Verärgerte Kärntner, schockierte Touristen. Die 45 Euro teure "Pilz-Vignette" in Kärnten bringt die Gemüter zum Kochen.
Die Einhebung einer Gebühr für das Pilze-Sammeln im Kärntner Lavanttal schlägt hohe Wellen. Während sich die einheimische Bevölkerung vehement zur Wehr setzt und die Maßnahme der Waldbesitzer auch bei Urlaubsgästen auf Unverständnis stößt, verteidigt der Präsident der "Land&Forst Betriebe Österreich", Felix Montecuccoli, die Aktion. Einen Kampf gegen "Ausbeutung" und "Raubrittertum" - eine Saisonkarte für das Pilze-Ernten auf der Koralpe kostet jetzt 45 Euro - kündigen hingegen die Gegner an.
Nur der liebe Gott berechtigt
"Es darf niemals passieren, dass
fürs Schwammerln-Klauben eine Lizenz vergeben wird. Nur der liebe Gott
allein wäre berechtigt zu entscheiden, wer die Früchte des Waldes ernten
darf", sagte Kärntens bekanntester Aktionist Reinhard Eberhart. Eberhart,
Erfinder des Lavanttaler Brathuhnfestes "Gackern", gibt sich radikal: "Die
Forderungen Adeliger, die jahrhundertelang die Bevölkerung ausgeplündert
haben, sollten ein für alle Male der Vergangenheit angehören."
Ins selbe Horn stößt ein langjähriger SPÖ-Funktionär aus der Bezirksstadt Wolfsberg: "Sie haben kein Recht dazu, den Wald abzusperren. Das nächste Mal werden wieder Zäune aufgestellt und wir kommen zurück ins tiefe Mittelalter, wo der Einzelne nichts gezählt hat." Und eine Mitarbeiterin am LKH Wolfsberg: "Das erinnert mich an die Raubritter."
Verärgerte Touristen
Aber auch bei ausländischen Gästen
stieß die Anfang der Woche bekannt gewordene Aktion von fünf - teils
adeligen Waldbesitzern - auf großes Unverständnis. "Ik ben geschokt", meinte
eine 79-jährige Niederländerin. Sie verbringe seit 39 Jahren alljährlich
ihren Urlaub in Kärnten, genieße die "Schönheit und Freiheit des
wunderbarsten Bundeslandes Österreichs", doch eine "Waldabgabe" sei ihr
unverständlich, sagte Jeanne Wassink aus Boxtel. Und ihre Tochter pflichtete
ihr bei: "Wir müssen auch nichts bezahlen, wenn wir im Meer nach Muscheln
suchen."
Dass die neue Aktion rechtens und notwendig sei, glauben jedoch der Sprecher der Waldbesitzer-Gruppe, Dominik Habsburg-Lothringen, sowie Forstbetriebe-Vertreter Montecuccoli: Man wolle den Raubbau an der Natur verhindern, die Menge der gesammelten Pilze verringern und die ausufernde Zahl an Touristen und Waldbesuchern lenken. Habsburg: "Wir sehen einfach das Problem, dass die einheimische Bevölkerung, aber auch manche Ausländer, sich überhaupt nicht an die gesetzlichen Regelungen halten. Es kommt zu einer Überflutung des Waldes."
"Raubbau" an Pilzen
Kärntens Naturschutzreferent
Landesrat Uwe Scheuch (B) sieht die Sachlage differenziert: Einerseits nehme
der Raubbau an Pilzen in Kärntens Wäldern ständig zu, auf der anderen Seite
sehe er den jetzigen Schritt der Lavanttaler Grundbesitzer als eine
"überzogene Reaktion" an. "Es ist nämlich offensichtlich, dass damit die
Kärntner Schwammerlsucher, auch wenn sie das Gesetz befolgen, bestraft
werden, meinte Scheuch. In Kärnten seien pro Person und Tag zwei Kilo
Erntens dieser Waldfrüchte erlaubt, und seines Wissens nach würden sich 99
Prozent der Bevölkerung daran halten, gibt der BZÖ-Politiker zu bedenken.
Sehr wohl müsse aber dem professionellen "Abgrasen" der Kärntner Wälder Einhalt geboten werden, betont Scheuch. Man habe deshalb auch alle möglichen Kontakte zu Regierungsstellen und Behörden des benachbarten Italien geknüpft sowie mehrsprachige Broschüren über die Gesetzeslage aufgelegt. Die Sache im Lavanttal gefällt dem Landesrat aber nicht wirklich.
Kämpferisch gibt sich Eberhart: "Die Herrenpilze durften damals auch nur von den sogenannten Herren gepflückt werden. Damals wie heute sind aber Wilderer Helden. Deshalb fordere ich alle Kärntnerinnen und Kärntner im Lavanttal zum Schwammerl-Wildern auf."