Urteil bekannt

Autoraser fasst 15 Jahre Haft für Mordversuch aus

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Der zu 15 Jahren Haft verurteilte Autoraser fuhr ohne Führerschein und mit nicht zugelassenem Jaguar auf Polizisten los. 

Ein Autoraser, der sich in der Nacht auf den 9. Dezember 2023 eine wilde, mehr als sechsminütige Verfolgungsjagd mit der Wiener Polizei durch mehrere Bezirke geliefert hatte, ist am Dienstagabend am Landesgericht wegen Mordversuchs und weiterer Delikte zu 15 Jahren Haft verurteilt worden. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, der 35-Jährige erbat Bedenkzeit, der Staatsanwalt gab vorerst keine Erklärung ab. 

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© Roman Fuhrich
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Der Mann hatte sich einer Polizeikontrolle entzogen und auf der Flucht vor der Exekutive mehrere Unfälle gebaut, wobei drei Personen schwer verletzt wurden. Vor allem aber fuhr er direkt auf zwei Polizisten los, die sich ihm in den Weg gestellt hatten und in letzter Sekunde zur Seite springen mussten, um nicht touchiert zu werden. Die Geschworenen werteten dieses Vorgehen mit 7:1 Stimmen als versuchten Mord und teilten damit die Sicht der Anklagebehörde, die dem Angeklagten zumindest bedingten Tötungsvorsatz unterstellt hatte.

Im Bereich Gaudenzdorfer Gürtel - Eichenstraße war eine Straßensperre errichtet worden, welcher der Raser auswich, indem er mit seinem Jaguar ein Fahrzeug touchierte und über eine Verkehrsinsel auf die Polizisten zusteuerte. "Ich bin vor ihm gestanden mit gezogener Schusswaffe und habe 'Stop! Polizei! Halten!' gerufen," gab einer der Beamten später zu Protokoll. Der Autofahrer sei dessen ungeachtet "mit voller Geschwindigkeit über die Verkehrsinsel drübergezogen. Ohne Rücksicht auf mich. Es war ihm einfach wurscht. Er hätte mich zu hundert Prozent komplett niedergestreut."

Jaguar mit maximal 30 km/h unterwegs 

Wie ein verkehrstechnischer Sachverständiger nun darlegte, war der Jaguar zu diesem Zeitpunkt nicht - wie ursprünglich von der Staatsanwaltschaft angenommen - mit 70 bis 80 km/h, sondern mit maximal 30 km/h unterwegs. Bei einer Kollision mit den Polizisten wäre bei dieser Geschwindigkeit "mit schweren, in der Regel aber nicht tödlichen Verletzungen zu rechnen" gewesen, sagte Gerichtsmediziner Nikolaus Klupp.

Der 35-Jährige bestritt, mit Tötungsabsicht gehandelt zu haben. Er wäre "durch eine Lücke durchgefahren" und hätte "jederzeit bremsen können", versicherte er den Geschworenen. Er habe gewiss keinen Tötungsvorsatz gehabt: "Ich hab' mir nix dabei gedacht."

Der Angeklagte hatte seinem Cousin einen über 20 Jahre alten, nicht mehr für den Verkehr zugelassenen Jaguar abgekauft. Dabei besaß der Kfz-Mechaniker gar keinen Führerschein mehr - der war ihm 2017 wegen Trunkenheit am Steuer abgenommen worden. Bei der allerersten Ausfahrt erregte er die Aufmerksamkeit einer Zivilstreife. Die Polizeibeamten nahmen an einer Kreuzung am Mariahilfer Gürtel wahr, wie der Mann am Steuer lässig seinen linken Arm mit einem Joint in der Hand aus dem geöffneten Seitenfenster baumeln ließ. Sie bemerkten auch Cannabisgeruch und wollten daher den Lenker einer Kontrolle unterziehen. Daraufhin stieg dieser aufs Gaspedal und fuhr den Polizisten davon, die die Verfolgung aufnahmen.

