Festnahme
In Wien entflohener Terror-Häftling wieder gefasst
03.02.2024Der Häftling der Justizanstalt Josefstadt war Freitagmittag während eines Spitalstermins im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder im 2. Bezirk geflüchtet.
Ein am Freitagvormittag aus einem Wiener Spital geflohener mutmaßlicher Anhänger der radikalislamistischen Terror-Miliz "Islamischer Staat" (IS) befindet sich dank zielgerichteter Fahndungsmaßnahmen der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) wieder in Haft. Der 19-jährige Mahdy C., gegen den von der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt wegen terroristischer Vereinigung (§278b StGB) ermittelt wird, wurde am Samstag kurz nach 8.00 Uhr in Wien-Floridsdorf gefasst.
DSN-Direktor Omar Haijawi-Pirchner zeigte sich mit dem raschen Aufgreifen des Verdächtigen zufrieden. "Dank der professionellen und guten Arbeit unserer Ermittlerinnen und Ermittler in der DSN wurde der Verdächtige nach rascher Fahndung festgenommen. Das schnelle und verlässliche Einschreiten des Verfassungsschutzes ist in einer Gefahrensituation von besonderer Bedeutung, wie die heutige erfolgreiche, rasche Fahndung bewies", meinte Haijawi-Pirchner in einer der APA übermittelten Stellungnahme.
Im Spital entwischt
Der 19-Jährige war aus Krankheitsgründen von der Justizanstalt (JA) Wiener Neustadt in die JA Wien-Josefstadt verlegt worden, weil es dort eine eigene Krankenabteilung gibt. Er hatte einen Termin im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Wien-Leopoldstadt genutzt, um der Justizwache zu entwischen. In diesem Zusammenhang wird ein mögliches Fehlverhalten der ihn begleitenden Beamten geprüft.
Auf Anordnung der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt war am Freitagabend ein Lichtbild des Geflohenen veröffentlicht worden, nachdem das Justizministerium ganztätig nähere Auskünfte zur Person des Entwichenen und der gegen diesen bestehenden Verdachtslage verweigert hatte. Im Palais Trautson berief man sich auf die Unschuldsvermutung, mit Hinweis darauf wurde seitens des von der Grünen Alma Zadic geführten Ministeriums nicht einmal bestätigt, dass es sich bei dem jungen Mann um einen mutmaßlichen IS-Anhänger handelt. Am Abend berichtete dann die niederösterreichische Exekutive, gegen den 19-Jährigen liege ein europäischer Haftbefehl vor.
Vom DSN gefasst
Wie die DSN-Pressestelle bzw. das Innenministerium Samstagmittag bekanntgaben, wurde der von einem Großaufgebot der Exekutive Gesuchte kurz nach 8.00 Uhr von Einsatzkräften der DSN aufgegriffen. Beamtinnen und Beamte der Staats- und Verfassungsschutzbehörde hätten unmittelbar nach der Flucht des 19-Jährigen in Abstimmung mit dem Landesamt Staatsschutz und Extremismusbekämpfung (LSE) Niederösterreich Fahndungsmaßnahmen eingeleitet. Die Festnahme sei "im Sinne der Gefahrenabwehr" nach Anordnung der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt erfolgt, die Identität des Festgenommenen "zweifelsfrei bestätigt".
Möglicherweise hatte der 20-Jährige Fluchthelfer. "Eine potenzielle Fluchtbeteilung durch Fluchthelfer ist derzeit noch nicht auszuschließen und wird aktuell geprüft. Der Verfassungsschutz übergibt den Verdächtigen nach erfolgreicher Fahndung wieder an die Justiz", hieß es seitens der DSN gegenüber der APA. Die Behörde bestätigte außerdem, dass sich Mahdy C. aufgrund des Verdachts der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung in Untersuchungshaft befand: "Er sympathisierte mit dem Islamischen Staat (IS) und wollte sich diesem anschließen."
Wie die Wiener Landespolizeidirektion am Samstagvormittag auf APA-Anfrage erklärte, war es Mahdy C. im Zuge seiner Flucht nicht gelungen, dem ihn eskortierenden Justizwachebeamten Schuss- oder sonstige Waffen zu entreißen. Er dürfte somit zum Zeitpunkt seiner Festnahme unbewaffnet gewesen sein. Ob im Hinblick auf seine offenbar terroristische Gesinnung dessen ungeachtet während seiner Flucht eine Gefährdungslage für die Bevölkerung gegeben war, blieb unklar. Die Wiener Landespolizeidirektion verwies dazu ans Justizministerium, das für die Beantwortung dieser Frage zuständig sei.
FPÖ attackiert Zadic
Die FPÖ fordert indes den Rücktritt von Justizministerin Zadic "im Sinne der österreichischen Sicherheit", wie am Samstagvormittag in einer Presseaussendung festgehalten wurde. "Die grüne Kuscheljustiz unter Ministerin Zadic muss nun rasch ein Ende finden, bevor noch etwas Schlimmes passiert. Da diese Ministerin die Gefängnisse einfach nicht unter Kontrolle hat, muss sie zurücktreten", meinte FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz.
Erst im vergangenen November war es zu einer Serie von Fluchtversuchen aus Justizanstalten in Wien und Niederösterreich im Zuge von Eskorten zu medizinischen Terminen gekommen. In vier von fünf Fällen konnten die geflüchteten Häftlinge wieder durch die Polizei festgenommen werden. Ein 35-jähriger Insasse der Justizanstalt Stein befindet sich dagegen noch immer auf der Flucht. Das Justizministerium reagierte darauf mit 21 Razzien in Anstalten sowie einem Runden Tisch, wo eine Verschärfung der Sicherheitsmaßnahmen beschlossen wurde. Wie dann ausgerechnet einem mutmaßlichen IS-Terroristen die Flucht aus den Händen der Justizwache gelingen konnte, ist insofern unklar, als seitens des Justizministeriums zu den Umständen der Flucht nach wie vor mit Informationen gegeizt wird.
"Diese bedenkliche Pannenserie wird nun hochgefährlich. Nicht nur, dass sich Islamisten in den Haftanstalten ungehindert per Telefon verständigen und ihr terroristisches Treiben organisieren können, ist es mehr als leicht, die Flucht ergreifen zu können", bemerkte FPÖ-Generalsekretär Schnedlitz. Die Justizanstalten seien "übervoll", die Justizwache "sehr überlastet sowie personell, infrastrukturell und finanziell ziemlich ausgedünnt". Für den freiheitlichen Nationalratsabgeordneten Christian Lausch, selbst Justizwachebeamter, ist Zadic "ein Sicherheitsrisiko". Dass "ein Gefährder" (gemeint: der Terrorverdächtige Mahdy C., Anm.) zu einer ärztlichen Untersuchung in eine öffentliche Ambulanz ausgeführt werde, sei zu hinterfragen. Außerdem habe Zadic "ohne Grund die im letzten November veranlassten Sicherheitsanordnungen - die Rückenfesselung und den Bauchgurt -, die nach der Pannenserie im vergangenen Jahr erlassen wurden, Anfang Jänner wieder aufgehoben", berichtete Lausch.
Die Generaldirektion für den Strafvollzug hatte im vergangenen Herbst angesichts gehäufter Fluchtversuche den Justizanstalten die Anweisung erteilt, bei medizinischen Eskorten in Zukunft Häftlingen die Arme hinter dem Körper zu fesseln. Weiters wurden die Justizanstalten darauf hingewiesen, externe medizinische Termine in Spitälern mit Häftlingen seien bis auf weiteres nur unter besonderen Vorkehrungen durchzuführen.