Adelige Waldbesitzer wollen mit einer Pilz-Vignette die „Pilzmafia“ verjagen. Der Lokalaugenschein.
In Kärnten ist der Pilzkrieg ausgebrochen. Vier adelige Waldbesitzer verlangen eine saftige Schwammerlgebühr. Prompt folgte der Aufstand. ÖSTERREICH traute sich zum Lokalaugenschein in die verbotenen Zone der Koralpe.
In den Kärntner Wäldern riecht es derzeit intensiv nach Schwammerln und Pilzen. Die Sammler sind längst ausgeschwärmt. Manche nicht nur für ein paar Brocken: Einige kommen sogar in Bussen angereist, um die Wälder regelrecht abzugrasen. Vier adeligen Waldbesitzern auf der Koralpe stinkt das zum Himmel. Sie verlangen jetzt eine saftige Pilzgebühr: 45 Euro für eine Saisonkarte, 25 Euro für eine Zehntageskarte. „Eine absolute Gemeinheit. Das lassen wir uns nicht gefallen“, sind sich die Pilzsammler im Lavanttal einig. Also suchen sie weiter – ohne Lizenz.
„Illegale“ Sammler
ÖSTERREICH traute sich in die
verbotene Sammelzone der Koralpe. Erst nach über einer Stunde gibt es den
ersten Kontakt mit einer Pilzsammlerin. Sandra Baumann ist ohne Vignette
unterwegs: „Nein, so was hab ich wirklich nicht. Ich gehe nur ein-, zweimal
im Jahr in den Wald, um Schwammerln zu suchen. Dafür bezahl ich doch kein
Geld“, schüttelt sie den Kopf. Und weiter: „Die paar Pilze, die ich
mitnehme, sind doch keine 45 Euro wert. Die Schwammerlmaut ist eine
Frechheit.“
Ebenfalls ohne Pilzpickerl ist Johann Handler. Er will sich nicht aus „seinem“ Wald vertreiben lassen: „Ich bin doch kein Pilzräuber, sondern ein Hobbysammler.
Ich gehe gern in den Wald – und wenn ich eine Portion Eierschwammerln sammle, reicht mir das. Die hohen Herren sollten lieber gezielt gegen die Pilzdiebe aus Italien vorgehen und nicht die Bevölkerung ausbeuten.“
Touristiker empört
Die Pilzgebühr hat für heftige
Schlagzeilen in deutschen Medien gesorgt und damit für leere Zimmer in der
Region. Den Vermietern von Ferienwohnungen stößt die Pilzmaut besonders
sauer auf. „Viele glauben, sie gilt auf der gesamten Koralpe. Ich bin zum
Beispiel gar nicht betroffen, trotzdem bleiben die Touristen auf meiner
Seite aus“, klagt etwa eine Gastwirtin aus Rieding bei St. Andrä /
Lavanttal.
Ein anderer Vermieter beschwert sich über das Chaos rund um die Pilzgebühr. „Wer kennt sich schon genau aus, wann er welche Waldgrenze überschreitet und plötzlich auf vignettenpflichtigem Gebiet steht.“
Szenenwechsel
Ein anderes Bild zeigt sich etwa am Verditz. Dort
gibt es den Waldschatz ohne Lizenz. Während auf der Koralpe sämtliche Hütten
leerstehen, platzt die kleine Bergregion in den Kärntner Nockbergen aus
allen Nähten. Zig Autos parken auf den Bergstraßen. Die meisten kommen aus
Italien und Deutschland. „Ja, die Pilzmafia schwärmt wieder aus. Jedes Jahr
das gleiche“, seufzt ein Einheimischer. „Dass wir ein Problem mit dreisten
Schwammerlräubern haben, ist bekannt.“ So mieten sich ganze Gruppen von
Italienern in Hütten ein, karren kiloweise Pilze ins Haus und trocknen sie
im Keller. In einer Nacht-und-Nebel-Aktion wird dann alles ins Ausland
geschafft.
Die Polizei ist da machtlos. „Wegen Schwammerldiebstählen bekommen wir keinen richterlichen Hausdurchsuchungsbefehl. Die müssten schon mit Waffen oder Schmuck handeln“, berichtet ein Polizeibeamter.
Pilzmafia ist organisiert
Auch die Bergwacht, die
stichprobenartige Kontrollen durchführt, wird schamlos ausgetrickst. „Pro
Kopf darf jeder zwei Kilogramm Pilze pro Tag sammeln. Die Räuber legen sich
im Wald Depots an. Mit jeweils zwei Kilo im Gepäck machen sie sich auf den
Rückweg, bei einer Kontrolle können wir ihnen nichts nachweisen“, erzählt
ein Kontrolleur. Ein Schlag gegen die Pilzmafia ist selten. Erst vor Kurzem
hatte ein Schwammerldieb 40 Kilo Pilze in seinem Auto. Auf der Koralpe
„halten sich über 90 Prozent der Pilzsucher an das Zwei-Kilogramm-Gesetz“,
verrät ein Bergwächter in St. Paul / Lavanttal.
Waldbesitzer verlangt Maut
Der adelige Waldbesitzer Dominik
Habsburg-Lothringen nahm nun mit seiner Pilzgebühr den Kampf gegen die
„Pilzmafia“ auf. Wenngleich der oberste Verfechter der Pilz-Vignette
betont, dass für ihn „der Naturschutzgedanke im Vordergrund“ steht. Doch
seine Pilzmaut führte zu heftigen Protesten. Ein Pilzgipfel am vergangenen
Mittwoch war der Höhepunkt des bisherigen Konflikts.
Politik gegen Vignette
Der zuständige Landesrat Uwe Scheuch (BZÖ)
gab sich danach kämpferisch: „In den kommenden Tagen werden wir ein
Programm ausarbeiten und den Waldbesitzern präsentieren. Ich bin
optimistisch, dass die Pilz-Vignette bald Geschichte ist. Eine indirekte
Subvention an die Grundbesitzer wird es vom Land aber sicher nicht geben.“
8.000 Euro Einnahmen
Habsburg-Lothringen will indes „abwarten,
welche Vorschläge unterbreitet werden“. Bis dahin verkauft er munter seine
Schwammerl-Pickerl weiter. Davon erhofft er sich insgesamt 8.000 Euro an
Einnahmen. Bisher wurden 100 Vignetten verkauft. Die Stimmung ist
aufgeheizt, doch die „Pilzmafia“ lässt das kalt.