Als Wunderheiler
Karadzic lebte 18 Monate mitten in Wien
25.07.2008
Es ist unfassbar, aber wahr: Der diese Woche in Belgrad verhaftete Massenmörder Karadzic lebte von Mitte 2006 bis Ende 2007 in Wien.
Es ist ein unscheinbares Gründerzeit-Eckhaus mitten in Wien. Adresse: Märzstraße 148, im 14. Bezirk. Hier wohnte und „ordinierte“ als sogenannter Wunderheiler „Pera“ von Juni 2006 bis Ende 2007 der weltweit gesuchte serbische Massenmörder Radovan Karadzic.
Am Freitag meldete sich ein halbes Dutzend „Patienten“, die sich von dem Alternativmediziner gegen Erektionsstörungen, Unfruchtbarkeit, Schwangerschaftsprobleme und sogar Rheuma und Depressionen behandeln ließen.
Ein Kunde: „Ich zahlte pro Behandlung 100 Euro, er arbeitete mit Körperwärme, legte Magneten auf, massierte mich sanft und lange...“
Bestätigung durch Inneministerium
Doch nicht nur zahlreiche
Zeugen wollen ihn gesehen haben, nun bestätigte auch das Innenministerium am
Freitagabend, dass der ehemalige Ex-Präsident unter falschem Namen in Wien
gewesen war. Nur wußte damals natürlich niemand, um wen es sich bei dem
weisbärtigen Mann handelte.
Kroaten-Pass
Recherchen von ÖSTERREICH ergaben gestern, dass
Karadzic nicht als serbischer Wunderheiler Dr. Dragan Dabic (als der er in
Belgrad verhaftet wurde) sondern als „kroatischer Staatsbürger“ nach
Österreich eingereist war.
Das hatte für den Massenmörder, der offenbar vom serbischen Geheimdienst gedeckt wurde, viele Vorteile: Er brauchte nicht wie Serben ein Visum für Österreich, sondern konnte ganz legal - als „Kroate“ - nur mit dem Pass einreisen.
Er hieß „Petar Glumac“
Mit einem gefälschten
Pass lautend auf „Petar Glumac“ (geboren am 16. März 1930 in Litova Poldje)
reiste Karadzic im Juni 2006, also vor zwei Jahren, erstmals in Österreich
ein und quartierte sich gleich in der Wohnung einer serbischen Freundin in
der Märzstraße 148 als „Untermieter“ ein. Welches Verhältnis Karadzic zu
dieser Frau hatte, wird derzeit geprüft.
Ebenso wird überprüft, ob Karadzic nur wochenweise in Wien war – oder durchgehend in Österreich lebte.
Ende 2007 flog er raus
Der Wirt des Restaurants „Lara“ im Haus,
in dem Karadzic in Wien lebte, behauptet jedenfalls, der serbische
Massenmörder sei – unerkannt – bis „Ende 2007“ zwei- bis dreimal pro Woche
in seinem Restaurant zu Gast gewesen.
Erst mit Jahresende 2007 habe er dem „Guru“ mit dem weißen Rauschebart, der sich immer lautstärker und emotioneller politisch engagiert habe, „Lokalverbot“ erteilt. „Ab dann war er weg.“
Die unfassbare Pointe an der Karadzic-Posse: Wiens Polizei hätte den weltweit Gesuchten am 4. Mai 2007 fast verhaftet. Doch Karadzic bluffte alle...
Wirt gab Karadzic Lokalverbot Der erste Wiener, der sich tatsächlich an den Wunderheiler als Gast erinnern kann, sprach am Freitag mit ÖSTERREICH. Es ist der Wirt des Restaurants „Lara“, das sich im Haus in dem Karadzic in Wien wohnte, befindet. "Karadzic kam zwei- bis dreimal pro Woche zum Essen, bestellte immer türkische Hühnergerichte mit Salat.“ Der „Guru“ sei das ganze Jahr 2007 bei ihm Stammgast gewesen, bis er Ende des Jahres Lokalverbot erhielt. Der Wirt: „Ich habe dem Mann, der immer schwarz gekleidet war, Lokalverbot erteilt, weil er von Woche zu Woche immer heftiger politische Debatten angezettelt hat. Er hat immer öfter lautstark gestänkert und versucht, die Kurden gegen die Türken aufzuhetzen. Ich will keinen politischen Streit – und habe ihm Lokalverbot erteilt.“ |