Knalleffekt

Natascha muss vor Gericht

08.03.2012

Zeugin im eigenen Fall - Ihr Vater klagt Ernst H.

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© TZ ÖSTERREICH / Kernmayer
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Entführungsopfer Natascha Kampusch muss erstmals vor Gericht – und zwar als Zeugin in ihrem eigenen Kriminalfall.

Der Hintergrund: Nataschas Vater Ludwig Koch hat Ernst H., den besten Freund von Entführer Wolfgang Priklopil, auf Schmerzensgeld und Schadenersatz beim Zivilgericht Wien geklagt. Koch will Beweise dafür haben, dass „Ernst H. von Nataschas Gefangenschaft gewusst, aber jegliche Hilfeleistung unterlassen hat“. Er will Natascha neben anderen im Zeugenstand sehen.

 

Dietmar Heck, einer seiner drei Anwälte, sagt zu ÖSTERREICH: „Natascha Kampusch soll im Prozess die Gelegenheit haben, ihre Sichtweise darzustellen. Durch das Versäumnis zu handeln ist H. dafür mitverantwortlich, dass das Leiden von Natascha Kampusch und das ihrer ­Eltern acht Jahre dauerte.“

Die Zivilklage umfasst insgesamt sieben Seiten, Koch beziffert laut Regionalmedien Austria seine Ansprüche auf 135.000 Euro. Gerichtlich fordert er aber lediglich 35.000 Euro – 30.000 Euro Schmerzensgeld und 5.000 Euro für die aufgewendete Zeit und jene Kosten, die er für die Fahndung aufbringen musste.

Natascha wird nicht die einzige Zeugin sein: Auch hochrangige Mitglieder der Kampusch-Evaluierungskommission wie Ex-OGH-Präsident Johann Rzeszut, Ex-Verfassungsgerichtshofs-Präsident Ludwig Adamovich, Kriminalpsychologe Thomas Müller und Kriminaloberst Rudolf Keplinger werden geladen.

Prozess im besten Fall noch vor dem Sommer
Und so sieht der Zeitplan aus: Der Geklagte Ernst H. hat jetzt vier Wochen Zeit, sich zu dieser Anklage zu äußern. Dann wird der Verhandlungsbeginn festgelegt. Laut Koch-Anwalt Heck könnte es im besten Fall schon Ende Juni zum Prozess kommen.

Vater Ludwig Koch im Interview

ÖSTERREICH: Warum führen Sie Prozess gegen Herrn H.?
LUDWIG KOCH:
Jeder, der glaubt, dass ich das aus Geldgeilheit mache, muss kaputt im Kopf sein. Es geht mir nur um die Wahrheit. Ich will, dass dieser Fall endlich aufgeklärt wird, dass endlich Schluss mit der Qual ist und mein Kind endlich Ruhe hat.

ÖSTERREICH: Der Prozess wird aber eine endlose Sache und ein Medientheater.
KOCH:
Wenn der Fall vor Gericht kommt, müssen alle die Wahrheit sagen und dann is a Ruah.

ÖSTERREICH: Ist H. Ihrer Meinung nach Mittäter?
KOCH:
Es geht nicht um meine Meinung. Es gibt so viele dubiose Indizien, dass das geklärt werden muss. Vor Gericht müssen alle Zeugen die Wahrheit sagen – auch Natascha.

ÖSTERREICH: Und wenn Natascha den Prozess nicht will?

KOCH: Ein Vater muss Verantwortung übernehmen – auch wenn das eigene Kind das manchmal nicht einsieht. Ich mache das aus Liebe zu Natascha – damit endlich Ruhe ist.

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