Innsbrucker Staatsanwaltschaft und Richter überprüfen Pflichtverletzungen.
Im Fall Natascha Kampusch untersucht die Innsbrucker Staatsanwaltschaft (StA) nun, ob es zu schuldhaften Pflichtverletzungen durch Staatsanwälte gekommen ist. Wie der zuständige Staatsanwalt Hansjörg Mayr am Dienstag mitteilte, solle auch nur der bloße Anschein einer Voreingenommenheit der Staatsanwaltschaft Innsbruck vermieden werden. Daher sei das Ermittlungsverfahren am Dienstag auf eine gerichtliche Basis gestellt worden. Die Vernehmungen sollen von einem unabhängigen Haft- und Rechtsschutzrichter durchgeführt werden. Ein Abschluss der Ermittlungen sei derzeit nicht absehbar.
Akten übermittelt
Am Dienstag seien die Akten dem Einzelrichter im Ermittlungsverfahren (das ist der frühere Untersuchungsrichter Anm.) übermittelt worden. Dieser soll unter anderem den pensionierten OGH-Präsidenten Johann Rzeszut und den früheren Präsidenten des österreichischen Verfassungsgerichtshofs (VfGH), Ludwig Adamovich, sowie die angezeigten Staatsanwälte als Beschuldigte vernehmen. Dabei geht es um den Vorwurf, polizeiliche Ermittlungsergebnisse seien konsequent und beharrlich vernachlässigt worden, "nachhaltigst indizierte wesentliche Ermittlungsschritte" unterlassen, medial krass wahrheitswidrige Informationen verbreitet und unsachlicher Druck auf Polizeibeamte ausgeübt worden.
Pflichtverletzungen
Aufgabe der Staatsanwaltschaft Innsbruck sei es nicht, das Kampusch-Verfahren neu aufzurollen, sondern es unter dem Aspekt schuldhafter Pflichtverletzungen durch Staatsanwälte zu überprüfen. Ob das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Innsbruck am Ende Auswirkungen auf eine allfällige Wiederaufnahme der Ermittlungen im Entführungsfall selbst haben könnte, liege nicht im Zuständigkeitsbereich der Staatsanwaltschaft Innsbruck, betonte Mayr, sondern wiederum bei der Staatsanwaltschaft Wien und der ihr vorgesetzten Behörden.
Seit dem Einlangen der ersten Akten sei eine Staatsanwältin nahezu ausschließlich mit der Bearbeitung dieses Verfahrens beschäftigt. Die Unterlagen hätten einen Umfang von über 22.000 Seiten. Allein das gründliche Studium dieser Unterlagen verursache einen entsprechend hohen Zeitaufwand, berichtete der Staatsanwalt. Das Aktenstudium durch die Staatsanwaltschaft sei zu einem guten Teil abgeschlossen. Der zuständige Richter werde sich vor Durchführung der Vernehmungen ebenfalls in das umfangreiche Aktenmaterial einlesen müssen. Zur Beschleunigung wurde ein Großteil der Akten eingescannt, um eine parallele Bearbeitung durch Gericht und Staatsanwaltschaft zu ermöglichen. Eine zeitliche Einschätzung über die Dauer wollte Mayr nicht abgeben.