U-Haft boykottiert
Justiz-Skandal um Todes-Cop in Krems
11.03.2010
Bombe am zweiten Tag im Prozess gegen Andreas K.: Bei den Ermittlungen gegen ihn fand sich tagelang kein zuständiger Staatsanwalt.
Selten noch ist ein Strafprozess so gekippt wie das Verfahren gegen den Polizisten Andreas K. wegen „fahrlässiger Tötung“. Bis zur Verhandlung galt der Streifencop (43) als tragische Figur, womöglich selbst in Lebensgefahr und jedenfalls heillos überfordert, als er in einem Kremser Supermarkt den 14-jährigen Einbrecher Florian P. erschoss.
Notwehr bröselt.
Doch schon am ersten Tag vor Gericht
bröselte die Notwehr-These des Angeklagten weg wie ein kariöser Zahn.
Andreas K. konnte nicht verständlich machen, warum ihn ein flüchtender
Jugendlicher derart Angst gemacht haben soll, dass er ihm in den Rücken
schoss. Was den brillanten Richter Manfred Hohenecker zur Vermutung brachte:
„Sie standen unter Adrenalin, sind dem Täter mit gezogener Waffe nach. Sie
waren auf der Jagd, kann man das so sagen?“ Die Antwort: „Blödsinn“.
Empörung.
Donnerstag geriet Andreas K. auch noch ins
Sperrfeuer aus eigenen Reihen. Denn der Vorsitzende verlas eine brisante
Aktennotiz. Hintergrund: Zur Klärung des Falls wurde eine
Polizei-Sonderkommission eingesetzt. Der Todesschütze verweigerte aber
tagelang jede Aussage, weil er angeblich unter Schock stand. Also wollte
Soko-Leiter Oberst Wolfgang Palmetshofer einen Psychiater beiziehen. Und um
Absprachen zu vermeiden, wurde sogar die Verhängung der U-Haft über Andreas
K. erwogen. Bloß: Bei der Staatsanwaltschaft Korneuburg fand die Soko fast
eine Woche lang keinen Ansprechpartner.
Der baffe Oberst hielt das in einer Aktennotiz fest – und stand gestern auch als Zeuge zu seiner Empörung: „Ich habe vom Portier die Handynummer eines Journalrichters bekommen, wurde aber nie zurückgerufen.“ Wurde Ordnungshüter Andreas K. durch Weisungen geschützt, weil sich nach dem Drama mächtige Politiker für ihn stark gemacht hatten („Wir lassen uns die Polizei nicht schlechtreden“)?
Amnesty International glaubt die Antwort zu kennen und spricht von einem „unfassbare Skandal“. Das Urteil ergeht heute.