Sollen Kinder bei Impfung vorgereiht werden?
Die Nachricht vom Tod jenes Südtiroler Mädchens, das vor Tagen mit einem schweren Krankheitsverlauf nach einer A(H1N1)-Infektion in die Innsbrucker Universitätsklinik eingeliefert worden war, führte zu Reaktionen österreichischer Experten.
"Man muss einen vernünftigen Weg zwischen Panikmache und Verharmlosung finden. (...) Ich glaube es wird sich darauf hinaus laufen, dass man Kinder vorrangig impfen wird", sagte Pädiater Karl Zwiauer, Mitglied des Impfausschusses des Obersten Sanitätsrates.
Kinder besonders anfällig
Wirklich neu sei die Tatsache,
dass Kinder in Sachen Schweinegrippe besonders anfällig seien, nicht. Der
Experte: "Kinder sind als Risikogruppe zu betrachten. Ein Sechstel aller
Kinder, die in den USA an dieser Influenza gestorben sind, waren vorher
völlig gesunde Kinder. Das ist anders als sonst bei der saisonalen Influenza
- und das ist keine normale Influenza." Bei der saisonalen Influenza würden
Kinder vor allem als Überträger für die Ausbreitung der Krankheit sorgen,
wären aber keinem besonderem Risiko ausgesetzt. Zwiauer: "Da sind sie der
'Motor' der saisonalen Influenza. Bei dieser neuen Influenza sind sie
offenbar auch beträchtlich (durch schwere Krankheitsverläufe, Anm.)
gefährdet."
Impfung - Kinder vorreihen?
"Das ist traurig. Wir wissen, dass
das Mortalitätsrisiko bei der neuen Influenza 0,1 Prozent beträgt. Das ist
keine Frage. Aber Kinder sind 'at risk'. Und die Leute werden wegen der
Kinder nervös. Aber es gibt die Möglichkeit, sofort zu behandeln. Und
vielleicht sollte man überlegen, ob nicht eher die Kinder bei den
Impfungen vorgereiht werden", erklärte der Wiener Sozialmediziner
Michael Kunze.
Jährlich sterben 4.000 an "normaler" Influenza
Auch
wenn es mit dem Tod des Südtiroler Mädchens nunmehr das erste Opfer durch
die Schweinegrippe in Österreich gegeben hat, sollten die Relationen nicht
vergessen werden: Jedes Jahr sterben in Österreich rund 4.000 Menschen an
der saisonalen "normalen" Influenza. Die Impfraten sind - ebenso jedes Jahr
- im internationalen Vergleich gering.
Nach dem Anlaufen der Schweinegrippe-Impfungen vergangene Woche unter den Angehörigen des Gesundheitspersonals sollen ab Anfang kommender Woche (9. November) in Österreich zunächst Risikogruppen zur Immunisierung aufgerufen werden. Das sind Personen mit einem besonderem Risiko (speziell chronisch Kranke, Schwangere). Dieser Personenkreis umfasst rund 600.000 Menschen. Bis Ende November sollen rund 1,6 Mio. Dosen der Vakzine zur Prophylaxe der Schweinegrippe bereit stehen. Das würde zunächst für die Impfung von etwa 800.000 Personen bei zwei Teilimpfungen ausreichen.
Die geltenden Empfehlungen des österreichischen Gesundheitsministeriums für die Immunisierungen ab der kommenden Woche: "Die Impfung ist bei diesen Risikogruppen empfohlen, um mögliche schwere Komplikationen im Erkrankungsfall zu minimieren."
Die definierten Risikogruppen
1. Personen ab dem 6. Lebensmonat
bis zum 49. Lebensjahr mit folgenden Grunderkrankungen:
- chronische
Krankheiten des Atmungssystems,
- chronische Krankheiten des
Herz-Kreislaufsystems,
- chronische neurologische und neuromuskuläre
Erkrankungen, andere Grundkrankheiten, welche die Immunität schwächen oder
die Atmungsfunktion beeinträchtigen (inklusive Fettsucht),
-
chronische Stoffwechselerkrankungen (insbesondere Diabetes mellitus),
-
chronische Leber- und Nierenerkrankungen,
- Immunsystemschwäche
(angeboren oder erworben),
- Krebserkrankungen
Die Impfung von Kindern mit diesen Grunderkrankungen wird ab dem sechsten Lebensmonat empfohlen. Empfohlen wird auch die Pneumokokkenimpfung.
2. Schwangere (ab der 15. Schwangerschaftswoche), auch Frauen vor einer geplanten Schwangerschaft sollten sich impfen lassen. Bei Schwangeren, die in Unkenntnis einer bestehenden Gravidität im ersten Schwangerschaftsdrittel geimpft wurden, besteht kein erhöhtes Risiko für Mutter und Fötus.
3. Enge Familienangehörige und Betreuungspersonen von Kindern unter 6 Monaten mit oben genannten Grunderkrankungen. Diese Personen sollen geimpft werden, da der Impfstoff bei Kindern unter dem 6. Lebensmonat nicht zugelassen ist.
4. Grundsätzlich kann sich aber jeder, der sich vor der neuen Influenza schützen will, auch impfen lassen. Die Impfung erfolgt immer auf freiwilliger Basis. Personen ab dem 50. Lebensjahr wird wie bisher die Impfung gegen die saisonale Grippe angeraten. Die Einzeldosis beträgt für alle Impflinge 7,5 Mikrogramm der Antigene.