erneut schlimmste Straßenschlachten.
Der Österreicher und international bekannte DJ Michael Kutalek erlebte die Unruhen in Rio de Janeiro hautnah. Vergangenen Donnerstag hatte er genug. Nach 12 Jahren brach er seine Zelte ab. „Das Chaos ist ein Signal, dass ich zum richtigen Zeitpunkt gehe.“
In den vergangenen drei Jahren sei es immer schwieriger geworden: „Alles wurde teurer. Milch, Reis, Wasser kosten viel mehr als in Österreich, das Durchschnittseinkommen liegt aber nur bei 500 Euro. Die Wirtschaft wächst nicht, die Regierung ist korrupt“, erzählt er. Korruption bestimme den Alltag: „Polizeibeamte lassen sich schmieren. Gibst du ihnen 20 Euro, lassen sie eine Strafe fallen.“
Der DJ-Star erzählt von unfassbaren Missständen im Gesundheitssystem: „Neben dir verbluten Patienten im Vorraum des Spitals, weil es keine Ärzte gibt.“ Die latente Unzufriedenheit sei der Nährboden der Proteste, die sich primär gegen die Fußball-WM richten. Er glaubt, dass die WM nicht stattfindet: „Das Volk ist dagegen.“
"Ein Riesenknall steht bevor"
ÖSTERREICH: Sie lebten 12 Jahre in Rio, jetzt haben Sie das Land verlassen.
Michael Kutalek: Es ist der richtige Zeitpunkt, das Chaos wird immer schlimmer. Polizisten werden geschmiert, es herrscht Misswirtschaft, die Grundnahrungsmittel kosten inzwischen mehr als in Österreich, obwohl der Durchschnittslohn nur bei 500 Euro pro Monat liegt.
ÖSTERREICH: Der gewaltsame Protest richtet sich auch gegen Fußball, Nationalheiligtum der Brasilianer …
Kutalek: Es wurden Stadien gebaut, die eine Milliarde teurer sind als budgetiert und nach der WM nicht genützt werden, wie jenes in der Hauptstadt Brasilia. Ich glaube fast, dass die WM im nächsten Jahr nicht stattfinden wird, weil das Volk dagegen ist.
ÖSTERREICH: Wie geht es jetzt weiter?
Kutalek: Die Politik muss sich was einfallen lassen, ein Riesenknall steht bevor.