Kurz bevor Russen am Sonntag auch in Österreich die Möglichkeit haben, sich in ihrer Botschaft an den Präsidentschaftswahlen zu beteiligen, haben Unbekannte am frühen Samstagabend eine gegenüber der diplomatischen Vertretung Russlands in Wien befindliche Nawalny-Gedenkstätte zerstört.
Ein russischer Aktivist erzählte der APA von etwa zehn Männern, die alles eingepackt und wegtransportiert hätten. Nawalny-Anhänger brachten am Sonntagvormittag zum Ort erneut Blumen und Plakate.
Noch am Samstagnachmittag hatten Anhänger von Alexej Nawalny bis etwa 16 Uhr die improvisierte Gedenkstätte in der Wiener Reisnerstraße in Ordnung gebracht, frische Blumen hinterlegt sowie Kerzen angezündet. Seit dem 16. Februar waren auf einem Bauzaun zudem zahlreiche Plakate und Fotos gehangen, in denen an Russlands führenden Oppositionspolitiker erinnert und im Zusammenhang mit seinem Tod Kritik am russischen Präsidenten Wladimir Putin geübt worden war. Zwei der auffälligsten Plakate mit expressiven Slogans gegen Putin waren freilich bereits in den letzten Wochen verschwunden.
Zehn Männer packten alles ein
Die Militärpolizisten vor Ort, die routinemäßig die russische Botschaft bewachten, wollten am Samstagabend gegenüber der APA keine Auskunft zur Entfernung der Gedenkstätte geben. "Die vorangegangene Schicht hat ihnen erzählt, dass etwa zehn Männer ohne Erkennungszeichen gekommen sind, alles eingepackt und (in einem Fahrzeug, Anm.) wegtransportiert hätten", sagte der APA ein Vertreter der Initiative "Russians against war", die Sonntagmittag unweit der Botschaft gegen Putin demonstrieren will. Es sei auch die Rede davon gewesen, dass es Ukrainer gewesen wären, erläuterte der Aktivist, der aus Sicherheitsgründen namentlich nicht genannt werden wollte. Er betonte, keinesfalls an eine derartige Spur zu glauben. In der ukrainischen Community schließt man das aus: "Ich bin mir sicher, dass Ukrainer das nicht machen würden", sagte der APA am Samstagabend der führende Aktivist Andrij Karioti vom Verein "Mrija".
In der russischen Botschaft selbst wollte man am Sonntagvormittag die Frage, ob man in die Zerstörung involviert gewesen sei, nicht beantworten. "Ich werde das nicht einmal kommentieren", schrieb der APA ein Sprecher der diplomatischen Vertretung. In der Botschaft selbst kann am Sonntag zwischen 8 und 20 Uhr gewählt werden.
Während in Russland improvisierte Gedenkorte für den Oppositionspolitiker zumeist nach kurzer Zeit entfernt wurden, war in den vergangenen Wochen in der EU nur ein einziger diesbezüglicher Fall bekannt geworden: Am 1. März hatte ein mutmaßlicher Wachmann des russischen Konsulats in Hamburg versucht, eine Nawalny-Gedenkstätte in der dortigen Nachbarschaft wegzuräumen und hatte laut Medienberichten eine Russin, die an darin hindern wollte, auch tätlich angegriffen.
Kritik an der Entfernung der Gedenkstätte kam von einem Anrainer, der in den späten Abendstunden mit seinem Hund an der russischen Botschaft vorbeispazierte: "Ich finde es besonders beunruhigend, dass ein Denkmal für einen offensichtlich sehr geschätzten Menschen in einer Stunde, wo dieser Platz wenig beobachtet worden ist, weggeräumt worden ist", sagte er der APA. Die Gedenkstätte sei sehr liebevoll gepflegt worden, es seien immer wieder Blumen hinzugekommen und eine wichtige Botschaft sei hier verbreitet worden, erklärte der Anrainer.