Seit Jörg Haider in den Tod gerast ist, versteckt sich die Lenkerin, die er vor seinem Unfall überholt hat. ÖSTERREICH hat sie gefunden.
Auch 63 Tage nach Jörg Haiders Todescrash brennen am Unfallort Dutzende Kerzen. Dahinter steht auf einer Tafel: „Kärnten will die Wahrheit. Lauter offene Fragen! Wir haben ein Recht auf Antworten.“
Abgeschirmt
Zu den größten Mysterien gehört: Wer ist die Lenkerin, die Haider am 11. Oktober um 1.18 Uhr mit etwa 170 km/h überholte – und Sekunden später die Herrschaft über seinen VW Phaeton verlor? Erst hieß es, sie sei Slowenin. Später wurde sie abgeschirmt wie eine Kronzeugin in einem Mafia-Verfahren. Jetzt hat ÖSTERREICH sie gefunden – und damit eines der Rätsel gelöst. Denn was Sandra S., 37 Jahre alt und zweifache Mutter, seit dem Unfall erlebt hat, macht klar, warum die sich lieber versteckt.
(c) Florian Müller
1) Um kurz nach 1.00 Uhr überholt Haider knapp vor Lambichl einen PKW in einer Kurve. |
Staubwolke
Bereits sechs Stunden nach dem Crash wurde die Kärntnerin ins Stadtpolizeikommando Klagenfurt bestellt und dort ab 8.30 Uhr von Inspektor G. (Dienstnummer 8352) einvernommen. Sandra S. gab an: „Ich war auf dem Heimweg (sie wohnt nur drei Minuten vom Unfallort entfernt – Red.) und fuhr mit 70 km/h auf der Rosentalerstraße, als ich im Rückspiele die Lichter eines Autos sah. Der Wagen hat mich dann sehr schnell überholt.“ Gleich darauf erschrak die Lenkerin über „eine riesige Staubwolke“. Jörg Haider war beim Einlenken in die rechte Fahrspur in den Tod gerast. Sandra S. stoppte und rief in Panik ihren Ehemann Christoph an, danach erst die Polizei. Der Gemahl war auch noch vor der Exekutive am Unfallort: „Er sah die Beine aus dem Wrack ragen und hat gesagt, da ist nichts mehr zu machen.“
Beschuldigt
Fatal für die Kärntnerin die Dachzeile des Protokolls: „Einvernahme der Beschuldigten wegen fahrlässiger Körperverletzung“. Zwar wissen Juristen: Nach schweren Unfällen werden Beteiligte grundsätzlich als „Beschuldigte“ ausgewiesen, weil ihnen das bis zur Klärung des Sachverhalts mehr Rechte garantiert (Anwaltsbeistand, keine Wahrheitspflicht). Aber mit der Punzierung war der Nährboden für Gerüchte gelegt, zumal das Protokoll offenbar nicht unter Verschluss geblieben ist.
Anonyme Anzeige
Resultat: Am 31. Oktober langte in der Anwaltskanzlei von Ex-Justizminister Dieter Böhmdorfer eine anonyme Anzeige ein. Die Kernsätze daraus: Sandra S. sei nicht, wie angegeben, auf dem Heimweg gewesen, weil ihr Haus in Fahrtrichtung hinter dem Unfallort liegt (was nicht stimmt). Womöglich sei sie Haider in Wahrheit entgegengekommen und habe ihn zu einem Ausweichmanöver gezwungen. Stimmig mit dieser Theorie die Fragen des Anzeigers: „Warum hat sie ihren Mann vor der Polizei zu Hilfe gerufen? Und wurde ein Alkotest gemacht?“ In Summe nicht mehr als Gemunkel eines „aufmerksamen Bürgers“ – aber verheerend für eine Frau, die weiß, dass ihr halb Kärnten heimlich Vorwürfe macht. Also sucht Sandra S. den Schutz der Anonymität.
Geschockt
Trotzdem blieb die Kärntnerin freundlich, als ÖSTERREICH vor ihrem schmucken Haus stand. Sie bat nur um Verständnis: „Ich bin noch immer schwer geschockt und möchte nie mehr über den Unfall sprechen.“ Nur für Witwe Claudia Haider hat sie eine Ausnahme gemacht. Die beiden Frauen sind miteinander im Reinen.