Heute wurde ein Schlussstrich in der Endlos-Affäre gezogen.
Die Evaluierungskommission hat sich laut Jörg Ziercke, Chef des deutschen Bundeskriminalamts (BKA), "eindeutig für die Einzeltätertheorie ausgesprochen". Zwar sei ein endgültiger Beweis nach wissenschaftlichen Kriterien nicht möglich, "weil Herr Priklopil nicht mehr am Leben ist", sagte Ziercke. Aber: Verbindungen des Entführers zu Rotlicht-, Sado-Maso- oder Pädophilenszene "konnten trotz umfangreicher Ermittlungen nicht festgestellt werden". Sehr wohl festgestellt wurden von der Kommission aber "Ermittlungspannen" und "Fehleinschätzungen" bei den Ermittlungen.
Die Aussage einer jungen Zeugin, die Kampuschs Entführung beobachtet und von zwei Tätern berichtet hatte, bezeichnete Ziercke als "subjektiv glaubwürdig", dennoch habe sich das Mädchen "objektiv geirrt". Denn sie habe das Auto des Entführers mit einem anderen Wagen verwechselt, den sie wenig später an einer Kreuzung gesehen habe und in dem tatsächlich zwei Männer gesessen seien. Auch in Priklopils Auto und Haus seien keine Hinweise auf weitere Täter gefunden worden.
Pannen Festgestellt wurden laut Ziercke allerdings "Ermittlungsfehler in einzelnen Stadien" der Untersuchung des Entführungsfalles sowie "Fehleinschätzungen". Etwa die Tatsache, dass Hinweisen auf Priklopil aus der Anfangsphase der Entführung nicht nachgegangen wurde. Allerdings verwies Ziercke darauf, dass das Verlies, in dem Kampusch festgehalten wurde, wohl auch bei einer Hausdurchsuchung ohne konkreten Hinweis nicht hätte gefunden werden können.
Kampusch wurde nicht noch einmal befragt Wie der frühere Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Herbert Anderl, bei der Präsentation des Berichtes sagte, hat die Evaluierungskommission 84 Befragungen und 18 Lokalaugenscheine durchgeführt. Nicht noch einmal befragt wurden allerdings Natascha Kampusch, ihre Eltern und auch nicht der Freund des Entführers, Ernst H. Dies sei angesichts der ohnehin vorliegenden Protokolle nicht erforderlich gewesen, so Ziercke.
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14:01 Uhr: Natascha wurde nicht noch einmal befragt Auf die Frage eines Journalisten, wieso weder das Entführungsopfer Natascha Kampusch selbst, ihre Eltern oder auch Zeuge Ernst H. nochmals befragt wurden, sagt Ziercke: "Es gab nur eine geringe Wahrscheinlichkeit, dass sie etwas anderes sagen...".
13:37 Uhr: Selbstmord Vom Tisch ist nun auch die Mord-Theorie. Laut Bericht hat Wolfgang Priklopil nach Nataschas Flucht Selbstmord begangen. Damit ist die Pressekonferenz beendet. Jetzt stellen Journalisten noch Fragen.
13:27 Uhr: Die Begründung im Wortlaut "Die Evaluierung hat ergeben, dass Wolfgang Priklopil die Entführung mit hoher Wahrscheinlichkeit alleine durchgeführt hat", so der Präsident des deutschen Bundeskriminalamtes, Jörg Ziercke.
13:21 Uhr: Einzeltäter-Theorie bestätigt Jetzt wird Bezug genommen auf die Einzeltäter-Theorie: Laut Endbericht ist Wolfgang Priklopil "mit hoher Wahrscheinlichkeit" Einzeltäter.
13:10 Uhr: Aufgelistet werden nun Details der Arbeit. Es gab 18 Lokalaugenscheine, 10.000 Arbeitsstunden wurden in den Bericht investiert. Das FBI und deutsche Profiler waren insgesamt 10 Tage für die Recherche in Wien.
12:59 Uhr: Der Festsaal im Innenministerium ist gut gefüllt. Jetzt beginnt die Pressekonferenz.
