Drei Schuldsprüche
Lange Haftstrafen im Israilov-Prozess
01.06.2011
Der Erstangeklagte Otto K. muss lebenslang ins Gefängnis.
Der Geschworenenprozess um die Ermordung des tschetschenischen Asylwerbers Umar Israilov ist am Mittwochabend mit drei Schuldsprüchen wegen Beteiligung an Mordes zu Ende gegangen. Als Strafausmaß verhängte das Gericht für den Erstangeklagten Otto K. (42) lebenslange Haft, über den Zweitangeklagten Suleyman D. (37) 19 Jahre Haft und den Drittangeklagten Turpal-Aliy Y. (32) 16 Jahre Haft. Auch der versuchten Auslieferung an eine fremde Macht wurden die Angeklagten schuldig gesprochen. Die Urteile sind nicht rechtskräftig.
Urteile noch nicht rechtskräftig
Die Angeklagten legten Nichtigkeitsbeschwerde (Otto K.) ein bzw. erbaten sich Bedenkzeit. Staatsanwalt Leopold Bien meldete gegen das Urteil des Zweit- und Drittangeklagten Berufung an. Otto K., Suleyman D. und Turpal-Aliy Y. wurden außerdem zu Schadenersatzzahlungen an die Privatbeteiligten verurteilt. Dem Vater, der Ehefrau und den vier Kindern des Ermordeten wurden jeweils 25.000 Euro zugesprochen.
Flüchtling wurde auf offener Straße erschossen
Israilov war am 13. Jänner 2009 auf offener Straße in Wien-Floridsdorf erschossen worden. Die tödlichen Schüsse soll der tschetschenische Staatsbürger Letscha B. abgegeben haben, der jedoch in seine Heimat flüchtete. Das Gericht geht davon aus, dass ursprünglich geplant war, den 27 Jahre alten Israilov gewaltsam nach Tschetschenien zu verbringen, nachdem dieser gegen den tschetschenischen Präsidenten Ramsan Kadyrow ein Verfahren wegen Folter-Vorwürfen vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in die Wege geleitet hatte. Als die Entführung scheiterte - Israilov wehrte sich heftig, als er überwältigt werden sollte -, "war das sein Todesurteil", hatte der Staatsanwaltschaft festgestellt.
AI-Sekretär sieht Auftrag an russische Justiz
Für den Generalsekretär von Amnesty International, Heinz Patzelt, sind die Urteile ein Auftrag an die russische Justiz, díe Hintermänner und den in Tschetschenien befindlichen mutmaßlichen Todesschützen Letscha B. strafrechtlich zu verfolgen. "Mit der Verknüpfung Mord und Auslieferung an eine fremde Macht hat das Gericht klar gemacht, dass die Hintermänner im Ausland zu suchen sind und dass hier ein politischer Auftragsmord vorliegt", so Patzelt, der die "Regierung Ramsan Kadyrow" in dem Zusammenhang nannte, zur APA. Dass die russischen Behörden auf die österreichischen Amtshilfeansuchen in der Causa nicht einmal reagierten, lässt ihn nicht daran zweifeln, dass jetzt etwas passieren müsse. "Die Erfahrung zeigt uns, dass oft Jahre und Jahrzehnte vergehen, bis die Betroffenen der Gerechtigkeit zugeführt werden - siehe Milosevic oder Mladic", so Patzelt.
Auch die Opferanwältin Nadja Lorenz zeigte sich zufrieden mit dem Ausgang des Verfahrens. Vor allem die Angehörigen seien froh, "dass jene, von deren Schuld sie immer überzeugt waren, nicht ihrer Strafe entkommen sind".
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