Ein seltener und völlig irrer Fall einer Tinnitus-Erkrankung wurde jetzt von MedUni-HNO-Spezialisten in der Steiermark beschrieben: Bei einer 42-Jährigen lebte eine Ameise im Ohr - sie musste mittels endoskopischem Eingriff entfernt werden.
Stmk. Plötzlich aufgetretener Tinnitus und ein Fremdkörpergefühl im Ohr bei einer 42-jährigen Frau in Graz hatten eine ganz außergewöhnliche Ursache, die wohl viele schaudern lässt: Der Grund für die Symptome war nämlich eine lebende Ameise, die sich durch ein Loch im Trommelfell ins Mittelohr der Patientin verkrochen hatte, berichteten jetzt Grazer HNO-Spezialisten.
"Dieser Bericht beschreibt den ungewöhnlichen Fall einer lebenden Ameise, die durch eine bereits vorhandene Perforation im Trommelfell einer 42-jährigen Patientin in die Mittelohrhöhle eindrang. Sie stellte sich in der Ambulanz mit Symptomen wie plötzlich auftretendem Tinnitus ("Ohrklingeln") und einem Fremdkörpergefühl im linken Ohr vor", schrieben jetzt Peter Kiss von der HNO-Universitätsklinik der MedUni Graz und seine Co-Autoren in "Diagnostics" (doi: 10.3390/diagnostics14222530).
Die Angelegenheit stellte sich als recht kompliziert heraus. Eine Untersuchung unter Zuhilfenahme eines Ohrenmikroskops zeigte zunächst ein ovales Loch des Trommelfells im linken Ohr. Dahinter aber sahen die HNO-Ärzte einen "dunklen Fremdkörper", der sich auch noch bewegte. Die Autoren des Fallberichtes: "Der Gegenstand wurde als lebende Ameise identifiziert." Das Insekt hatte sich offenbar durch den äußeren Gehörgang und die Perforation ins Mittelohr verkrochen.
Universitäts-Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde - Med Uni Graz
Operation war notwendig
"Erste Versuche, das Insekt unter örtlicher Betäubung zu entfernen, waren erfolglos, sodass die Patientin operiert werden musste", schilderten die Ärzte. Unter Vollnarkose wurde ein endoskopischer Eingriff durchgeführt "und die Ameise erfolgreich und ohne Komplikationen entfernt." Am nächsten Tag konnte die Patientin das Krankenhaus verlassen. Die Ausheilung verlief ohne Komplikationen. Die Gehörprobleme waren mit der Entfernung des Insekts beseitigt.
"Dieser Fall unterstreicht das seltene, aber mögliche Vorkommen lebender Fremdkörper, die durch Trommelfellperforationen in das Mittelohr gelangen, und die Notwendigkeit eines rechtzeitigen chirurgischen Eingriffs, um Komplikationen vorzubeugen", stellten die Fachleute fest. Fremdkörper im äußeren Gehörgang kämen relativ häufig vor, im Mittelohr aber selten.
Grazer Fall einzigartig
Die HNO-Spezialisten schauten auch in der internationalen wissenschaftlichen Literatur nach. Dort fanden sie Fälle von Fliegenlarven, die ins Mittelohr der Betroffenen gelangt waren. Fremdkörper im äußeren Gehörgang seien in zehn bis 50 Prozent der Fälle Insekten, was die internationalen Zahlen betreffe.
Das Ereignis in Graz sei aber ein ziemliches Unikat. "Unser besonderer Fall einer lebenden Ameise, die durch eine bereits bestehende Trommelfellperforation in das Mittelohr gelangte, stellt ein einzigartiges klinisches Szenario dar."