Ein dem Sicherheitswahn verfallener Kärntner sperrte seinen Sohn in Südafrika acht Jahre lang ein. Nun wurde das völlig verstörte Kind gerettet.
Acht Jahre ohne einen einzigen Kontakt zur Außenwelt, acht Jahre ohne Freunde, ohne gleichaltrige Spielgefährten: In der südafrikanischen Verbrechensmetropole Johannesburg ist nun ein grauenhaftes Familiendrama rund um einen gebürtigen Kärntner und dessen kleinen Sohn aufgeflogen. Ob der 68-Jährige frühere Pilot einer österreichischen Airline noch die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, ist unklar, heißt es aus dem Außenamt.
Infarkt
Am 12. November hatte sich Helmut St. von der Rettung
aus seinem Haus im Vorort Olivedale nach einer Herzattacke ins Spital
bringen lassen. Fünf Tage später entdeckte ein Passant eine winzige Hand,
die sich durch einen Schlitz im Zaun des Grundstücks des 68-Jährigen
gezwängt hatte und winkte. Als der Mann näher kam, hörte er eine
Kinderstimme verzweifelt um Essen flehen. Der Zeuge rief Nachbarn zu Hilfe,
die das schwere Tor zu dem Anwesen aufbrachen – und einen zerlumpten,
panischen Jungen vorfanden.
Das Kind schrie hysterisch: „Ich muss mich verstecken, ich muss mich verstecken“ und versuchte, vor den Fremden wegzulaufen. Es dauerte Stunden, bis sich der Bub beruhigt hatte. Anrainer wuschen und versorgten ihn notdürftig, nahmen ihn für eine Nacht bei sich auf. Dann kam der Achtjährige auf die Kinderpsychiatrie.
Kein Kontakt
Selber noch im Spital gab der Vater des Kleinen
fleißig Interviews und offenbarte dabei die unglaublichen Hintergründe des
Vorfalls: „Mein Sohn hatte noch nie mit jemandem Kontakt, außer mit seiner
afrikanischen Mutter, die uns vor vier Jahren verließ, und mir“, erzählte
Helmut St. freimütig. Nicht einmal seine Freunde hätten gewusst, dass er ein
Kind habe. Auf die Frage, warum er denn den Buben seit der Geburt auf seinem
festungsartig ausgebauten Grundstück eingesperrt habe, antwortete der 1965
nach Südafrika ausgewanderte Pilot wirr: „Ich führe einen Kampf gegen Banken
und aus Sicherheitsgründen sollte niemand etwas über ihn wissen. Sonst wäre
ich angreifbar gewesen.“ Die Situation sei im Lauf der Jahre einfach aus dem
Ruder gelaufen.
Tarzan
Das Kind, das aufgrund seines heruntergekommenen Äußeren
von südafrikanischen Medien „Tarzan aus der Vorstadt“ genannt wird, durfte
nur Videos sehen. Darunter auch eines über den Angriff auf Pearl Harbour.
Sein Vater impfte ihm ein, es wäre noch immer Krieg, er müsse Angst vor
allen Fremden haben. Trotzdem nahm der Junge die Hand einer Nachbarin, die
ihn gerettet hatte, und sagte: „Ich liebe dich dafür, dass du mir geholfen
hast.“