21 Monate teilbedingte Haft für 20-jährigen Elektriker-Lehrling.
Nach einem Gewaltexzess in einer Wiener Straßenbahn ist ein 20-jähriger Elektriker-Lehrling am Montag im Straflandesgericht wegen absichtlicher schwerer Körperverletzung zu 21 Monaten teilbedingter Haft verurteilt worden. Er hatte am frühen Abend des 23. Juni 2013 in der Linie 26 einen Betrunkenen zusammen getreten und schwer verletzt, der ihn und seine Freundin belästigt und provoziert hatte.
Wie auf dem Video-Material, das die Wiener Linien der Justiz übermittelt hatten, deutlich zu sehen war, näherte sich der sichtlich angeheiterte 38-jährige Mann, der sich am Donauinsel-Fest mit rund zwei Promille Alkohol "versorgt" hatte, dem sitzenden jungen Pärchen. Minutenlang redete er auf den jungen Elektriker ein, griff nach seiner Hand, ließ diese nicht mehr aus, machte Bemerkungen über dessen Freundin und versetzte dem 20-Jährigen schließlich einen nicht allzu festen Schlag ins Gesicht.
Faustschlag, High-Kick in Kopfhöhe, Front-Kick ins Gesicht Die Reaktion des muskelbepackten, durchtrainierten Burschen folgte auf dem Fuß. Er versetzte dem Mann zunächst im Aufstehen einen kräftigen Faustschlag mitten ins Gesicht und sodann mit dem rechten Bein einen High-Kick in Kopfhöhe, was den Betrunkenen zu Fall brachte. Dem am Boden Liegenden trat der 20-Jährige dann noch mit einem wuchtigen Front-Kick ins Gesicht.
Der 38-Jährige erlitt unter anderem eine Jochbein-, Augenhöhlen-und Oberkiefer-Fraktur. Da es sich teilweise um verschobene Brüche handelte, hat der in einem Pharma-Unternehmen Angestellte seither unter asymmetrischen, irreparablen Gesichtszügen und einer teilweisen Gesichtslähmung zu leiden. Zudem ist die Sehleistung des linken Auges erheblich eingeschränkt.
"Ich fühl mich als Opfer", sagte der Angeklagte zum Erstaunen von Richterin Daniela Zwangsleitner. Er habe "alles versucht", den Betrunkenen abzuwimmeln, den er als "lächerlich" empfunden habe. Als dieser ihn schlug, habe er reflexartig gehandelt: "Er ist ja über mir gestanden." Er räumte ein, noch "reingetreten" zu haben, als dieser schon zwischen den Sitzreihen am Boden zu liegen gekommen war. Begründung: "Wenn man Angst hat, tut man solche Sachen."
Unverständlich: Fahrgäste kümmerten sich nicht um den Verletzten Der Richterin behagte nicht nur diese Antwort nicht, sie fand auch das Verhalten der anderen Fahrgäste nicht nachvollziehbar, die den Schwerverletzten einfach in der voll besetzten Tram liegen und seinem Schicksal überlassen hatten, während der 20-Jährige mit seiner Freundin sich entfernte. "Kein Mensch hat dort ein Ohrwaschl gerührt. Jeder hat heut' ein Handy, aber erst nach sieben Minuten hat einer den Notruf gewählt", stellte Zwangsleitner kopfschüttelnd fest.
Der Schöffensenat verhängte am Ende 21 Monate Haft, davon sieben Monate unbedingt. Zudem muss der Lehrling dem 38-Jährigen 10.000 Euro an Schmerzengeld und Entschädigung für die ärztlich attestierte Verunstaltung bezahlen. Das von der Staatsanwaltschaft akzeptierte Urteil ist nicht rechtskräftig, der 20-Jährige erbat Bedenkzeit.