12:50 Uhr: Noch zehn Minuten.. Gleich geht es los. In zehn Minuten wird der Kampusch-Bericht bekanntgegeben. +++ Wir berichten hier LIVE +++
12:14 Uhr: Nur ausgewählte Journalisten Zu der Pressekonferenz heute um 13 Uhr wurden nur ausgewählte Journalisten geladen. Unter ihnen wird auch ein ÖSTERREICH-Reporter sein. +++ In einer Stunde beginnt das Pressegespräch im Innenministerium +++ Wir berichten LIVE +++
11:34 Uhr: Einzeltäter-Theorie bleibt Theorie Die Einzeltäter-Theorie war in der Vergangenheit auch von honorigen Personen wie dem ehemaligen Präsidenten des Verfassungsgerichtshof, Ludwig Adamovich, angezweifelt worden. Die Kritiker bezogen sich dabei auf die Aussage von Ischtar A., die 1998 die Entführung beobachtet hatte und dabei zwei involvierte Personen gesehen haben will. Die Evaluierungskommission ortete in dieser Aussage jedoch schwere Widersprüche. Denn bei späteren Einvernahmen war sie sich gar nicht mehr sicher, dass sie zwei Männer bei der Entführung gesehen hatte.
11:06 Uhr: Arbeit seit 2012 Das Expertenteam, dem auch Cold-Case-Spezialisten des deutschen Bundeskriminalamtes (BKA) und des amerikanischen FBI angehörten, hat im Juli 2012 die Arbeit aufgenommen. Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss hatte im Vorfeld eine entsprechende Empfehlung abgegeben, da Abgeordnete Widersprüche in der Causa geortet haben.
09:55 Uhr: Fall gelöst... ÖSTERREICH liegen die wesentlichen Punkte des Berichts vor: Wolfgang Prilopil war ein Einzeltäter, der Fall ist nun endgültig gelöst. Die Experten werden heute um 13 Uhr gemeinsam mit Innenministerin Johanna Mikl-Leitner die finale Expertise präsentieren.
09:01 Uhr: Die offenen Fragen zum Durchklicken:
Kampusch: Die offenen Fragen1/7
Kampusch hat bei ihren Einvernahmen stets von einem Täter gesprochen. Dem entgegen steht eine Zeugenaussage einer im Jahr 1998 zwölf Jahre alten Schülerin, die gesehen haben will, dass Kampusch von zwei Person gekidnappt wurde: Während ein Mann Kampusch ins Auto zerrte, saß ein zweiter hinter dem Steuer.
Eine Beamtin hielt in einer Aktennotiz fest, Kampusch habe nach ihrer Selbstbefreiung auf die Frage nach Mittätern geantwortet, sie könne "keine Namen nennen".
Nach der Entführung fuhr Priklopil nicht unmittelbar zu seinem Haus mit dem Verlies, sondern zu einem Waldstück. Dort telefonierte er und erklärte Kampusch dann, dass "die anderen" nicht kommen würden.
Warum erfolgte die Entführung am 2. März 1998, obwohl zu diesem Zeitpunkt das "Verlies" noch nicht gänzlich fertiggestellt war?
Dubios ist auch die Rolle des ehemals besten Freund von Priklopil, Ernst H., der im Zuge der Ermittlungen seine Aussagen grundlegend geändert hat. Anfangs hatte er behauptet, nichts von der Entführung gewusst zu haben. Am Tage der Selbstbefreiung von Kampusch habe Priklopil ihn gebeten, ihn vom Donauzentrum in Wien abzuholen, da er in angetrunkenem Zustand einer Polizeikontrolle davon gerast sei. Als später die Polizei bei ihrer Suche nach Priklopil zu der Veranstaltungshalle von H. gekommen ist, hatte dieser auf die Frage, wo Priklopil sein könnte, mit dem bemerkenswerten Satz "Hat er se umgebracht?" geantwortet. Später änderte H. seine Aussage dahingehend, dass der Entführer im Auto eine umfassende Lebensbeichte abgelegt hatte, wodurch auch etwaiges Insiderwissen erklärbar wäre.
Fraglich war auch eine Geldüberweisung von 500.000 Schilling (rund 36.300 Euro) von H. an Priklopil rund um den Zeitpunkt der Entführung. Nachdem die ursprüngliche Version, dass H. seinem Freund das Geld für ein Auto geliehen hatte, nicht schlüssig war, hatte H. auch hier seine Version geändert. Es sei Schwarzgeld aus Wohnungsverkäufen gewesen, das er am Finanzamt vorbeischleusen wollte.
Im Zuge einer Pressekonferenz legte H. einen Zettel mit dem Wort "Mama" vor und behauptete, dies wäre eine Art Abschiedsbrief gewesen. Gutachten ergaben allerdings, dass die Schrift nicht mit jener von Priklopil übereinstimmte.