Mehrere rote Ampeln überfahren

In weiterer Folge übersetzte der 35-Jährige trotz Rotlichts mehrere Kreuzungen mit weit überhöhter Geschwindigkeit und brachte andere Verkehrsteilnehmer und Fußgänger in Gefahr, die vorschriftsmäßig bei Grün die Fahrbahn überquerten. Der Staatsanwalt legte das als vorsätzliche Gemeingefährdung aus - die körperliche Unversehrtheit von zumindest zehn Personen sei in Gefahr gewesen. Der 35-Jährige war zu diesem Anklagepunkt geständig, der Schuldspruch der Geschworenen dazu erfolgte einstimmig.

Dasselbe galt für eine ihm vorgeworfene grob fahrlässige Körperverletzung zu Lasten eines Radfahrers. Den hatte der Angeklagte am Matzleinsdorfer Platz erfasst, indem er ihm ins Hinterrad fuhr und zu Sturz brachte. Dass der 46-Jährige einen Helm trug, dürfte ihm das Leben gerettet haben. Der Radler prallte mit dem Kopf gegen einen harten Gegenstand - vermutlich den Asphaltboden - und erlitt eine schwere Gehirnerschütterung, aber keine Knochenbrüche. Der Helm, der bei dem Unfall zerstört wurde, habe "wahrscheinlich ein tödliches Schädel-Hirn-Trauma und einen Schädelbruch verhindert. Der Helm hat ihm unter Umständen das Leben gerettet", bemerkte Gerichtsmediziner Klupp.

Am Landstraßer Gürtel war der Raser schließlich auf die Gegenfahrbahn geraten und setzte seine Fahrt als Geisterfahrer fort. Er krachte in einen ihm entgegenkommenden Pkw, in dem sich eine vierköpfige Familie befand. Die Mutter, die am Beifahrersitz saß, wurde schwer verletzt. Sie erlitt Brüche mehrerer Brustwirbel und eines Halswirbels sowie einen Kreuzbandriss und Außenmeniskusriss am rechten Knie. Lebensgefahr bestand für die 52-Jährige aber keine. Ihr Ehemann erlitt eine Kahnbeinfraktur und einen Bruch einer Speiche.

Stillstand erst nach Kollision

Erst nach dieser Kollision war der Jaguar endlich zum Stillstand gekommen. Der Lenker versuchte noch zu flüchten, wurde aber von der Polizei gefasst. Wie sich herausstellte, war der Mann erst am 12. Jänner 2023 in Tschechien nach Verbüßung einer mehrjährigen Haftstrafe aus dem Gefängnis entlassen worden. Im Frühjahr 2019 hatte man ihn in Brno (Brünn) ohne Führerschein mit einer erheblichen Menge an Cannabis und mehreren Pistolen sowie einer Kalaschnikow im Kofferraum erwischt.

Auch damals hatte er sich einer Polizeikontrolle zu entziehen versucht und sich mit der tschechischen Polizei eine gefährliche Verfolgungsjagd quer durch Brno geliefert. Er wurde dafür unter anderem wegen Gemeingefährdung, Suchtmitteldelikten, illegalen Waffenbesitzes und weiterer Vergehen zu sieben Jahren Haft verurteilt und nach Verbüßung der Strafhälfte wegen guter Führung vorzeitig entlassen.

Während der 35-Jährige während und nach der Urteilsverkündung ruhig blieb, rastete seine im Zuschauerraum befindliche Mutter aus. "Sie haben keine Herzen!", rief sie wütend in Richtung der Geschworenen, ehe sie aus dem Verhandlungssaal stürmte. Durch die geöffnete Tür folgten weitere Unmutsäußerungen ("15 Jahre für nichts. Er hat nichts gemacht", "Das ist unmenschlich!"), ehe ein besitzender Richter einen Medienvertreter aufforderte, die Tür zuzumachen.

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