Bestätigung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern

KV-Verhandlungen gescheitert: Bahnstreik am Montag

27.11.2022

Nur Busse und kommunale Verkehrsbetriebe sind unterwegs, aber keine Regional-, Fern- und Nachtzüge oder S-Bahnen.

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Wien. Die Verhandlungen zu einem neuen Bahn-KV sind am Sonntag vorerst gescheitert. Nun steht am Montag ein 24-stündiger, österreichweiter Eisenbahnstreik bevor. Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter gaben sich gegenseitig die Schuld daran. Nur Busse und kommunale Verkehrsbetriebe fahren, aber keine Regional-, Fern- und Nachtzüge oder S-Bahnen. Neue Gesprächstermine werden vor Dienstag wohl nicht gefunden. ÖBB-Chef Andreas Matthä kritisierte die vida für den "mutwilligen Streik".

Die Gewerkschaft vida kritisierte nach den gescheiterten Verhandlungen, dass die Arbeitgeberseite der Wirtschaftskammer ihr ursprüngliches Angebot von plus 200 Euro (und Einmalzahlung von 1.000 Euro) zuletzt nur um 8 Euro erhöht hätten. "Acht Euro wenden keinen Warnstreik ab", wurde vida-Chefverhandler Gerhard Tauchner in einer Aussendung zitiert. Die Arbeitgeber teilten hingegen mit, dass sie ihr Angebot von einem Plus von 8 Prozent auf plus 8,44 Prozent erhöht haben. Sie gaben der Gewerkschaft die Schuld, einen Streik vom Zaun zu brechen und dabei einem Drehbuch zu folgen.

"Die Verantwortung für diesen Warnstreik, für die Auswirkungen auf die Pendlerinnen und Pendler sowie für den wirtschaftlichen Schaden liegt damit ausschließlich bei der Wirtschaftskammer. Hätte sie sich in den letzten zwei Monaten bewegt und ernsthaft verhandelt, hätten wir schon lange einen Abschluss", so Tauchner. 

Scheiber: "Unrealistische Forderungen"

Die Arbeitgeber warfen den Arbeitnehmern vor, ihre Forderung weiter erhöht zu haben, was Tauchner gegenüber der APA in Abrede stellte. Arbeitgeber-Chefverhandler Thomas Scheiber fragte, warum niedrigere Gehaltsabschlüsse von der vida in anderen Branchen "abgefeiert" werden aber bei der Bahn gestreikt werde. "Die Gewerkschaft nimmt mit ihren unrealistischen Forderungen die gesamte Branche und ihre Kunden in Geiselhaft", so Scheiber. "Wir haben uns in jede Richtung bewegt und zuletzt ein Angebot auf den Tisch gelegt, das höher ist, als sämtliche KV-Abschlüsse in diesem Jahr in allen anderen Branchen", betonte der Arbeitgeber-Vertreter.

Solange es bei der Eisenbahn noch 40-Stunden-Jobs gäbe, wie im Nachtzug, wo Kolleginnen und Kollegen lediglich 1.356 Euro netto im Monat als Einstiegsgehalt bekämen, gäbe es im Kollektivvertrag noch massiven Aufholbedarf, so Tauchner. "Wir fordern weiterhin einen monatlichen Fixbetrag in Höhe von 400 Euro auf KV- und Ist-Löhne, weil dieser insbesondere die niedrigen und mittleren Einkommen in Zeiten der anhaltenden Rekordinflation von inzwischen 11 Prozent (Oktober, Anm.) stützt", bekräftigt Tauchner.

Der Gewerkschafter sagte auf APA-Nachfrage, wie und wann es denn jetzt mit Gesprächen weitergehen werde, wo die Situation besonders verfahren erscheint: "Wir haben angeboten, dass sich die Experten am Dienstag wieder zusammen setzen und schauen, was wir machen können. Danach haben wir rasch neue Termine als Ziel." Das war vorerst aber noch nicht fixiert, so Tauchner. Der zuständige Wirtschaftskammer-Fachverband teilte auf Nachfrage mit, dass man am Dienstagnachmittag zu einer "Vollversammlung/Erweiterte Ausschusssitzung" lade, um die Mitglieder zu unterrichten und die weitere Vorgehensweise zu beraten. Vor der Sitzung werde es keine neuen Terminvorschläge an die Gewerkschaft geben.

