Fenstersturz-Drama
Jugendamt will unbefristete Obsorge für Rengina
08.01.2008
Die Aussagen des Mädchens sprechen für die Befürchtung. Laut Polizei gibt es noch kein eindeutiges Ärzteurteil.
Nach dem glimpflich ausgegangenen Sturz eines zehnjährigen Mädchens aus dem dritten Stock eines Wiener Wohnhauses, will das Jugendamt das unbefristete Sorgerecht für die kleine Bulgarin. Der Unfall am Samstagvormittag im Bezirk Wieden brachte ältere Verletzungen und damit den Verdacht auf Misshandlung ans Tageslicht. Erzählungen des Mädchens sprechen laut Jugendamtssprecherin Gabriele Ziering für diese Befürchtung. Bei der Polizei hieß es am Dienstag, es gebe kein eindeutiges Urteil der Ärzte.
"Rengina hat schon einiges erlebt"
"Es schaut
schon eher in diese Richtung aus, dass sie da einiges erlebt hat",
meinte Ziering über die Vergangenheit des Mädchens. Nachdem das
Krisenzentrum der Familie bereits am Samstag die Obsorge kurzfristig
entzogen hatte, wird das Jugendamt nun einen gerichtlichen Antrag auf eine
Verlängerung einbringen. Das Sorgerecht soll dem Amt dabei bis auf weiteres
unbefristet übertragen werden.
Ursache der Verletzungen noch nicht eindeutig geklärt
Den
Verdacht auf Misshandlung gebe es weiterhin, laut Ärzten lassen sich die
Verletzungen des Mädchens jedoch nicht eindeutig auf eine Ursache
zurückführen, hieß es am Dienstag bei der Polizei. Die Ermittler nehmen
weiterhin an, dass das Mädchen nicht versehentlich beim Spielen aus dem
Fenster gestürzt ist. Vielmehr dürfte das alleine in der Wohnung
eingesperrte Kind zu flüchten versucht haben. Die Zehnjährige hatte laut
eigenen Angaben Angst vor der Mutter.
Mutter: "Vernachlässigung keine Misshandlung"
Die
Frau und ihr Halbbruder bestreiten den Misshandlungs-Verdacht weiterhin. Die
Staatsanwaltschaft wird nun anhand des Ermittlungsberichts über eine Anklage
entscheiden. Die Mutter und ihren Halbbruder wurden wegen Vernachlässigung
der Aufsichtspflicht, Freiheitsentziehung und Quälens oder Vernachlässigens
von Kindern und wehrlosen Personen angezeigt.
Rengina will zurück nach Bulgarien
Am Dienstag fand ein
ausführliches Gespräch des Mädchens mit einer Psychologin statt, so das
Jugendamt. Die Zehnjährige wolle derzeit von ihrer Familie - ihrer Mutter
und ihrem Onkel - weg. Bei der Polizei äußerte das Kind, das gemeinsam mit
ihrem Onkel vor fünf Monaten nach Wien gekommen war, den Wunsch zu ihren
Verwandten nach Bulgarien zurückkehren zu wollen. Die Mutter ist bereits
seit acht Jahren in Österreich.
"Mädchen völlig erschöpft"
Eine Rolle
bei diesen Aussagen spiele sicher auch der Schock, meinte Ziering. Wichtig
sei es daher, sich für eine Entscheidung Zeit zu nehmen. "Das
Mädchen ist natürlich völlig erschöpft", berichtete
die Sprecherin. Nach der Aufregung brauche die Zehnjährige jetzt vor allem
Ruhe. Bis Freitag oder Montag soll die Kleine zur Erholung noch im Spital
bleiben. Nach der Entlassung werde sie in einem Krisenzentrum betreut.
Schutzengeln retteten sie
Der Sturz des Mädchens aus dem Fenster
am Samstagvormittag wurde von einem Passanten und einem Polizisten
abgefangen. Die kleine Bulgarin wurde leicht verletzt und mit Prellungen und
einer leichten Gehirnerschütterung ins Spital gebracht. Der Fußgänger erlitt
ebenfalls Prellungen. Der 15-jährige Halbbruder der Mutter hatte das Kind
knapp drei Stunden alleine in der Wohnung in der Rainergasse eingesperrt. Er
hätte während der Arbeitszeit der Frau auf das Mädchen aufpassen sollen.
Bisher war die Familie dem Jugendamt nicht aufgefallen.