Selbst von seiner Zelle aus schafft er es, das Land zu schockieren.
Die Justizanstalt Stein bei Krems, an einem kalten Oktobertag vergangene Woche. Wolfgang Ainetter, Reporter der deutschen Bild-Zeitung, wird von Justizwachebeamten in den Besucherraum der Anstalt geführt.
Überall im Gebäude stehen bewaffnete Sicherheitskräfte, jeder Schritt wird genau überwacht. Besonders hier, in der „Abteilung für geistig abnorme Rechtsbrecher“. Seit eineinhalb Jahren sitzt Josef Fritzl hier mit den 90 gefährlichsten Verbrechern Österreichs in Haft. Die Schuld des alten Mannes wiegt schwer: Mord, Sklavenhandel, Vergewaltigung, Freiheitsentziehung, schwere Nötigung, Blutschande – diese Verbrechen brachten Fritzl lebenslang hinter Gitter. Und seither schwieg er. Bis jetzt.
„Ich bin weltberühmt!“
Als Josef Fritzl zu den Reportern gebracht wird, wirkt er gefasst. Er trägt ein Flanellhemd, Jeans und Schlapfen. Ist sogar zu Scherzen aufgelegt. „Josef Fritzl, grüß Gott! Aber ich muss mich ja nicht vorstellen. Ich bin ja weltberühmt.“ Als Reporter Ainetter ihn auf seine Verbrechen im Kellerverlies von Amstetten anspricht, verfinstert sich die Miene. „Ich will darüber nicht sprechen“. Verspürt er denn Reue für das, was er 24 Jahre lang seinen Angehörigen angetan hat? Dafür, dass seine „Opfer“ im Keller hausen mussten. Der alte Mann weicht aus, faselt etwas von „Liebe“, verdrängt die Fakten.
Lieber spricht er über den Alltag in seiner 11,5-Quadratmeter-Zelle mit Blick auf die Weinberge. Hier züchtet er Pfefferoni, Paprika und Tomaten. An der Wand hängt ein Fernseher, 38 Programme kann er empfangen. Am liebsten schaut Fritzl die Sitcom „Two and a half Men“ mit US-Superstar Charlie Sheen – zur Ablenkung. Fritzl: „Das lockert mich auf“.
Fantasie-Welt
Der Knast-Alltag beginnt für Fritzl früh: 5.30 Uhr wecken, Waschen, Gymnastik und Frühstück. Als „Hausarbeiter“ schrubbt er dann die Flure, zu Mittag teilt er Essen aus.
Immer an seiner Seite: Zwei Aufpasser. Selbstmordgefahr! Am Nachmittag hat er Hofgang. Zeit zum Nachdenken. Etwa darüber, dass ihn hier noch nie jemand besucht hat, niemand auf seine Briefe reagiert. Fritzls Erklärungen dazu entstammen einer anderen Welt: „Sie werden bestimmt von der Anstalt abgefangen, damit sie nicht zu mir können.
Die besten Passagen aus dem Fritzl-Interview im Wortlaut:
- Fritzl über Kontakte zu Angehörigen: „Ich habe acht Briefe geschrieben. Ich habe nie eine Antwort bekommen.
- Fritzl erklärt, warum er seinen Ehering nicht trägt: „Ich habe Angst, dass ihn mir hier jemand stiehlt“.
- Fritzl über Zukunft: „Mein Traum ist, dass ich es noch erlebe, hier lebendig rauszukommen. Ich würde später gerne meine Frau pflegen.“
- Fritzl darüber, dass er von niemandem besucht wurde: „Sie werden bestimmt alle von der Anstalt abgefangen, bevor sie zu mir kommen können.“
- Fritzl über seine Lieblings-Serie im Fernsehen: „Meine Lieblingsserie ist „Two and a Half Men“ mit Charlie Sheen. Das lockert mich auf, das brauche ich zum Lachen. Es zerstört doch die Seele, wenn man immer todtraurig ist.“
- Über die Gefahr, dass er sich etwas antut: „Zwei Beamte sind immer bei mir – zu meinem Schutz“. Und über die Mithäftlinge: „Viele Inhaftierte kommen mit ihren Sorgen zu mir. Ich bin ein guter Psychologe“
- Auf die Frage, ob er angesichts seiner Taten irgendeine Art von Reue verspürt: „Dazu will ich nichts sagen.“