Leoben
Messer-Attacke: 3 Jahre Haft für Schülerin (16)
02.10.2014
Urteil im Prozess wegen versuchten Mordes: Geschworene erkannten keine Notwehr.
Die 16-jährige Steirerin, die im vergangenen Jahr ihrem Mitschüler nach Streitereien ein Messer in den Bauch gestoßen hatte, ist am Donnerstag im Landesgericht Leoben wegen versuchten Mordes verurteilt worden. Das Mädchen fasste drei Jahre Haft aus, wobei ihr zwei Jahre - mit Auflagen - bedingt nachgesehen werden. Verteidigung und Staatsanwaltschaft kündigten Rechtsmittel an.
Geschworene: Keine Notwehr
Keiner der acht Geschworenen erkannte im Handeln der jungen Frau eine Notwehr, wie sie ihr Anwalt vorgebracht hatte. Bei der entscheidenden Abstimmung über Mordversuch oder nicht, fiel das Votum fünf zu drei für einen versuchten Mord aus. Von dem einen Jahr, das die 16-Jährige in Haft verbüßen muss, hat sie bereits rund drei Monate durch ihre Untersuchungshaft hinter sich.
Die beiden bedingt nachgesehenen Haftjahre wurden vom Gericht u.a. mit folgenden Auflagen verbunden: Die Schülerin bekommt Bewährungs- und Erziehungshilfe zur Seite gestellt und sie muss ihren Hauptschulabschluss nachmachen. Außerdem muss sie dem Opfer 1.000 Schmerzensgeld zahlen. Die Verteidigung kündigte gleich nach dem Urteil Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an, auch die Staatsanwaltschaft will in Strafberufung gehen. Das Urteil ist damit nicht rechtskräftig.
Streit mit Mitschüler
Die angeklagte Obersteirerin hatte einige Zeit vor dem Vorfall im Mai 2013 "aus disziplinären Gründen" die Schule gewechselt und mit einem der neuen Kollegen und späteren Opfer immer wieder Probleme gehabt: "Er war ein Alphatier, und sie machte ihm diese Stellung streitig", so der Staatsanwalt am ersten Prozesstag am Mittwoch. Es folgten vor allem verbale Beschimpfungen auf Facebook und anderen Plattformen. Dabei standen sich die beiden in nichts nach und bedrohten sich gegenseitig. Er sprach von "aus dem Fenster werfen", sie von "aufschlitzen".
Am Vorabend der Tat kam es wieder zu gegenseitigen Drohungen, und da packte die Schülerin ein Küchenmesser ein. "Ich habe das Messer mitgenommen, weil ich mit ihm reden wollte, falls ich mich wehren muss", hatte die Angeklagte gegenüber der Polizei angegeben. In der Schule provozierte sie den Burschen, schlug ihm die Kappe vom Kopf, er revanchierte sich mit einem Fußtritt in den Bauch und nahm sie in den Schwitzkasten. "Das ist mit der Gefahr des Erstickens verbunden", befand der Verteidiger. Er gab an, seine Mandantin habe aus reiner Notwehr das Messer - das sie zuvor auf der Toilette im Ärmel versteckt hatte - gezückt und "irgendwohin gestochen". Sie traf den 15-Jährigen in den Bauch, die Verletzung war laut Gerichtsmedizinerin nur zufällig nicht tödlich.
Die psychiatrische Sachverständige hatte der 16-Jährigen im Gutachten eine "Störung des Sozialverhaltens" bescheinigt, außerdem eine "Unerreichbarkeit für Erziehungsmaßnahmen". Mittlerweile lebt das Mädchen bei den Großeltern und macht extern den Hauptschulabschluss nach.