Syrer angeklagt

Messerstecher in Unterleiberl und Badeschlapfen vor Gericht

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In so gar nicht dem Anlass entsprechendem Style kam ein 21-jähriger in Syrien geborener Staatenloser Montagfrüh vor Gericht. Er soll im April einen Kontrahenten nach dem AMS-Englischkurs niedergestochen haben.

Wien. Da staunten Gerichtskiebitze, Bewacher und schließlich auch das Hohe Straflandesgericht nicht schlecht, als ein Delinquent - der immerhin eine gröbere Haftstrafe wegen absichtlich schwerer Körperverletzung zu erwarten hat - im Freibad-Streetstyle zu Verhandlung erschien, sprich: immerhin mit langer schwarzer Hose, Adiletten und weißem Ripp-Unterleiberl.

So erschien der mutmaßliche Messerstecher vor Gericht

So erschien der mutmaßliche Messerstecher vor Gericht 

© TZOe Fuhrich
× So erschien der mutmaßliche Messerstecher vor Gericht

Dazu trug er noch ein Pflaster unter einem Auge, möglicherweise hat der 21-jährige in Damaskus geborene Zuwanderer in U-Haft eine aufs Auge bekommen - weil der syrisch-tschetschenische Bandenkrieg in Wien auch vor den Haftzellen nicht Halt macht? Zur Verhandlung begleiteten ihn mehrere in farbenfrohen Niqabs gekleidete weibliche Verwandte - um die Ehre eine seiner Schwestern soll es im April bei der Messerstecherei in der Wehlistraße vor einem Bildungszentrum des AHS auch gegangen sein.

Mehrmals soll der Angeklagte damals einem Iraker (16) mit dem Messer in den Rücken und in den Hals gestochen haben, weil der aus dem Irak stammende Kontrahent seine Schwester "beleidigt" habe, behauptete der Angeklagte: "Ich war dabei, als er sie belästigt hat. Er hat unschöne Sachen gesagt."

Schulungszentrum Wehlistraße

In diesem Schulungszentrum kam es zu der brutalen Auseinandersetzung. 

© Google earth
× Schulungszentrum Wehlistraße

"Habe nur kleines Messer gezogen, um mich zu wehren"

An den genauen Wortlaut könne er sich nicht mehr erinnern. Es seien "eindeutig Worte, die beleidigend waren" gewesen. Er habe den Burschen zur Rede stellen wollen, dabei sei es zu einer Auseinandersetzung gekommen. Mehrere Männer hätten ihn umringt. Er habe sich bedroht gefühlt. Da habe er "ein kleines Messer" gezogen und "herumgefuchtelt". Es sei nicht seine Absicht gewesen, jemanden zu verletzen: "Ich habe Angst gehabt. Ich wurde angegriffen. Als ich gesehen habe, dass ich blute, habe ich das Messer benutzt. Ich habe das gemacht, um mich zu verteidigen."

Diese Darstellung passte weder zu den Angaben der Schwester des Angeklagten, die diese nach dem Vorfall gegenüber der Polizei getätigt hatte, noch zu einem Video, das ein Augenzeuge mit seinem Smartphone aufgenommen und in den sozialen Medien platziert hatte. Auf dem Video, das im Verhandlungssaal abgespielt wurde, ist zu sehen, wie der Angeklagte auf den 16-Jährigen zusteuert, als dieser die Bildungseinrichtung verlässt. Es kommt zu einem Wortgefecht und kurzen Handgreiflichkeiten, dann weicht der Iraker zurück und versucht offensichtlich einer Eskalation aus dem Weg zu gehen. Der Angeklagte folgt ihm, schwingt regelrecht das Messer, mehrere Personen - darunter ein Lehrer der Bildungseinrichtung - versuchen ihn vergeblich zurückzuhalten. 

Richter über Ankläger - kein  Mordversuch - mehr als überrascht

Die jüngere Schwester des Angeklagten hatte gemeinsam mit dem späteren Opfer einen Englisch-Kurs besucht. Die Pause wollten die beiden gemeinsam verbringen, wobei sie in der Aula vom 21-Jährigen gesehen wurden, der an jedem Tag eine Info-Veranstaltung im Bildungszentrum besuchen wollte. Der Angeklagte dürfte deren Unterhaltung mitbekommen und Worte des 16-Jährigen missinterpretiert haben. Obwohl die Schwester ihm erklärte, dass es sich um ein Missverständnis gehandelt hatte, passte der 21-Jährige den 16-Jährigen dann draußen vor der Bildungseinrichtung ab.

Ganz offen tadelte der Richter übrigens die Staatsanwaltschaft, die nur "absichtlich schwere Körperverletzung" angeklagt hatte. Auch wenn die Wunden nicht sehr tief waren - "wenn ich wem den Hals aufschlitze, ist das in Fernsehkrimis üblicherweise ein Versuch auf Mord", stellte der vorsitzende Richter fest.

Die Verhandlung wurde zur ergänzenden Beweisaufnahme auf Anfang September vertagt.

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