DNA-Probe positiv
Kroatischer Wolf tötet Weidetiere im Pinzgau
28.06.2016
WWF kritisierte die Aussage des Agrarlandesrats, Wölfe zu betäuben.
Eine DNA-Analyse hat bestätigt, dass ein Wolf um den 10. Juni in Fusch (Pinzgau) einige Weidetiere getötet hat. Der Wolf stammt aus einer kroatischen Population. "Laut Wolfsbeauftragten Georg Rauer war dieses Tier vorher noch nie in Salzburg", hieß es am Dienstag aus dem Büro von Agrarlandesrat Josef Schwaiger (ÖVP). Er wurde wegen seines Vorschlags, Wölfe zu betäuben, vom WWF kritisiert.
Wolfsbeauftrager Rauer nahm am 11. Juni Speichelproben von Bisswunden. Das Ergebnis lag gestern vor. Der "kroatische" Wolf, der die Tiere gerissen hat, soll auf der Durchreise gewesen sein. Dem Land sind fünf tote Schafe, Lämmer und Ziegen auf einer Alm im Käfertal in Fusch gemeldet worden. Der Besitzer der Zuchttiere bekommt nun eine finanzielle Entschädigung. 220 Euro für ein getötetes Schaf, 110 Euro für ein Lamm.
Verunsicherung
Da es immer wieder Meldungen über gerissene Tiere gibt, ist die Verunsicherung bei Almbauern groß. Gegenmaßnahmen wie das Einzäunen von Almen und der Einsatz von Hütehunden werden als nicht praktikabel und auch als finanziell nicht leistbar abgelehnt.
Salzburgs Agrarlandesrat hatte in der Vorwoche gegenüber den "Salzburger Nachrichten" vorgeschlagen, die Wölfe in bestimmten Gebieten zu betäuben. "Fachlich ist dieser Vorschlag ein Nonsens", erklärte am Dienstag Wolfsexperte Christian Pichler vom Umweltverband WWF Österreich (World Wide Fund For Nature). "Gefährdete Arten wie Wölfe stehen unter strengem Naturschutz und dürfen nur in Ausnahmefällen und von Veterinärmedizinern betäubt werden, etwa wenn Gefahr für Menschen in Verzug ist." Außerdem lasse Schwaiger die Antwort offen, wohin er die betäubten Wildtiere bringen würde.
Herdenschutzmaßnahmen
Betroffene Nutztierhalter sollten endlich auf "effiziente und erprobte" Methoden für den Schutz ihrer Herden zurückgreifen, forderte Pichler. Herdenschutzmaßnahmen, zum Beispiel eine Kombination aus Elektrozäunen mit Schutz- und Hütehunden, könnten auch bei weit größeren Wolfsbeständen die Schäden an Nutztieren gering halten, verwies Pichler auf "bewährte Projekte" in der Schweiz, Frankreich und Italien. Es fehle in Österreich der politische Wille zur flächendeckenden Umsetzung und Finanzierung für eine Ausweitung des Herdenschutzes.
Wölfe seien ja von Natur aus Nahrungsopportunisten, "also Tiere, die vor allem das fressen, was leicht zu erbeuten ist", gab Max A. E. Rossberg, Vorsitzender der European Wilderness Society mit Sitz in Tamsweg im Salzburger Lungau, zu bedenken. "Wenn Schafe ungeschützt auf der Alm stehengelassen werden, ist das für einen Wolf wie die Einladung zum Buffet." Eine Betäubung der Wildtiere sei jedenfalls kein taugliches Mittel und obendrein streng verboten.
Auswirkungen auf Kulturlandschaft
Der Agrarlandesrat befürchtet allerdings, dass eine zunehmende Verbreitung des Wolfes im Alpenraum mittel- bis langfristig massive Auswirkungen auf die Kulturlandschaft, den Tourismus und den gesamten ländlichen Raum nehmen kann. Hunderte Hektar große Almflächen wolfsdicht einzuzäunen, Nachtpferche für Schafe auf Almen zu erreichten und Hirtenhunde anzuschaffen, die auch Wanderer als Feinde der Schafe sehen würden, "ist für die Almbauern existenzbedrohend, für die öffentliche Hand nicht finanzierbar und für den Tourismus verheerend". Die Forderung nach Herdenschutzprogrammen und finanzieller Unterstützung widerspreche auch einem verantwortungsvollen Umgang mit Steuergeldern, meinte der Landesrat.
Schwaiger will geklärt wissen, welche Folgen die Wiederansiedlung des Wolfes nicht nur für die Landwirtschaft, sondern für alle Lebensbereiche der Menschen in Salzburg hat. "Der ländliche Raum ist kein Zoo, sondern vor allem Lebensraum und Wirtschaftsraum für Menschen. Es gibt im Pinzgau bereits eine große Alm, auf die keine Tiere mehr aufgetrieben werden und ich habe keine Argumente, um die Almbauern von dieser Entscheidung abzubringen."
Anpassung der Naturschutzrichtlinie
Sollte man bei dem Diskurs zu dem Ergebnis kommen, dass gesellschaftliche, regionalwirtschaftliche, soziokulturelle und finanzielle Aspekte einer weiteren Verbreitung des Wolfes im hohen Maße entgegenstehen, "muss über die Anpassung der Flora Fauna Habitat-Richtlinie der EU (eine Naturschutzrichtlinie, Anm.) beraten werden", erklärte Schwaiger. Das wäre für ihn ein deutliches Zeichen der EU, dass diese im Sinne der Menschen handle "und nicht um jeden Preis ein gut gemeintes Naturschutzprojekt durchsetzt".