So krank war Österreich seit Jahren nicht: 39 Millionen Tage fehlten die heimischen Beschäftigen 2008 krankheitsbedingt im Job. Männer sind häufiger krank als Frauen.
Österreichs prominentester Kranker befindet sich auf dem Weg der Besserung. Seit letzten Dienstag ist Bundeskanzler Werner Faymann (SP) durch eine schwere Erkältung außer Gefecht gesetzt. „Es fing mit Fieber an, dann folgten Schnupfen und Halsschmerzen – an öffentliche Auftritte war nicht zu denken“, sagt seine Sprecherin Angelika Feigl zu ÖSTERREICH. Heute sollte der Kanzler aber ins Büro zurückkehren.
Faymann befindet sich in guter Gesellschaft: Laut neuesten Daten des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger explodiert die Zahl der Krankenstände in Österreich. Durchschnittlich 12,5 Kalendertage fehlte ein Beschäftigter im vergangenen Jahr im Job, blieb also zweieinhalb Arbeitswochen krankheitsbedingt seinem Arbeitsplatz fern.
2,3 Millionen Tage mehr im Krankenstand
Im Vorjahresvergleich war
damit jeder Österreicher einen halben Tag länger im Krankenstand.
Hochgerechnet auf alle Beschäftigten ergeben sich somit 2,3 Millionen
zusätzliche Tage, die heimischen Beschäftigten im Job fehlten.
Und: Die Gesamtsumme von 38,8 Millionen Krankenstandstagen für das gesamte Jahr wurde das letzte Mal 2000 übertroffen.
Männer häufiger krank
Unterschiede gibt es dabei
zwischen Branchen und Geschlechtern: Männer fehlen durchschnittlich 11,3
Tage pro Krankheit, Frauen nur 10,8 Tage. „Männer haben meist eine höhere
Arbeitsplatzbelastung und werden dadurch auch häufiger krank“, erklärt
Sozialmediziner Michael Kunze. Zugleich werden laut Kunze Arbeitnehmer immer
länger beschäftigt und mit steigendem Alter auch anfälliger für chronische
Erkrankungen.
Krise zeigt Auswirkung
Experten sind sicher: Heuer werden die
Krankenstände zurückgehen. Dies allerdings nicht, weil die Österreicher
gesünder sind, sondern sich der Druck auf sie deutlich erhöht. „Die
Wirtschaftskrise sorgt dafür, dass niemand mehr durch Fehlzeiten negativ
auffallen will, viele werden dann auch krank bei der Arbeit erscheinen“, ist
Wifo-Experte Thomas Leoni überzeugt.
„Frauen gehen öfter zum Arzt“ Sozialmediziner Michael Kunze spricht mit ÖSTERREICH über die Zunahme der Krankenstandstage. ÖSTERREICH: Die Krankenstandsdauer ist 2008 auf durchschnittlich 12,5 Tage pro Beschäftigten gestiegen. Wie erklären Sie sich diese Zunahme? Michael Kunze: Man muss natürlich erst die Detailauswertung abwarten, aber eine wichtige Rolle könnte die Alterung der Gesellschaft spielen. Die Beschäftigten in Österreich altern immer schneller und leiden dadurch auch immer stärker unter länger andauernden Krankheiten. Und auch die chronischen Erkrankungen nehmen deutlich zu. ÖSTERREICH: Männer lassen sich erneut häufiger krankschreiben als Frauen, wie lässt sich das erklären? Kunze: Grundsätzlich hat dies meist mit der unterschiedlichen Arbeitsplatzbelastung bei Männern und Frauen zu tun. Aber trotzdem haben Frauen meist eine höhere Krankheitswahrnehmung und gehen viel häufiger zum Arzt als Männer. ÖSTERREICH: Tischler sind viel häufiger krank als AHS-Lehrer. Liegen die Ursachen dafür auch in der Arbeitsplatzbelastung? Kunze: Ja, mit Sicherheit. Handwerker sind viel stärker körperlichen Belastungen ausgesetzt. Erkrankungen des Bewegungsapparates beispielsweise treten hier viel häufiger auf als in anderen Branchen. |