Aktion scharf
21 Razzien nach Dreifach-Flucht
15.11.2023
In Niederösterreich ist am Mittwoch ein dritter Fall einer Gefängnis-Entweichung bekannt geworden. Die Justiz reagierte nun mit Maßnahmen auf die drei Fluchten binnen weniger Tage.
Eine Insassin der Justizanstalt (JA) Schwarzau (Bezirk Neunkirchen) kehrte in der Vorwoche aus dem Landesklinikum Wiener Neustadt nicht zurück, bestätigte das Justizministerium. Weiterhin gesucht werden entkommene Häftlinge im Alter von 16 und 35 Jahren, die sich im Rahmen von Spitalbesuchen abgesetzt hatten.
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Am Dienstagabend war ein 35-jähriger Insasse der JA Stein im Rahmen eines Spitalbesuchs entkommen. Eine stundenlange Alarmfahndung nach dem russischen Staatsbürger im Raum Krems verlief negativ. Der Häftling saß in Stein laut Polizei eine Haftstrafe wegen unter anderem schweren Raubes ab.
Vom am Montag während eines Krankenhausbesuchs in Wiener Neustadt entkommenen Insassen der Justizanstalt für Jugendliche in Gerasdorf (Bezirk Neunkirchen) machten am Dienstag offenbar frische Instagram-Videos die Runde. Das Material wird von der Polizei geprüft. Eine Alarmfahndung nach dem 16-jährigen Afghanen war zu Wochenbeginn ebenfalls negativ verlaufen.
Insassin von schlechter Nachricht aus Bahn geworfen
Zur Insassin der JA Schwarzau betonte das Justizministerium auf Anfrage, dass diese im Rahmen eines unbewachten stationären Aufenthalts entwichen sei - im Gegensatz zu den beiden weiteren Fällen, die sich bei medizinischen Ausführungen ereignet hatten. Der Aufenthalt der Frau sei von der Vollzugsbehörde erster Instanz als unbewacht bewilligt worden, "da immer wieder Ausgänge zum Erhalt von sozialen Kontakten (wie z.B. mit den Kindern) erfolgten, von denen die Insassin immer ordnungsgemäß zurückkehrte". Die Insassin "zeigte ein sehr gutes Vollzugsverhalten und wurde von einer schlechten Nachricht aus der Bahn geworfen", wurde betont. Verbüßt hatte sie eine Haftstrafe aufgrund von Vermögensdelikten, deren Ende war für Frühjahr 2025 vorgesehen.
Razzien in 21 Justizanstalten im ganzen Land
Auf die jüngsten Vorfälle reagierte das Justizministerium laut eigenen Angaben bereits mit Maßnahmen. "Alle Justizanstalten wurden angewiesen, medizinische Eskorten bis auf weiteres nur unter besonderen Sicherheitsvorkehrungen durchzuführen", hieß es in einer Stellungnahme.
Bei einer Schwerpunktaktion seien am Mittwoch bundesweit in 21 Justizanstalten zahlreiche Hafträume durchsucht worden. Augenmerk gelegt wurde laut Ministerium u.a. auch auf Gegenstände, die zur Fluchtvorbereitung genutzt werden können. "Solche Aktionen werden in unregelmäßigen Abständen im gesamten Bundesgebiet durchgeführt und dienen der Stärkung und Aufrechterhaltung der Sicherheit in den Justizanstalten."
Fluchten werden analysiert
Darüber hinaus würden sicherheitsrelevante Vorfälle wie Fluchten "laufend evaluiert und es erfolgt ein multiprofessioneller Austausch auf verschiedensten Ebenen". Genannt wurden u.a. Anstaltsleitungen sowie Sicherheitsbeauftragte in den Justizanstalten. Weiters erfolge ein Austausch mit anderen Behörden und europäischen Strafvollzugsverwaltungen. "Jeder einzelne Versuch wird genau analysiert, um aus diesen Erkenntnissen und Erfahrungen zu lernen und vorhandene Sicherheitsmaßnahmen entsprechend zu adaptieren bzw. Sicherheitseinrichtungen nachzurüsten." Ergebnisse fließen zudem in die Aus- und Fortbildung des Justizwachepersonals ein.
FPÖ fordert Rücktritt der Regierung
Eine Reaktion auf die Geschehnisse gab es am Mittwoch aus der FPÖ. Generalsekretär Michael Schnedlitz befand, dass es offenbar "ein Leichtes" sei, "einfach so auszubüxen und auf Nimmerwiedersehen zu verschwinden". Aus seiner Sicht ist Justizministerin Alma Zadic (Grüne) und die gesamte Bundesregierung rücktrittsreif.
Gewerkschafter sieht "unglückliche Umstände"
Albin Simma, Vorsitzender der GÖD-Justizwachegewerkschaft, sagte im APA-Gespräch, dass die Vorfälle unter "unglücklichen Umständen passiert" seien. Die Forderung nach mehr Personal bestehe von Gewerkschaftsseite zwar bereits lange und auch weiter, die jüngsten Ereignisse hätten damit aber nichts zu tun. Kritisiert wurden von Simma vielmehr die aus seiner Sicht gestiegene Anzahl an Vorführungen von Häftlingen bei Ärzten und in Spitälern sowie die begleitenden Umstände.