Julia Kührers 20. Geburtstag

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Seit vier Jahren ist Julia Kührer wie vom Erdboden verschluckt. Heute wäre sie 20 – und noch immer gibt es nicht den Hauch einer Spur von ihr.

Zum Feiern ist in Pulkau niemanden zumute: Nicht den Eltern (die Blumen in Julias Zimmer legen). Nicht ihren Freunden, denen angesichts des Datums auch zum Weinen sein wird. Und auch den Ermittlern der Cold-Case-Gruppe im Bundeskriminalamt nicht, denen der erste große Fall enorme Kopfzerbrechen bereitet: Julia Kührer ist nach Natascha Kampusch definitiv der größte Vermisstenfall der heimischen Kriminalgeschichte. Obwohl seit ihrem Verschwinden mehr als 200 Hinweise eingingen, gibt es weiter nichts – als die Hoffnung.

Täglich neue "Spuren"
Fast täglich tauchen neue Spuren auf – wie erst vor wenigen Tagen, als eine alte Dame in Favoriten in der frisch eingezogenen Nachbarin Julia erkannte – doch die Fahnder legten wieder nur leere Kilometer zurück. Der aberwitzigste Tipp übrigens, dass der Teenager in einen Harem in Dubai verschleppt wurde – stammte von einem Gefängnisinsassen, der sich Hafterleichterung erhoffte. Die drei Verdächtigen eines Waldviertler Haschisch-Freundeskreises gelten auch als „kalte Spur“.

Bekannt geworden ist jetzt die Schilderung eines Zeugen, der Julia knapp vor ihrem Verschwinden am 27. Juni 2006 gesehen hat. Damit lässt sich die Chronologie der Tragödie etwas genauer beschreiben.

  • Um 13.30 Uhr kommt sie mit dem Schulbus von Horn nach Pulkau und steigt als allerletzter von zwei Fahrgästen am Hauptplatz aus dem Bus aus.
  • Die Freundin, die mit ihr im Bus war, geht heim.
  • Der Sohn einer Frendin von Julia Mutter, der an dem Tag am Bankomat am Hauptplatz Geld behob, beim Schlecker eine Eistee kaufte und bei seinem Auto eine rauchte, gibt zu Protokoll: Er habe Julia aus dem Augenwinkel gesehen, wie sie mit einer Frau und zwei jungen Männern redet. Sie sind jung wie Julia, das Gespräch scheint harmlos.
  • Außerdem kommt dem letzten Zeugen noch entgegen der Parkordnung abgestelltes graues Auto spanisch vor, das in der Nähe von Julia und den Fremden stand.
  • Dann bekommt – am helllichten Tag mitten im Ort – keiner mehr irgendwas mit. Um 14.30 erhält Julia von ihrer Freundin, mit der sie schwimmen gehen wollte, eine SMS: „Bleibt´s bei 15 Uhr im Bad?“ Keine Antwort. Das Handy war in Horn in der Lagerhausstraße eingeloggt, ehe das Mobiltelefon ganz abgedreht wurde. Seitdem: nur noch Schweigen. Vier Jahre jetzt schon.

Julias Mutter: „Ich schenke Julia heute weiße Rosen“

ÖSTERREICH: Heute hat Julia 20. Geburtstag. Wie werden Sie und Ihre Familie diesen Tag nach vier Jahren verzweifelter Suche verbringen?
Brigitte Kührer: Julia bekommt von uns weiße Rosen, weil sie so gut zu ihrer Jugendlichkeit passen. Sie hat immer frische Blumen in ihrem Zimmer stehen und zum Geburtstag eben Rosen.

ÖSTERREICH: Aber werden Sie Julia auch etwas schenken, quasi symbolisch?
Kührer: Ja, sie bekommt was von uns, wir investieren in ihre Vorsorge, das ist uns wichtig.

ÖSTERREICH: Nach der Aufregung rund um die Verhaftungen hat sich jetzt alles wieder gelegt. Sind Sie enttäuscht?
Kührer: Ich hatte nie so große Erwartungen, darum ist auch die Enttäuschung nicht so groß. Wir wissen, dass die Polizei weiter intensiv arbeitet.

ÖSTERREICH: Können Sie sich noch an die Geburt von Julia erinnern?
Kührer: Ich hatte selbst drei Brüder und dann zwei Söhne. Als ich wusste, es ist eine Tochter, war klar, sie wird der Sonnenschein in meinem Leben– ich vermisse sie.

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