Graz
Jihadisten-Prozess: Sechs Jahre Haft für Prediger
14.03.2016
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Mit teilweise unbedingten mehrjährigen Haftstrafen ist am Montag der Prozess gegen sechs Tschetschenen zu Ende gegangen. Drei Männer und eine Frau wurden der terroristischen Vereinigung für schuldig befunden, zwei Frauen wurden wegen Falschaussage verurteilt. Die Männer wurden zu fünf und sechs Jahren Haft verurteilt, die Frauen kamen mit drei, fünf und 15 Monaten, großteils bedingt, davon.
Die höchste Strafe, sechs Jahre unbedingt, wurde über einen 42-Jährigen verhängt, der als Imam in einer Grazer Moschee tätig war. Er habe durch seine Predigten Männer bewogen, nach Syrien zu gehen, wenn es ihm auch nicht in allen angeklagten Fällen nachgewiesen werden habe können, hieß es in der Urteilsbegründung. Bei den beiden andern Männern bestehe "an der Schuld kein Zweifel", so der Richter. Beide sind nach Meinung des Gerichts als Kämpfer für die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) tätig gewesen und müssen jeweils fünf Jahre Haft verbüßen.. Die junge Frau, die mit drei Kindern nach Syrien gehen wollte, wurde zu 15 Monaten Haft, davon ein Monat unbedingt, verurteilt. Ihre Schwester und ihre Mutter kamen wegen Falschaussage mit drei bzw. fünf Monaten bedingt davon.
Hauptverdächtiger war 42-Jähriger Imam
Der Prozess hatte am 5. Februar begonnen, nur sechs von ursprünglich acht Angeklagten waren erschienen. Die Hauptrolle spielte jener 42-Jährige, der in der Funktion eines Imam - ohne offizielle Ausbildung - in einer Grazer Moschee tätig war. Ihm wurde vorgeworfen, mehrere junge Männer nach als Kämpfer nach Syrien vermittelt zu haben, von denen einige bereits kurz nach ihrer Ankunft ums Leben kamen. Unter ihnen war auch der Mann jener Angeklagten, die nach seinem Tod mit ihren drei Kindern nach Syrien ziehen wollte. Ausschlaggebend für die Auswanderungsgedanken soll auch das Angebot des Imams an sie gewesen sein, seine dritte Frau zu werden.
Familie verhinderte Ausreise
Die Schwester und die Mutter der junge Frau verhinderten die Ausreise, indem sie sie anzeigten und durchblicken ließen, sie wolle sich dem IS anschließen. Doch später zogen sie ihre Aussage zurück, weswegen sie wegen Falschaussage auf der Anklagebank landeten. Doch der Staatsanwalt hatte ein gewisses Verständnis für alle drei Frauen: "Es war eine Situation unmittelbarer Not", meinte er.
Einer der beschuldigten Männer war in Syrien, angeblich um einen Film zu drehen, mit dem er Geld für den Kampf in Tschetschenien auftreiben wollte. Der dritte Angeklagte soll für den IS gekämpft haben, hat das aber stets geleugnet. Ein ehemaliger Kämpfer, der nun im Zeugenschutzprogramm ist, hatte ihn belastet.
Strenge Strafen gefordert
Der Ankläger forderte für alle drei Männer strenge Strafen: "Österreich ist ideal für die Tschetschenen, die Männer können nach Syrien kämpfen gehen und die Frauen werden hier vom Staat versorgt. Das ist ein extremer Missstand, der hier zutage kommt." In Syrien gehe es beim IS gar nicht um den Kampf gegen Machthaber Assad, sondern "um Raub, Mord und Versklavung." Das alles sei nichts anderes als "praktizierter Faschismus mit Führerkult, eine Kriegsverherrlichung sondergleichen, wie bei den Nationalsozialisten oder Stalin, immer der gleiche Mist", wetterte der Staatsanwalt. Die Männer "sind nur groß, wenn sie eine Maschinenpistole haben, sonst sind sie sehr, sehr feig und schicken ihre Frauen vor, um zu lügen", fuhr er auf die Angeklagten gemünzt, weiter fort.
Die verurteilten Männer entschieden sich sofort für Berufung, die Frauen nahmen an oder erbaten drei Tage Bedenkzeit. Der Staatsanwalt kündigte Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an. Das Urteil ist damit nicht rechtskräftig.