08:15 Uhr: 21 Personen rollten Fall neu auf Die 21 Kriminaltechniker und Experten des amerikanischen FBI, des deutschen Bundeskriminalamtes (BKA) sowie Österreichs Cheffahnder trafen einander abwechselnd in Washington, Wiesbaden und Wien zum Recherche-Austausch.
An der Spitze des Teams Jörg Ziercke, deutscher BKA-Chef, und Steven Paulson, Chef der Rechtsabteilung der US-Botschaft in Wien. Geforscht wurde im Auftrag des Parlaments, nachdem ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss den Kampusch-Ermittlern schwere Pannen vorgeworfen hat.
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Rudolf Mayer, bekannter Anwalt: "TV-Interview nicht günstig"
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Rotraud Perner, Psychiaterin: "Auch andere Wahrheit"
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Karl Kröll, Aufdecker: "Fall Kampusch noch nicht gelöst"
„Ich kann die ewigen Artikel und Fernsehberichte über den Fall Kampusch nicht mehr ertragen. Jedes Mal denke ich mir: Wie geht Natascha Kampusch damit um, dass sie immer wieder mit denselben Fragen konfrontiert wird? Man sollte diese junge Frau, die derart viel erleiden musste, endlich in Ruhe lassen. Der Täter ist vor dem göttlichen Gericht gestanden und nach seiner Buße wird er seinen Frieden gefunden haben.“
„Wenn sämtliche Hypothesen im Fall Kampusch einen wahren Kern hätten, dann wäre Natascha Kampusch sicherlich daran interessiert, dass die Wahrheit ans Licht kommt. Der Fall wurde umfassend von der Justiz und der Polizei geprüft. Es gibt nichts mehr zu ermitteln und man sollte endlich den Deckel über diesem Fall zumachen.“
„Ich bin der Meinung, dass man Natascha Kampusch endlich in Ruhe lassen sollte. Durch die neuen Verschwörungstheorien verlängert man nur ihr Leid. Ich gehe davon aus, dass von der Polizei das Bestmögliche unternommen wurde, um die Wahrheit zu finden. Ich plädiere dafür, dass Natascha Kampusch endlich das Recht und die Möglichkeit bekommt, in ein normales Leben zurückzukehren. Sie war acht Jahre in Gefangenschaft, aber ihre Opferrolle ist noch immer nicht zu Ende, weil der Fall noch immer nicht geschlossen ist.“
„Wichtig wäre eine emotionsfreie Debatte, die sachlich erfolgt und mit kühlem Verstand – das ist aber nicht möglich. Alles muss auf den Tisch und der Fall muss neu aufgerollt werden. Aber es braucht ausländische Experten für die Aufklärung. Natascha macht sehr viel mit. Wenn sie in die Öffentlichkeit geht, heizt sie den Fall aber wieder neu an.“
„Die Debatte wird in Österreich mittlerweile so emotional geführt, dass es besser wäre, wenn ausländische Experten den Fall Kampusch objektiv betrachten würden. Diese Lösung würde zu einer Beruhigung der Situation beitragen. Ich bezweifle, ob es günstig ist, dass Natascha jetzt ein TV-Interview gegeben hat.“
„Natascha ist ein armes Mädchen, aber der Fall ist noch nicht gelöst.“
Die Antworten zum Fall Kampusch
Kurz, knapp, klar: Auf rund zwei Dutzend Seiten beantwortet die Kampusch-Kommission die wichtigen Fragen zum Kriminalfall.
Komplizen: Hatte Wolfgang Priklopil doch Mittäter? Er war Einzeltäter: Laut Bericht sind alle Zweifel ausgeräumt: Priklopil handelte allein. Die Zweitäter-Theorie entstand durch eine Aussage der Schülerin Ischtar A., einzige Augenzeugin der Entführung avom 2. März 1998. Die Experten entdeckten in ihren Aussagen Widersprüche und schließen: „Es kommt vor, dass Zeugen durch äußere Einflüsse veränderte Wahrnehmungen haben.“
Sex: Hat es Kontakte zur Kinderporno-Szene gegeben? Keine Pornos. Es gab keine Kontakte zur Kinderporno-Szene. Der Verdacht kam auf, nachdem im Handy des Priklopil-Freundes Ernst H. die Nummer einer Erotikshop-Besitzerin sowie eine missverständliche SMS eines Wieners gefunden wurden. Beide Zeugen sind befragt worden. Die internationalen Experten kamen zum Schluss: Sowohl die SMS als auch der Kontakt zur Erotikshop-Besitzerin haben keinen Zusammenhang mit der Entführung.