Tauchner: Man habe auch keine Forderung erhöht

Man habe auch keine Forderung erhöht, wie dies die Arbeitgeber nun darstellten, so Tauchner. Es sei nur darum gegangen, wie die 400-Euro-Forderung genau ausgestaltet werden könne. Hierbei spielt die angebotene Einmalzahlung der Arbeitgeber eine Rolle.

Die ÖBB bedauerten am Sonntag die Nicht-Einigung der Sozialpartner. Daher komme der gesamte Zugverkehr in Österreich am Montag, 00:00 bis 24:00 Uhr, zum Erliegen. "Mir fehlt jedes Verständnis für diesen Streik", kritisierte ÖBB-Chef Matthä die Gewerkschaft vida in einer Stellungnahme ganz offen. "Die Arbeitgeberseite hat mit 8,44 Prozent das höchste Angebot aller Branchen gestellt", bekräftigte er. "Es ist ganz klar, ein mutwilliger Streik der Gewerkschaft. Es schmerzt mich, dass unsere Fahrgäste dermaßen in Mitleidenschaft gezogen werden." Matthä entschuldigte sich wie die Verhandler beider Seiten bei den betroffenen Fahrgästen. "Die ÖBB werden alles daran setzen, den Betrieb so rasch wie möglich wieder hochzufahren."

Die Forderung der Gewerkschaft hätte ihr zufolge eine durchschnittliche Erhöhung der Ist- und KV-Löhne von rund 12 Prozent bedeutet. Die Arbeitgeber sprachen von gut 13 Prozent, die die Gewerkschaftsforderung bedeute. In den unteren Gehaltsklassen handle es sich um fast ein Viertel mehr.

ÖBB-Ersuchen an Fahrgäste

Die ÖBB ersuchten die Fahrgäste, nicht notwendige Fahrten zu verschieben bzw. alternative Reisemöglichkeiten zu wählen. Es kann bereits ab Sonntagabend bzw. bis Dienstagfrüh zu Ausfällen bei den Nightjet-und EuroNight-Verbindungen kommen. Die Bahn werde im Streikfall Details zu Einschränkungen, Verzögerungen oder Ausfällen auf oebb.at/streik, den ÖBB-SocialMedia-Kanälen sowie in der Fahrplanauskunft Scotty bekanntgeben. Alle Bahnunternehmen versuchen laut Scheiber, die Fahrgäste so gut es geht zu informieren und die Tickets zu ersetzen oder weiter gelten zu lassen.

Die mehrheitlich private Westbahn - deren Eigentümerin gehört zu 49,9 Prozent der Haselsteiner Familien-Privatstiftung, zu 32,7 Prozent der schweizerischen August Holding AG und zu 17,40 Prozent den französischen Staatsbahnen SNCF - zeigte sich "erschüttert, dass der Streik nicht vermieden wurde". Sie nutzte die Vorgänge, um eine Forderung zu stellen: "Eine grundlegende Voraussetzung, um solche untragbaren Situationen für die Zukunft bestmöglich zu vermeiden, ist die Entflechtung von Infrastruktur und Personenverkehr."

Infrastruktur gehört den staatlichen ÖBB

Die Infrastruktur - die gehört in Österreich den staatlichen ÖBB und wird von der Westbahn genützt -, müsse zwar in staatlicher Hand bleiben. Es müsse aber möglich sein, den Betrieb für die Reisenden aufrecht zu erhalten, selbst wenn die Sozialpartner hart verhandelten: "Mittels Infrastrukturbereitstellung durch eine staatliche Behörde, unabhängig von den ÖBB, können Situationen wie die, auf die sich Bahnreisende morgen einstellen müssen, künftig vermieden werden", so Posch und der weitere Westbahn-Manager Florian Kazalek am Sonntag in einer Aussendung. Schweden haben vorgezeigt, wie es gehe, in Deutschland gebe es dahingehend eine Diskussion.

Aus der Gewerkschaft hatte es geheißen, dass die Streikbereitschaft in allen Betrieben, also auch bei Westbahn-Mitarbeitenden groß ist. Die Westbahn stellt die Situation in ihrem Betrieb so dar, als würde sie fahren, wenn sie denn die Infrastruktur nutzen könnte.

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