Ex-Nazi

Asner soll doch vor den Richter

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Während 4 Gutachter Ašner die Prozessunfähigkeit bescheinigen, gibt er Interviews und trinkt. Nun soll ihn ein Einzelrichter vernehmen.

Die Aufregung um den 95-jährigen Milivoj Ašner, die Nummer vier auf der Liste der meistgesuchten Nazi-Kriegsverbrecher, lässt nicht nach. Von offizieller Seite gilt er als nicht vernehmungsfähig obwohl er zuletzt während der EURO beim Feiern in der Klagenfurter Fanzone fotografiert wurde und schließlich ein Interview gab, in dem er seine Vergangenheit verteidigte. Die Ehefrau des mutmaßlichen Nazi-Verbrechers, Edeltraut Ašner, stellte in Interviews klar: „Mein Mann will und kann das Interview in der Form gar nicht gegeben haben.“ Er leide an schwerer Demenz, berichtet Frau Ašner – und stellt in Abrede, dass er sich vor Gericht verantworten wolle. Nun ist aber eine Einvernahme durch einen Einzelrichter möglich, bei dem ein Sachverständiger anwesend ist, wie der ORF meldete.

Interview
Gegen seine "Prozessunfähigkeit" spricht ein zweites Interview, das der von Interpol Gesuchte dem Journalisten Gerhard Tuschla für den ORF-Report gegeben hat. ÖSTERREICH kontaktierte den Reporter – der von einem „jovial wirkenden, Whiskey trinkenden alten Herrn“, berichtet, der einen sehr klaren Eindruck gemacht habe. Tuschla über seinen Besuch in der einfachen Wohnung der Ašners im dritten Stock, in der Klagenfurter City gelegen: „Unser Gespräch hat eineinhalb Stunden gedauert. Er hat jede Frage verstanden, und die Antworten von ihm waren klar und deutlich.“

„Unschuld beweisen“
Dem Besucher kam der rüstige Pensionist (wie seinem britischen Vorgänger) keineswegs demenzkrank vor – im Gegenteil: „Ašner hat mir gegenüber wiederholt, was er schon im ersten Interview sagte: dass er gesund sei und dass er unschuldig sei“. Der 95-Jährige, der sich nach dem Gespräch ein Glas Whiskey gönnte, wiederholte laut Tuschla auch, dass er „bereit sei, seine Unschuld vor jedem Gericht zu beweisen“.

Will sich doch stellen?
Doch abgesehen davon, meldete sich Ašner nun auch im kroatischen Fernsehen zu Wort und zeigte damit, dass er sehr wohl noch Herr seiner Sinne wäre. Er habe ein reines Gewissen, sagte er in einem am Donnerstag ausgestrahlten Interview mit dem öffentlich-rechtlichen kroatischen Fernsehen HTV. Er sei bereit auszusagen, weil er glaube, dass man alle Vorwürfe gegen ihn fallen lassen würde, "wenn das Gericht in Ordnung ist", fügte Asner hinzu.

Er habe nur die kroatische Politik ausgeführt, und "Serben, Juden oder Roma, die loyale Bürger des kroatischen Staates waren, hatten keine Probleme".

Nazi-Verbrechen
Die Aufregung über sein Auftreten ist in jedem Fall groß. Ašner war immerhin im Zweiten Weltkrieg Chef der faschistischen Ustascha-Polizei im kroatischen Požega und steht nun auf Platz vier der vom Simon-Wiesenthal-Zentrum veröffentlichten Liste der meistgesuchten Nazi-Kriegsverbrecher. Die Ustascha-Bewegung war berüchtigt dafür, vor allem Serben, Juden und Roma mit Messern, Beilen und Gewehrkolben brutal zu ermorden. Der damals knapp 30-jährige Ašner soll maßgeblich an Deportationen und Vertreibungen beteiligt gewesen sein. 1945 flüchtete er nach Österreich, wo er 1946 die Staatsbürgerschaft erhielt.

Staatsbürgerschaftsfrage
Nicht geklärt werden konnte, ob Asner nach wie vor österreichischer Staatsbürger sei. Asner kehrte Anfang der 1990er Jahre - nach dem Zerfall Jugoslawiens - nach Kroatien zurück und beantragte dort die kroatische Staatsbürgerschaft. Damit verlor er automatisch die österreichische Staatsbürgerschaft. Vor einigen Jahren tauchte er jedoch in Klagenfurt auf und erklärte, er wolle die kroatische Staatsbürgerschaft beantragen und die österreichische behalten. Dies sei ihm gewährt worden, zum damaligen Zeitpunkt habe es keine Veranlassung für eine Ablehnung gegeben, sagte ein Beamter der Landesregierung.

Justiz lässt prüfen
Helmut Jamnig, Sprecher der Klagenfurter Staatsanwaltschaft, weist auf vier Gutachten hin, die eine Verhandlungs- und Vernehmungsfähigkeit des heute 95-jährigen Ašner ausschließen. In den nächsten zwei Wochen soll aber noch einmal geklärt werden, ob sich der Gesundheitszustand geändert habe. Der letzte Stand ist jedoch, dass Asner nach wie vor offiziell "vernehmungsunfähig" ist, wie die Sicherheitsdirektion noch einmal am Freitag unterstrich.

Gutachter wehrt sich
Der renommierte Gutachter Reinhard Haller, der den Zustand von Milivoj Ašner erst im April eingehend untersuchte, ist im Gespräch mit ÖSTERREICH tief gekränkt von den Unterstellungen, es handle sich um ein „Gefälligkeitsgutachten“. „Aus einem oberflächlichen Gespräch oder einem Foto werden jetzt Schlüsse gezogen, für die Fachleute sehr viel Zeit, Mühe und Aufwand brauchen. Gehen Sie in ein Altersheim mit Demenzkranken. Zwei Drittel werden noch mobil sein, man wird oberflächlich ganz ordentlich mit ihnen sprechen können“, so Haller. Laut Gesetz muss eine Person den Sinn des Verfahrens erkennen, das Verfahren verfolgen und die Rechte sinnvoll wahrnehmen können.

Lob von Haider
Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider (BZÖ) meint indes: „Er soll seinen Lebensabend bei uns verbringen dürfen. Er ist seit Jahren ein Klagenfurter Bürger, der friedlich bei uns lebt. Das ist eine nette Familie, wir schätzen sie sehr.“

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ÖSTERREICH: Gibt es nun neue medizinische Untersuchungen bei Milivoj Ašner?

Helmut Jamnig: Das letzte Gutachten stammt vom 24. April 2008, ist also nicht einmal zwei Monate alt. Es wurde jetzt aus Anlass der Berichterstattung ein Ermittlungsauftrag an die Sicherheitsbehörden gegeben, um zu erheben und zu ermitteln, ob allenfalls eine deutliche Erhebung im psychischen und physischen Zustand des Herrn Ašner eingetreten wäre. Ich rechne damit, dass der Ermittlungsbericht in den nächsten ein bis zwei Wochen vorliegt.

ÖSTERREICH: Warum gab es bisher keine Verfahren?

Jamnig: Es hat sich aufgrund von vier Gutachten, die im Zeitraum von eineinhalb Jahren von Sachverständigen eingeholt wurden, ergeben, dass er wegen seines physischen und psychischen Zustandes weder verhandlungs- noch vernehmungsfähig ist.

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