Mord oder Suizid: Wie ist Entführer Priklopil gestorben? Es war Selbstmord. Mehrmals wurde behauptet, dass Priklopil nach Nataschas Flucht (2006) von möglichen Mittätern ermordet worden sein könnte. Sie sollen ihn vor die Schnellbahn geworfen haben, die ihn später überrollte. Die Experten befragten abermals den Lokführer der Schnellbahngarnitur. Er gab abermals an, nur eine helle Gestalt wahrgenommen zu haben, die sich vor dem Zug auf die Schienen gelegt hat. Die Mordtheorie ist somit eindeutig widerlegt.
Chef-Ermittler: Sein Selbstmord und die Rolle des Bruders? Keine Hinweise. Am massivsten verbreitete Karl Kröll, Bruder des Kampusch-Chef-Ermittlers Franz Kröll, die Mehrtäter-Theorie. Franz Kröll hat 2006 Suizid begangen. Sein Bruder Karl behauptete stets, es sei Mord gewesen. Aus Unterlagen von Franz Kröll gehe klar hervor, dass er als Kampusch-Ermittler ausgeschaltet werden sollte, weil er einem Kinderpornoring auf der Spur war. Die Unterlagen des Ex-Ermittlers wurden durchforstet. Auch in diesem Punkt ergaben sich keine neuen Hinweise.
Pannen: Haben die Kampusch-Ermittler damals Fehler gemacht? Es gab Pannen. Polizei und Staatsanwälte haben Fehler gemacht. So habe es bereits 1998 massive Hinweise auf Priklopil als Täter gegeben. Die Spur ist aber nie ausreichend verfolgt worden. Priklopil hätte also viel früher entdeckt werden können. Kurz nach Nataschas Flucht wurden diese Fehler publik – sie sind aber vertuscht worden.
Ebenso sind missverständliche Aussagen Nataschas, die auf mehrere Täter hätten schließen lassen können, nicht ausreichend überprüft worden, kritisieren die Experten. Priklopil hat Natascha durch Scheintelefonate vorgegaukelt, es gäbe Komplizen. Natascha sagte deshalb bei ihrer ersten Einvernahme: „Ich kenne keine Namen.“ Fazit der Ermittler: Eine Beteiligung Dritter an der Entführung könne zwar nicht hundertprozentig ausgeschlossen werden, Beweismittel dafür gibt es aber keine.
„Ich kann die ewigen Artikel und Fernsehberichte über den Fall Kampusch nicht mehr ertragen. Jedes Mal denke ich mir: Wie geht Natascha Kampusch damit um, dass sie immer wieder mit denselben Fragen konfrontiert wird? Man sollte diese junge Frau, die derart viel erleiden musste, endlich in Ruhe lassen. Der Täter ist vor dem göttlichen Gericht gestanden und nach seiner Buße wird er seinen Frieden gefunden haben.“
„Wenn sämtliche Hypothesen im Fall Kampusch einen wahren Kern hätten, dann wäre Natascha Kampusch sicherlich daran interessiert, dass die Wahrheit ans Licht kommt. Der Fall wurde umfassend von der Justiz und der Polizei geprüft. Es gibt nichts mehr zu ermitteln und man sollte endlich den Deckel über diesem Fall zumachen.“
„Ich bin der Meinung, dass man Natascha Kampusch endlich in Ruhe lassen sollte. Durch die neuen Verschwörungstheorien verlängert man nur ihr Leid. Ich gehe davon aus, dass von der Polizei das Bestmögliche unternommen wurde, um die Wahrheit zu finden. Ich plädiere dafür, dass Natascha Kampusch endlich das Recht und die Möglichkeit bekommt, in ein normales Leben zurückzukehren. Sie war acht Jahre in Gefangenschaft, aber ihre Opferrolle ist noch immer nicht zu Ende, weil der Fall noch immer nicht geschlossen ist.“
„Wichtig wäre eine emotionsfreie Debatte, die sachlich erfolgt und mit kühlem Verstand – das ist aber nicht möglich. Alles muss auf den Tisch und der Fall muss neu aufgerollt werden. Aber es braucht ausländische Experten für die Aufklärung. Natascha macht sehr viel mit. Wenn sie in die Öffentlichkeit geht, heizt sie den Fall aber wieder neu an.“
„Die Debatte wird in Österreich mittlerweile so emotional geführt, dass es besser wäre, wenn ausländische Experten den Fall Kampusch objektiv betrachten würden. Diese Lösung würde zu einer Beruhigung der Situation beitragen. Ich bezweifle, ob es günstig ist, dass Natascha jetzt ein TV-Interview gegeben hat.“