Wiederaufnahme

Mord-
Prozess nach 18 Jahren

04.02.2011

Behörden verschlampten Beweise. Silkes Blut an Gürtel des Angeklagten.

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© BPD, privat
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Am Montag startet der spektakuläre Prozess rund um die Ermordung der 17-jährigen Salzburgerin Silke Schnabel. Obwohl die Tat schon 18 Jahre zurückliegt, wird ein Ansturm von Presse und Kibitzen erwartet. Die Details:

Mordnacht
Silke verschwindet am 11. Juli 1992 spurlos. Zuletzt wird sie in der Nacht zuvor in der Nähe des Tatorts mit dem Angeklagten Anton W. gesehen, einem 52-jährigen Lagerarbeiter. Die beiden hatten ein Salzburger Rotlicht-Lokal gemeinsam verlassen.

Tatort
Am Morgen des 11. Juli 1992 entdeckt die Polizei W. am Ufer der Salzach: nackt und mit heruntergelassenen, nassen Jeans. Daneben seine Unterhose. Um ihn herum ist das Gras platt, wie nach einem Kampf.

Blut
Später findet die Polizei bei W. zu Hause einen Gürtel, auf dem Silkes Blut klebt, und Silkes Bluse.

Opfer
Am 21. Juli wird Silkes Leiche aus dem Inn gezogen. Ihr Körper weist Spuren von Vergewaltigung und Würgemale auf. Anton W. wird verhaftet, seine Aussagen sind widersprüchlich.

Behörden
Nach 4 Monaten U-Haft lassen die Behörden Anton W. wieder gehen. Aus Mangel an Beweisen.

Wiederaufnahme
Seit 10. September 2010 sitzt Anton W. wieder in U-Haft. Silkes Mutter, Monika St. (60), hatte gemeinsam mit dem Opferanwalt Stefan Rieder eine Wiederaufnahme des Verfahrens erwirkt. Dabei stellt sich heraus: Die Justiz hat Gürtel und Silkes Bluse, die wichtigsten Beweismittel, verschlampt.

Insgesamt 22 Zeugen sind geladen, darunter ein Neuropsychiater, die Lokalbesitzerin des Rotlichtlokals und zwei Prostituierte. Mit Spannung erwartet wird der Auftritt des Star-Profilers Thomas Müller, der ein belastendes Psycho-Gutachten vorlegen wird.

Obwohl die Beweislast erdrückend ist, hat Anton W. nie ein Geständnis abgelegt. Sein Verteidiger zweifelt die Gutachten an, rechtfertigt die widersprüchlichen Aussagen des Angeklagten damit, dass dieser aufgrund seiner Vorstrafen – er ist mehrfach verurteilter Sexualtäter – Angst vor einer Vorverurteilung hatte.

Wird W., für den weiter die Unschuldsvermutung gilt, verurteilt, droht ihm lebenslange Haft. Das Urteil wird für kommenden Freitag erwartet.
 

Mutter: "Habe oft an Selbstjustiz gedacht!"

ÖSTERREICH: Frau St., was erwarten Sie von dem 
Prozess, 18 Jahre danach?
Monika St.: Ich hoffe nur auf Gerechtigkeit.

ÖSTERREICH: Was bedeutet Gerechtigkeit?
St.: (schweigt) Ich erwarte die Höchststrafe. Jetzt haben wir so lange gekämpft. Und es gibt so viele Sachen, die dafür sprechen.

ÖSTERREICH: Sie haben ja mit Herrn Rieder eine Wiederaufnahme erwirkt.
St.: Ich habe immer wieder mit der Kripo geredet, da hieß es aber immer nur „nein, das Verfahren ist eingestellt, da geht nix mehr“. Dann ging ich zum „Weißen Ring“, zum Herrn Doktor Rieder.

ÖSTERREICH: Warum, glauben Sie, ist W. schuldig am Mord Ihrer Tochter?
St.: Es gab so viele Widersprüche. Er hat im Jahr 1992 bei der Einvernahme vor der Kripo so gelogen. Und seine Straftaten. Wie er das erste Mal (stockt) so was gemacht hat im Burgenland, war er 15. Das ist laufend so dahingegangen. 1998 war dann das letzte Mal. Dann war da die weiße Bluse, der Gürtel mit dem Blut. (stockt). Und dann ist er gefunden worden. An der Salzach. Nackt. Die Hose, seine Jean, war nass. Man kann gar nicht verstehen, warum das überhaupt je eingestellt werden konnte.

ÖSTERREICH: Wie ging es bei der Wiederaufnahme weiter?
St.: Da ist man draufgekommen, dass die Beweise verschwunden sind. Wenn der Gürtel da wäre, könnte man ihn untersuchen, mit der heutigen DNA-Analyse. Die Mutter des Angeklagten hat damals zur Polizei gesagt, er soll einen anderen Gürtel nehmen, nicht den mit dem Blut drauf. Sie wollte den Beamten bestechen.

ÖSTERREICH: Was dachten Sie in all den Jahren?
St.: (stockt) Wenn nix geschieht, nehme ich das selbst in die Hand.

ÖSTERREICH: Haben Sie den Angeklagten je gesehen?
St.: Im Gefängnis. Ich zeigte ihm ein Foto von Silke. Da hat er mich wüst beschimpft. Wenn er unschuldig gewesen wäre, hätte er doch gesagt ‚Ich war’s nicht. Ich war’s wirklich nicht.‘ Ich bin dann im Krankenhaus gelandet.

ÖSTERREICH: Was fühlen Sie gegenüber dem Angeklagten? Zorn?
St.: (schweigt) Zorn ist ein Hilfsausdruck.

ÖSTERREICH: Gehen Sie zum Prozess?
St.: Nein, ich würde das nicht schaffen. Ich hoffe, dass ich das endlich abschließen kann, dass das zu einem guten Ende kommt. Und, dass Silke endlich in Ruhe schlafen kann.

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