Schweinegrippe

"Martina starb wie ein Engel"

07.11.2009

„Wir waren alle machtlos.“ In ÖSTERREICH schildert Massimiliano Z., Martinas Onkel, den Todeskampf seiner 11-jährigen Nichte.

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© Alto Adige
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„Es ist eine unvorstellbare Tragödie, ungerecht und schmerzlich“. Friedhof Oltrisarco in Bozen, Donnerstag dieser Woche. Es schüttet in Strömen, aber die Hunderten Trauergäste – Verwandte, Mitschüler, Lehrer – nehmen keine Notiz davon. „Wir alle fühlen mit der Familie von Martina“, sagt der Pfarrer und alle greifen zum Taschentuch.

In den Fichtensarg haben die Eltern die Kuscheltiere von Martina gelegt. Auf den Kränzen (weiße und rote Rosen) steht ein letzter Gruß: „Sempre con noi“ – „Für immer bei uns – Mama und Papa“. Martina Z. – die Elfjährige ist Österreichs erste Schweinegrippetote. Die Südtirolerin starb Anfang dieser Woche an der Uniklinik Innsbruck. Sie hat der Angst vor der Schweinegrippe ein Gesicht gegeben. Plötzlich ist die Krankheit ganz nah.

Kein Vorwurf gegen Ärzte
Zwei Wochen kämpfte Martina gegen das Virus. Letzten Montag um 19.00 Uhr hörte ihr Herz auf zu schlagen. „Wir haben es einige Stunden zuvor gewusst“, sagt ihr Onkel Massimiliano Z.. „Die Ärzte haben uns gesagt: Es sie aussichtslos. Es ist nur mehr eine Frage der Zeit, wann sie stirbt.“

Martina ist ein Einzelkind, der Sonnenschein von Dario (Supermarkt-Angestellter) und Arianna Z. (Hausfrau). Was gibt es Schlimmeres, als das einzige Kind begraben zu müssen? „Dario hat mich angerufen, um mir zu sagen, dass seine Tochter nicht mehr lebt,“ sagt Massmiliano unter Tränen. „In dieser Sekunde ist für uns eine Welt zusammengebrochen“. Er macht den Ärzten keinerlei Vorwurf. „Sie haben gekämpft bis zum Schluss. Aber alle waren machtlos.“

Vorliebe für Schach
Dann erinnert er sich an seine Nichte und wieder schießen ihm Tränen in die Augen. „Schreibt bitte, wie sie wirklich war“. Lange, schwarze Haare, dunkle Augen, immer fröhlich. „Sie war 11 Jahre, aber schon ein echtes Fräulein, sie wirkte reifer. Fantasievoll, in Sekunden fähig, sich eine Fabel auszudenken.“

Martina liebte Katzen – und Schachspielen. „In zwei Zügen mache ich dich fertig“. Dieser Satz, ihr Lächeln dazu, das wird Massimiliano Z. immer in Erinnerung bleiben. Eben war ihre Leidenschaft für Musik entflammt. „Sie hat mit Gitarre-Unterricht begonnen.“

„Sie war doch gesund“
Papa Dario und Mama Arianna können nicht begreifen, was passiert ist. „Mein Bruder ist verzweifelt,“ sagt Massimilano. „Wie ist das nur möglich, dass ein elfjähriges Mädel, das vor zwei Wochen noch völlig gesund war und niemals eine schwere Krankheit hatte, plötzlich tot ist.“

Alles begann ganz harmlos, am Sonntag, dem 18. Oktober. Martina, die nie krank war – plötzlich fühlte sie sich elend. Sie bekam hohes Fieber. „Montag war sie beim Kinderarzt“, erinnert sich Massimiliano. „Er hat sie untersucht, ihr ein Mittel gegeben und erklärt, dass man sich nicht beunruhigen müsse und dass die halbe Stadt mit Grippe im Bett liegt.“

Aber: Trotz Medikamenten und Bettruhe bessert sich der Zustand nicht. Das Fieber stieg immer höher, 40 Grad, der Husten wurde schlimmer und schlimmer. Am Donnerstag wissen die Eltern nicht mehr weiter, rasen mit ihrem Mädchen in die Notaufnahme.

„Keine Hoffnung“
Die Ärzte erkannten den Ernst der Lage sofort, erinnert sich Massimiliano: „Die Diagnose war beidseitige Lungenentzündung. Ein Kinderarzt, der sie untersucht hat, tippte sofort auf Schweinegrippe, und hat ihr starke Medikamente gegeben. Sie wurde auf die Intensivstation gebracht, um sie künstlich zu beatmen.“

Dann geht alles ganz schnell. Martinas Körper wird immer schwächer, die Eltern bekommen Panik. Erstmals ist sie da, die Angst, das einzige Kind zu verlieren. Die Ärzte beschließen eine eilige Überstellung an die Uni-Klinik Innsbruck. Längst ist nicht mehr nur die Lunge befallen. Auch Nieren, Leber und Herz werden immer schwächer. Die Situation ist kritisch. Was die Ärzte auch machen – nichts hilft. „Sie haben sogar eine experimentelle Medikation aus probiert“, sagt Massimiliano. „Alles erfolglos“. Dann ist klar: Martina wird sterben. „Die Ärzte waren ehrlich, haben keine falschen Hoffnungen gemacht.“

„Sie ist friedlich eingeschlafen“, sagt Massimilano. „Wie ein Engel.“

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