Claudia Haider im Interview mit Österreich: "Ich versuche Aufklärung in das Geschehene zu bringen. Es gibt viele Fragezeichen".
ÖSTERREICH: Frau Haider, Sie dementieren in der deutschen Illustrierten
„Bunte“ erstmals die Gerüchte, dass Ihr Mann homosexuell gewesen sei. Warum
haben Sie sich zu diesem Schritt entschlossen?
Claudia Haider: In
Deutschland waren die Gerüchte besonders heftig, viel heftiger als in
Österreich. Als er noch lebte kamen die Gerüchte immer wieder auf, aber da
konnte er sich selbst wehren. Jetzt muss ich es für ihn tun, weil die
Gerüchte nicht haltbar sind. Jörg war nicht homosexuell. Hätte ich einen
Verdacht gehabt, hätte ich mich sofort scheiden lassen. Ich hoffe, dass die
Gerüchte endlich damit vom Tisch sind. Denn ich finde es pietätlos und
unerträglich, dass meine Familie und ich immer wieder damit konfrontiert
werden.
Warum haben sich die Gerüchte rund um die Homosexualität Ihres Mannes
jahrelang so hartnäckig gehalten?
Mein Mann hatte einen
einzigen Fehler. Er war den Mächtigen zu erfolgreich und zu populär. Das
sind die Schattenseiten eines erfolgreichen Politikers. Weil man ihn in
seiner politischen Arbeit nicht angreifen konnte, wurde es manchmal zur
Methode, sich aus der Gerüchteküche etwas zusammenzubrauen, um die
politischen Erfolge zu torpedieren.
Noch vor wenigen Wochen haben Sie in einem ÖSTERREICH-Interview gesagt,
man soll kein Fragezeichen setzen, wo Gott einen Punkt setzt. Warum zweifeln
Sie jetzt plötzlich die Todesumstände an?
Ich bin
überzeugt, dass der Tod vom Schicksal vorgegeben ist. Aber rund um die
Interpretation seines Todes gibt es viele Ungereimtheiten und die schaue ich
mir an. Ich versuche Aufklärung in das Geschehene zu bringen, denn es
bleiben viele Fragezeichen stehen.
Das bedeutet, Sie glauben nicht, dass Ihr Mann mit Tempo 142 und 1,72
Promille in den Tod raste, wie es die offiziellen Untersuchungen ergeben
haben?
Das ist noch nicht endgültig bewiesen. Zum Alkoholkonsum
kann ich nur sagen. Mein Mann war ein Genusstrinker und ein Marathonläufer,
der auf seine Gesundheit acht gab.
Heute vor zwei Monaten hatte Ihr Mann den tödlichen Unfall. Wie geht es
Ihnen derzeit?
Der Schmerz wird immer größer. Das scheint aber
ein normaler Prozess zu sein, so haben es mir viele Freunde bestätigt. Ich
durchlebe eine Hochschaubahn der Gefühle. Ich versuche mich intensiv diesem
Prozess zu stellen, weil ich weiß, dass Verdrängung keine Lösung ist. Denn
alles, was wir nicht verarbeiten, macht sich später sehr vehement bemerkbar.
Mein Glaube hilft mir dabei. Am Samstag gab es im Bärental eine Seelenmesse
für meinem Mann. Es kamen weit mehr als 100 Menschen, die damit ihre
Verbundenheit mit uns ausdrückten. Solche Momente geben mir dann wieder
Kraft und helfen in der Trauerarbeit.
Wie oft besuchen Sie die Unfallstelle? Seit einigen Tagen gibt es dort
ein neues Plakat, das die Aufklärung der offenen Fragen fordert. Die
Kärntner haben die gleichen Bedenken wie Sie...
Ich
besuche die Unfallstelle sehr oft, denn sie liegt zwischen unserem Haus in
Klagenfurt und dem Bärental. Noch immer brennen hier sehr viele Lichter. Und
umso mehr falsche Gerüchte in die Welt gesetzt werden, umso mehr Lichter
brennen. Das neue Plakat habe ich schon gesehen. Jetzt brennen rund um das
Plakat die meisten Kerzen. Es spricht den Kärntnern offenbar aus dem Herzen.
Hätte Ihr Mann jemals gedacht, dass sein Tod österreichweit eine derart
große Betroffenheit hervorruft?
Die veröffentlichte Meinung
war nicht immer die öffentliche Meinung. Das wussten wir immer. Wie groß die
Wertschätzung für meinem Mann war, hat mich zutiefst berührt.