Unter dem Sportplatz einer Grazer Kaserne wurde ein Massengrab aus der NS-Zeit gefunden. Nun wird das Geheimnis der Toten gelüftet.
Der Sportplatz der Grazer Belgier-Kaserne ist seit gestern bis auf Weiteres gesperrt. Denn auf dem Areal, auf dem sonst Rekruten gedrillt werden, wurde ein Massengrab entdeckt. Mit ungebrochener Gesinnungstreue hatten die Nazis noch im Frühjahr 1945 Regimegegner und Juden ermordet – zu einem Zeitpunkt, als der Krieg längst verloren war. Bei dem Massaker in der Belgier-Kaserne, damals SS-Kaserne Wetzelsdorf, starben bis zu 219 Menschen.
Zeugen der NS-Verbrechen noch schnell beseitigt
SP-Verteidigungsminister
Norbert Darabos hatte 2008 eine Untersuchung über die Vorkommnisse in der
Kaserne zu Kriegsende beauftragt. Ergebnis: Zielgerichtet war eine
Todesliste von Personen erstellt worden, die NS-Funktionäre hätten belasten
können. Bis zuletzt ging auch der Holocaust weiter: Von einem Transport
Tausender ungarischer Juden, die noch vor dem Einmarsch der Roten Armee ins
KZ Mauthausen gebracht werden sollten, wurden 80 bis 150 in der Grazer
SS-Kaserne hingerichtet.
Konkret vermutet der Historiker Georg Hoffmann (Interview) noch an die 60 Opfer in Bombenkratern, deren Lage erst jetzt durch US-Luftbildaufnahmen bekannt wurde. Um die Tat zu verschleiern, wurde ein Teil der Opfer wieder aus- und am Schießplatz Feliferhof begraben. Diese 142 Leichen wurden im Juni 1945 gefunden, doch der Tatort selbst blieb bis heute unklar. Einer der Täter, ein SS-Offizier, wurde 1911 geboren und könnte heute noch am Leben sein. Seine Spur verläuft sich in den 1950ern in Deutschland.
Innenministerium lässt sich bei Exhumierung Zeit
Jetzt sei
das Innenministerium von Maria Fekter am Zug, eine Grabung zu veranlassen,
so Darabos. Innenministeriumssprecher Rudolf Gollia sagt aber: „Wir müssen
erst die Zuständigkeit klären.“ Darabos selbst will „eine Vorreiterrolle
übernehmen“. Auch wegen der aktuellen Diskussion um FP-Hofburgkandidatin
Barbara Rosenkranz, die sich nicht adäquat von den Naziverbrechen
distanziere.
Historiker Hoffmann im Interview:
ÖSTERREICH: Wie kam es zu dem Massaker in Wetzelsdorf? |